Die Anforderungen die das FIDLEG an den Umgang mit Drittvergütungen stellt, wirken sich einerseits auf bestimmte Gruppen von Finanzinstrumenten, andererseits auf das Service Offering insgesamt aus:
Auswirkungen auf Finanzinstrumente
In der Praxis haben wir festgestellt, dass das Fondssparen, Vorsorgeprodukte und Strukturierte Produkte besonders betroffen sind:
Im Bereich des Fonds- und Wertschriftensparens (2. und 3. Säule) bilden Retrozessionen oft das wesentliche Ertragselement. Denn häufig wird den Kunden eine „unentgeltliche“ (transaktionsbezogene) Beratung angeboten und/oder es werden keine Depotführungsgebühren erhoben. Die zusätzliche Transparenz und das Erfordernis eines expliziten Verzichts auf Drittvergütungen beim beratungsfreien und beim beratenen „Vertrieb“ von Vorsorgeprodukten kann dazu führen, dass die Kunden die gängigen Entschädigungsmodelle hinterfragen.
„Tailor-made“ Strukturierte Produkte werden von der Bank in der Regel bei Drittanbietern/Produzenten in Auftrag gegeben. Letztere gewähren der Bank einen Abschlag auf den Ausgabepreis des Strukturierten Produkts. Bei diesem „Abschlag“ handelt es sich fast immer um eine vom FIDLEG erfasste Drittvergütung. Bei fehlendem Kundenverzicht wäre als Alternative bspw. das Erheben einer „Vermittlungsgebühr“ oder die Ausgestaltung als „Courtage“ denkbar. Beide Varianten vermögen aber z.B. bei „Flat-fee“-Mandaten die entgangenen Erträge nicht zu kompensieren, was wiederum Auswirkungen auf das Pricing besagter „Flat-fee“-Mandate haben kann.
Auswirkungen auf das Service Offering
Heute ist es immer noch üblich, dass Banken bei einzelnen Finanzdienstleistungsprodukten Drittvergütungen wie Retrozessionen u.dgl. annehmen und behalten. Dies ist namentlich im Execution-only-Geschäft der Fall, kommt aber auch im Beratungsgeschäft noch vor. Nimmt die Bereitschaft der Kunden, auf Drittvergütungen zu verzichten, immer mehr ab, ergeben sich vor allem zwei grundlegende Probleme:
Im Execution-only-Geschäft wird typischerweise durch eine Kombination von Depotgebühren, Courtagen und (nicht immer transparent ausgewiesenen) Drittvergütungen Geld verdient. Müssen die Drittvergütungen mittel- bis langfristig an die Kunden weitervergütet werden, hat dies potenziell bedeutende Ertragseinbussen zur Folge.
Die Anlageberatung wurde in der Schweiz historisch gesehen zu „günstig“ oder für den Kunden vermeintlich sogar „gratis“ angeboten. Geld verdient wurde wie beim Execution-only-Geschäft durch eine Kombination von Depotgebühren, Courtagen und Drittvergütungen. Viele Institute haben in der jüngeren Vergangenheit den Übergang zu einem standardisierten und entgeltlichen Beratungsangebot eingeleitet. Ein vollständiger Verzicht auf Drittvergütungen hat sich dabei aber noch nicht durchgesetzt. Fallen die Erträge aus Drittvergütungen weg, besteht die langfristige Herausforderung vorderhand darin, den Kunden den Zusatznutzen einer langfristig angelegten Anlageberatung aufzuzeigen bzw. deren höhere Kosten mit entsprechenden Renditen zu rechtfertigen und damit die Kannibalisierung durch das Execution-only-Geschäft zu verhindern.
Die Preise der verschiedenen Dienstleistungsprodukte innerhalb des Service Offerings eines Instituts bilden ein aufeinander abgestimmtes Preisgefüge: Bereits kleinere Preiserhöhungen bei einem einzelnen Produkt können sich schnell auf die Preise anderer Produkte auswirken, was eine grundlegende Überarbeitung der Preisgestaltung des gesamten Service Offerings erforderlich machen kann.