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Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) verpflichtet große Kapitalgesellschaften in der EU sowie kapitalmarktorientierte Unternehmen (einschließlich Unternehmen aus dem Drittland mit Wertpapieren auf einem EU-regulierten Markt), in wenigen Monaten die europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung - die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) - zu implementieren.  

Weltweit bereiten sich Unternehmen auf diese neuen Anforderungen vor und können ihre Umsetzungsprojekte nun auf Basis der finalen ESRS weiter vorantreiben.

Worum geht es?

Artikel 29b der durch die CSRD geänderte Bilanzrichtlinie ermächtigt die Europäische Kommission, Delegierte Verordnungen zu erlassen, in denen detaillierte Anforderungen an den Nachhaltigkeitsbericht festgelegt werden - die ESRS. Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) übergab im November 2022 der EU-Kommission den ersten Satz (Set 1) von ESRS im Entwurf. 

Wichtige EU-Gremien unterstützten den EFRAG-Entwurf weitgehend, äußerten jedoch Bedenken hinsichtlich der Interoperabilität mit internationalen Standards. Zudem wurde eine nicht ausreichende Klarheit grundlegender Konzepte bemängelt, beispielsweise hinsichtlich des Ansatzes der Wesentlichkeit und der Berichterstattung über die Wertschöpfungskette eines Unternehmens.

Zudem äußerten Unternehmen und Verbände Kritik hinsichtlich des Umfangs der ursprünglich geforderten Angaben. Auch eine KPMG-Analyse zeigt, dass die Mehrheit der Unternehmen noch große Hürden zu überwinden hat, um die neuen Berichterstattungspflichten erfüllen zu können.

Was sind die grundlegenden Veränderungen?

Die EU-Kommission hat am 31. Juli 2023 die finalen Delegierten Verordnungen veröffentlicht und darin den Bedenken der Stakeholder teilweise Rechnung getragen. Folgende Änderungen wurden gegenüber dem im November an die EU-Kommission übergebenen EFRAG-Entwurf vorgenommen: 

  Was hat sich verändert? Welche Auswirkungen hat das für Unternehmen?
Verpflichtende Angaben

Nur die Angaben des ESRS 2 Allgemeine Offenlegungen bleiben verpflichtend. Sämtliche themenspezifischen Angabepflichten sind abhängig davon, ob das Unternehmen auf der Grundlage des Konzepts der doppelten Wesentlichkeit entweder die jeweiligen Auswirkungen (impacts) oder die Risiken (risks) bzw. Chancen (opportunities) als wesentlich beurteilt hat.

Eine von der EFRAG vorgeschlagene Liste verpflichtender Angaben (Angaben, die keiner Wesentlichkeitsprüfung unterliegen) wurde von der EU-Kommission gestrichen. Diese Angaben unterliegen nun einer Wesentlichkeitsbeurteilung. Wenn Unternehmen jedoch zu dem Schluss kommen, dass Klimawandel (ESRS E1) nicht wesentlich ist, müssen sie diese Schlussfolgerung ausführlich erläutern.

Finanzunternehmen benötigen bestimmte Datenpunkte, um die Anforderungen anderer EU-Rechtsvorschriften zu erfüllen, zum Beispiel die Anforderungen der EU-Offenlegungsverordnung. Wenn Unternehmen zu dem Schluss kommen, dass solche Datenpunkte nicht wesentlich sind, müssen sie für jeden Datenpunkt eine ausdrückliche Erklärung abgeben.

Ob sich der Berichtsumfang für die Unternehmen deutlich reduzieren wird, ist im Einzelfall zu beurteilen.  Die Wesentlichkeitsanalyse zur Bestimmung des Berichtsumfangs wird noch einmal deutlich an Bedeutung gewinnen.
Erleichterungen in den ersten Jahren der Berichterstattung (Phase-in)

Es gibt einige zusätzliche Erleichterungen für alle Unternehmen in Bezug auf einzelne Angaben, auf die im ersten Berichtsjahr verzichtet werden kann, beispielsweise die Angaben zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen im Zusammenhang mit umweltbezogenen Risiken.

Darüber hinaus gibt es für die ersten ein bzw. zwei Berichtsjahre weitere Erleichterungen für Unternehmen mit weniger als 750 Mitarbeitenden, zum Beispiel in Bezug auf die in ESRS E4 (Biodiversität) sowie in S2 bis S4 (Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette, Betroffene Gemeinschaften, Verbraucher und Endnutzer) geforderten Angaben.

Obwohl die Gesamtzahl der Angabepflichten nicht wesentlich verringert wird, wird diese Erleichterung den Unternehmen in den ersten Berichtsjahren helfen, sich vorzubereiten, da ihnen je nach Größe mehr Zeit zur Verfügung gestellt wird.
Vermehrt freiwillige Angaben Einige Datenpunkte wurden in dem von der EFRAG erstellten Entwurf als freiwillig gekennzeichnet. Die EU-Kommission hat nun weitere Angaben als freiwillig eingestuft, beispielsweise die Übergangspläne im Bereich Biodiversität sowie bestimmte Parameter zu nicht-angestellten Beschäftigten in der eigenen Belegschaft des Unternehmens. Die höhere Anzahl an freiwilligen Angaben wird einige Erleichterungen für die Unternehmen mit sich bringen.
Interoperabilität und Anpassung an andere Rahmenwerke Die CSRD verlangt von der Europäischen Kommission und der EFRAG, dass sie „so weit wie möglich die Arbeit globaler Standardsetzungsinitiativen berücksichtigen“. Beide haben mit dem International Sustainability Standards Board (ISSB) und der Global Reporting Initiative (GRI) zusammengearbeitet, um die Interoperabilität zu verbessern.  Einer der Hauptkritikpunkte, der von vielen Teilnehmenden der jüngsten Konsultation der Europäischen Kommission geäußert wurde, sind die unterschiedlichen Definitionen der finanziellen Wesentlichkeit und anderer Schlüsseldefinitionen zwischen den ESRS und den ISSB-Standards. Obwohl im endgültigen Text Verbesserungen vorgenommen wurden, werden Unternehmen, die die ESRS anwenden, nicht automatisch alle Anforderungen der ISSB-Standards erfüllen und müssen sorgfältig prüfen, ob es Lücken zwischen den beiden Rahmenwerken gibt.

Was passiert als nächstes?

Sofern das EU-Parlament und der Europäische Rat keine Einwände erheben, werden die neuen Standards für die ersten Unternehmen im Rahmen ihrer Berichterstattung über Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024 anzuwenden sein.

European Sustainability Reporting Standards Zeitstrahl

Mit der CSRD werden viele Unternehmen erstmalig verpflichtet sein, überhaupt einen Nachhaltigkeitsbericht aufzustellen. Aber auch auf diejenigen Unternehmen, die bereits eine nicht-finanzielle Erklärung abgeben oder einen freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen, kommen mit den ESRS nun mehr und detailliertere Anforderungen zu. Diese werden nicht zu unterschätzende Anpassungen im Berichterstattungsprozess nach sich ziehen.

Daher empfehlen wir,

  • sich schnellstmöglich mit den ESRS vertraut zu machen,
  • herauszufinden, was Sie berichten müssen, und
  • sich auf die Umsetzung der Standards vorzubereiten.

Einen Überblick über die 10 wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie in unserem ESRS Talkbook

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