Aktueller EU-Plan zur Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert

Tax News 03-05/2021

Tax News 03-05/2021

Kletterer

Die Europäische Kommission hat in einer aktuellen Mitteilung ihre umfassenden Pläne für einen soliden, effizienten und fairen Rahmen der Unternehmensbesteuerung dargelegt. Damit sollen einerseits die aktuellen Bemühungen von G20 und OECD unterstützt sowie die Einführung einer einheitlichen EU Digitalsteuer auf den Weg gebracht werden. Andererseits plant die EU weitere Maßnahmen („Action Points“), die überwiegend innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre umgesetzt werden sollen.

Am 18. Juni 2021 hat die Europäische Kommission eine Mitteilung zur Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert („Business Taxation for the 21st Century”) veröffentlicht. Damit soll zum einen gewährleistet werden, dass die öffentlichen Haushalte - nicht zuletzt auch im Eindruck der COVID-19 Pandemie - angemessen finanziert werden. Zum anderen soll aber vor allem auch ein gerechtes und stabiles Unternehmensumfeld geschaffen werden, um Arbeitsplätze zu erhalten, nachhaltiges Wachstum zu fördern sowie den grünen und digitalen Wandel voranzubringen.

Konkret wird die EU die Bemühungen von G20 und OECD bei der Bekämpfung von Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen (“Base Erosion and Profit Shifting“, kurz „BEPS“) unterstützen. Mit diesem „BEPS 2.0“-Projekt soll es zu einer teilweisen Umverteilung internationaler Besteuerungsrechte („Pillar One“) bzw zu einem globalen Mindestbesteuerungsregime („Pillar Two“) kommen (siehe dazu bereits unsere Tax News vom 14. Dezember 2020 ). Im Binnenmarkt sollen diese Vorhaben durch entsprechende Richtlinienvorgaben vereinheitlicht werden.

Zusätzlich zu „Pillar One“ und „Pillar Two“ soll eine einheitliche EU Digitalsteuer implementiert werden. Diese soll die bisherigen Konzepte aus dem Jahr 2018 ersetzen. Damit wären das Konzept einer „Digital Service Tax“ und die Idee zur Einführung einer digitalen Betriebsstätte („Significant Digital Presence“) obsolet.

Außerdem kündigt die Kommission fünf eigene Action Points an, welche überwiegend innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre zur Umsetzung gelangen sollen.

Action 1: Veröffentlichung effektiver Steuerquoten (bis 2022)

Große Unternehmen sollen künftig effektive Steuerquoten veröffentlichen. Damit wird eine weitere Reportingverpflichtung geschaffen und die Transparenz erhöht. Die Berechnung der effektiven Steuerquote soll der in „Pillar Two“ vorgeschlagenen Methodik folgen.

Action 2: Bekämpfung von Briefkastengesellschaften (bis Ende 2021)

Im zweiten Aktionspunkt will die EU gegen aggressive Steuerplanungsstrategien vorgehen, die mithilfe substanzloser bzw substanzschwacher Gesellschaften verfolgt werden. Derartige („Briefkasten“-)Gesellschaften lassen vielfach eine angemessene Ausstattung an Betriebsräumlichkeiten bzw Arbeitskräften sowie eine hinreichende betriebliche Tätigkeit vermissen. Dementsprechend zielt der Vorschlag auf die Offenlegung von substanzbezogenen Informationen gegenüber den Steuerbehörden ab, um derartige Konstruktionen künftig zielgenauer erfassen zu können.

Action 3: Empfehlung zur innerstaatlichen Verlustverwertung

Weiters sollen Empfehlungen zur Verlustverwertung nach dem innerstaatlichen Steuerrecht der Mitgliedstaaten erarbeitet werden. Die Kommission hat damit insbesondere auch die Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie im Visier. Als konkretes Beispiel wird die Einführung eines - zumindest zeitlich beschränkten - Verlustrücktrages angeführt, wie dies etwa in Österreich bereits umgesetzt wurde. Langfristig soll allenfalls auch einheitliche Regeln zur grenzüberschreitenden Verlustverwertung erarbeitet werden.

Action 4: Steuerliche Attraktivierung der Eigenfinanzierung (bis Anfang 2022)

Fremdfinanzierungen sind insoweit steuerlich begünstigt, als Zinsen und andere Finanzierungskosten grundsätzlich abzugsfähig sind. Dementsprechend erscheinen Fremdfinanzierungen steuerlich häufig attraktiver als die Finanzierung durch Eigenmittel. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, schlägt die Kommission einen steuerlichen Freibetrag für eigenfinanzierte Investitionen vor, um damit Anreize für die Eigenfinanzierung zu schaffen („Debt Equity Bias Reduction Allowance“, kurz „DEBRA“).

Action 5: BEFIT – neues einheitliches Körperschaftsteuersystem (vermutlich bis 2023)

Auf EU-Ebene wurde schon lange versucht, ein einheitliches Körperschaftsteuersystem mit konsolidierter Bemessungsgrundlage („CCCTB“) zu implementieren. Da dieses Unterfangen nach mehreren erfolglosen Versuchen wohl als gescheitert bezeichnet werden muss, dürfte nun ein Relaunch unter neuem Titel versucht werden. Inhaltlich zielt BEFIT („Business in Europe: Framework for Income Taxation“) freilich ebenfalls auf eine einheitliche Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage ab. Diese soll in weiterer Folge anhand einer Formel verteilt und den Mitgliedstaaten zur Besteuerung zugewiesen werden („formulary apportionment“). BEFIT soll insofern auf den Arbeiten der OECD (Inclusive Framework) zu Pillar 1 und den darin enthaltenen Überlegungen zu einer teilweisen globalen formelhaften Gewinnverteilung aufbauen um eine konsistente Anwendung dieser Regelungen auf EU-Ebene sicherzustellen. In diesem Kontext bleibt mit Spannung abzuwarten wie das Zusammenspiel zwischen Pillar 1 (OECD) und EU-Regelungen konkret aussehen wird. Dem Anschein nach plant die EU – im Gegensatz zu den Überlegungen auf OECD-Ebene – eine generelle formelhafte Gewinnverteilung zwischen EU-Konzerngesellschaften (dh als Ersatz bestehender Verrechnungspreisregelungen), während die OECD lediglich in Teilbereichen eine formelhafte Gewinnverteilung anstrebt (dh zusätzlich zu bestehenden Verrechnungspreisregelungen). Langfristig könnte ein solches System für die betroffenen Unternehmen auch den Weg zu einer einheitlichen EU-Körperschaftsteuererklärung ebnen.

Ausblick

Die Pläne der Europäischen Kommission zur Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert sind politisch als Schritt in die Richtung einer fairen und effektiven Besteuerung gedacht. Aus Sicht der Unternehmenspraxis muss freilich damit gerechnet werden, dass damit weitere Offenlegungs- und Reportingverpflichtungen sowie zusätzliche Compliance-Anforderungen geschaffen werden. Dies ist umso bemerkenswerter als die überwiegende Zahl der anvisierten Action Points plangemäß recht kurzfristig umgesetzt werden soll. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass sich auch die Steuerfunktion in Konzernen dynamisch weiterentwickeln wird.