VwGH: Verdeckte Ausschüttung oder Einlagenrückzahlung?

Tax News 03-05/2021

Tax News 03-05/2021

Kletterer

Zur strittigen Thematik (siehe Tax News 01-03/2019), ob eine verdeckte Ausschüttung nachträglich als Einlagenrückzahlung (ERZ) behandelt werden kann, nahm der VwGH nun erstmalig Stellung. Demnach hat die verdeckt ausschüttende Kapitalgesellschaft - bei einem ausreichenden Stand am Einlagenevidenzkonto - ein Wahlrecht, eine Vermögenszuwendung an den Anteilseigner statt als verdeckte Ausschüttung als ERZ zu werten. Dieses Wahlrecht muss allerdings spätestens bis zum Ende des betroffenen Geschäftsjahres gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Damit erteilte der VwGH der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des BFG, wonach die Qualifikation der verdeckten Ausschüttung als ERZ keiner fristgebundenen Mitteilung an das Finanzamt bedarf, eine Absage.

Sachverhalt:

2009 veräußerte die Mitbeteiligte (A GmbH) ihren 51 %igen Anteil an der E GmbH an die R GmbH zu einem Kaufpreis iHv EUR 473.181,80. Ein Teilbetrag iHv EUR 20.000,00 wurde der A GmbH zugerechnet und als Veräußerungserlös im Jahresabschluss erfasst, der Restbetrag iHv EUR 453.181,80 wurde dem Alleingesellschafter der A GmbH ausgezahlt.

Das Finanzamt rechnete den dem Alleingesellschafter der A GmbH ausbezahlten Anteil des Verkaufserlöses der A GmbH zu und stellte weiters eine vGA an den Alleingesellschafter in gleicher Höhe fest, da ihm ein Vorteil aus dem Gesellschaftsverhältnis zufloss. Die A GmbH wurde zur Haftung betreffend die nicht einbehaltene Kapitalertragsteuer (25 %) gezogen. Die Ansicht der A GmbH, wonach die vGA von
EUR 453.181,80 an den Alleingesellschafter als ERZ zu behandeln sei, weil die Mitbeteiligte selbst keine Gewinne erwirtschaftet, teilte das Finanzamt nicht.

Die durch die Mitbeteiligte eingebrachte Beschwerde richtete sich nicht gegen die Gewinnerhöhung auf Ebene der A-GmbH, da diese als zutreffend angesehen wurde, jedoch gegen die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer, da keine vGA vorliege, sondern eine steuerneutrale ERZ. Diese wurde von der Finanzbehörde mangels eingebrachter KESt-Anmeldung bis zum Ablauf des entsprechenden Wirtschaftsjahres bzw entsprechender Abbildung des Sachverhaltes im Evidenzkonto, nicht anerkannt.

Das BFG erkannte (09. April 2019, RV/7104968/2017), dass der Beschwerde teilweise stattzugeben ist. Demnach setzt eine vGA keine positive Innenfinanzierung voraus, wohingegen die Klassifikation als ERZ jedenfalls einen entsprechenden positiven Stand der Einlagen bedarf. Der positive Stand der Einlagen bei der A GmbH belief sich im Zuwendungszeitpunkt auf EUR 68.643,73. Das BFG räumte, entgegen der Sichtweise der Finanzverwaltung, ein, dass eine Qualifikation einer vGA als ERZ zeitlich unbeschränkt möglich ist, jedoch nur in Höhe eines entsprechenden positiven Einlagenstandes. Demnach könne in vorliegendem Fall die vGA iHv EUR 68.643,73 in eine ERZ umgewandelt werden. Eine ordentliche Revision wurde durch das BFG zugelassen, da eine entsprechende Rechtsprechung des VwGH hinsichtlich der zeitlichen Befristung einer Qualifikation einer vGA als ERZ fehle.

VwGH-Erkenntnis vom 05.02.2021, Ro 2019/13/0027-4:

Der VwGH hält in seinem Erkenntnis (05. Februar 2021, Ro 2019/13/0027-4) fest, dass analog zur ständigen Rechtsprechung des VwGH iZm der Rückgängigmachung bzw Korrektur einer vGA, eine Qualifikation als ERZ auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft nur bis zum Bilanzstichtag des betroffenen Wirtschaftsjahres möglich ist.

Weiters wird auf den Entstehungszeitpunkt der Steuerschuld auf Ebene des Empfängers der Ausschüttung abgestellt. Mit Verweis auf § 4 Abs 2 lit a Z 2 und 3 BAO wird dargelegt, dass eine Qualifikation als ERZ spätestens vor Entstehung der Steuerschuld, zu erfolgen hat. Demnach hat das Wahlrecht idR bis zum Ablauf des Kalenderjahres zu erfolgen. Das ist der Endzeitpunkt für die Vorlage einer KESt-Erklärung.

Das Evidenzkonto der A GmbH wies zwar ein positiver Stand der Einlagen aus, jedoch konnte aufgrund der mangelnden Erklärung der ERZ gegenüber dem Finanzamt bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres die Qualifikation der verdeckten Zuwendung als ERZ nicht anerkannt werden. Demnach war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Schlussfolgerung:

Das BFG war sowohl 2018 (28. Dezember 2018, RV/7105237/2015; Tax News 01-03/2019) als auch 2019 in oben dargelegter Sachlage der Auffassung, dass die Qualifikation einer verdeckten Zuwendung als vGA oder ERZ in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu erfolgen hat und daher auch nach Ende des betroffenen Wirtschaftsjahres erfolgen kann. Die bloße Nichteinhaltung von Formvorschriften (Nichtabgabe der KESt-Erklärung, keine Abbildung im Einlagenevidenzkonto) stünde dem nicht im Wege.

Der VwGH wies mit vorliegendem Erkenntnis die praxisfreundliche Argumentation des BFG leider zurück. Die Erklärung gegenüber der Finanzverwaltung, ob eine verdeckte Zuwendung als vGA oder ERZ zu behandeln ist, hat bis zum Ende des betroffenen Wirtschaftsjahres, jedoch spätestens mit Entstehung der Steuerschuld des Empfängers der Einkünfte, mittels entsprechenden Hinweises in der KESt-Erklärung zu erfolgen. Demnach soll eine unsachliche Differenzierung zu anderen zu veranlagenden Abgaben verhindert werden.

Da der VwGH auf das Entstehen der Steuerschuld abstellt, welche gem BAO bei der ESt und der KöSt idR mit Ablauf des Kalenderjahres erfolgt, ist davon auszugehen, dass die entsprechende KESt-Erklärung mit Hinweis auf die ERZ bis spätestens 31. Dezember an das Finanzamt übermittelt werden muss.

Durch das Abstellen auf das Ende des Wirtschaftsjahres auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft und das Ende des Kalenderjahres auf Ebene des Empfängers der Zuwendung können sich bei abweichendem Wirtschaftsjahr der ausschüttenden Gesellschaft uE im Einzelfall noch Detailfragen ergeben. Stellt eine Betriebsprüfung ein vGA fest, wird das Wahlrecht auf ERZ nach dieser Rechtsprechung in aller Regel aber bereits verwirkt sein.