BFG: Keine Gewinnrealisierung vor dem Gewinnausschüttungsbeschluss

Tax News 05-06/2022

Bilanz- und Konzernsteuerrecht

Kletterer

Gewinnausschüttungen, die zum Stichtag noch nicht beschlossen sind bzw nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht bereits feststehen, sind dem Ergebnis der Muttergesellschaft nicht hinzuzurechnen. Ob die Ausschüttung eines bestimmten Gewinnanteiles zum Bilanzstichtag bereits feststeht, ist anhand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien zu beurteilen. Ein Gewinn aus der Liquidation einer Tochtergesellschaft wird grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Liquidationsbeendigung, dh mit der Löschung der Körperschaft im Firmenbuch, realisiert.

1. Sachverhalt

Die beschwerdeführende Gesellschaft war im Streitzeitraum 2014 zu 99 % an einer Gesellschaft beteiligt, deren Auflösung zum 01.12.2013 beschlossen wurde. Mit der Liquidation wurde jedoch erst 2014 begonnen. Am 27.07.2016 wurde schließlich die Aufhebung der Liquidation der Tochtergesellschaft sowie deren Fortsetzung beschlossen.

In der Steuererklärung 2014 erklärte die Bf einen Verlust iHv EUR 2.478,13 und wies Erträge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften iHv EUR 356.400 aus, für die sie die Beteiligungsertragsbefreiung gem § 10 Abs 1 Z 1 KStG beanspruchte. Beschlossen wurde diese Ausschüttung mit Umlaufbeschluss der Tochtergesellschaft vom 02.02.2015, nachdem im Umlaufbeschluss vom 29.09.2014 zunächst festgehalten wurde, dass der am 31.12.2013 ausgewiesene Bilanzgewinn auf neue Rechnung vorgetragen werden soll. Verbucht wurde die Gewinnausschüttung erst im Spätsommer 2015.

Das FA verweigerte die Steuerfreiheit der Beteiligungserträge und rechnete dem Gewinn zusätzlich einen Betrag von EUR 24.254,33 für die Übertragung eines Bankkontos mit positivem Saldo von der Tochter- an die Muttergesellschaft hinzu. Die Verweigerung der Begünstigung begründete das FA damit, dass sich die Tochtergesellschaft im Zeitpunkt der Ausschüttung in Abwicklung befand und während des Abwicklungszeitraumes bezogene Gewinnausschüttungen nur dann gem § 10 Abs 1 KStG befreit sein können, wenn sie sich auf Geschäftsjahre vor der Liquidation beziehen. Die ausgeschütteten Beträge seien daher als Akontierung auf die Liquidationsmasse anzusehen. Die Erfassung der Bankkontoübertragung wurde vom FA ebenfalls als Liquidationserlös gewertet und dementsprechend der Besteuerung unterzogen.

Die Bf beantragte die Abänderung des KSt-Bescheides 2014 auf den in ihrer Erklärung abgegebenen Verlust iHv EUR 2.478,13. Gegen die steuerliche Erfassung als Liquidationserlös wurde insb vorgebracht, dass die Liquidation erst 2014 begonnen wurde und es 2016 wirtschaftliche Gründe gab, die Liquidation abzubrechen.

2. BFG

Das BFG kam zum Ergebnis, dass die Bf die Gewinnausschüttung im Jahr 2014 noch nicht realisiert hatte: Zum Stichtag 31.12.2014 stand noch nicht fest, dass es zu einer Gewinnausschüttung kommen wird, da diese erst am 02.02.2015 beschlossen wurde. Vor dem Zustandekommen eines Beschlusses kann es bei der Muttergesellschaft nur dann zu einer Realisation kommen, wenn zum Bilanzstichtag die Ausschüttung eines bestimmten Gewinnanteiles durch die Tochtergesellschaft bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung bereits feststeht. Dies muss anhand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien festgestellt werden können. Im vorliegenden Fall war 2014 mangels Rechtsanspruches der Bf auf die Ausschüttung kein Beteiligungsertrag zu erfassen und folglich die Anwendbarkeit der Beteiligungsbefreiung nicht weiter zu prüfen. Auch die Problematik der (abgebrochenen) Liquidation war nicht mehr entscheidungsrelevant, weshalb eine weitere detaillierte Diskussion dieses Rechtsproblems entfiel.

Das BFG führte jedoch aus, dass die Gewinnausschüttung 2014 keinen Liquidationserlös darstellen könne, da der Gewinn aus der Liquidierung grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Liquidationsbeendigung realisiert wird, weil die Muttergesellschaft zum 31.12.2014 noch keinen Anspruch auf einen (teilweisen) Liquidationsüberschuss der Tochtergesellschaft hatte.

Zur Übertragung des Bankkontos folgte das BFG der Argumentation der Bf und erkannte darin keine Vermögensvermehrung, da Einigkeit darüber bestand, dass eine Forderung der Tochtergesellschaft begründet wurde, zu deren Ausgleich die Bf verpflichtet war; es bestand kein Zweifel an der Rückzahlungsabsicht. Nur wenn eine Rückzahlung von vorneherein nicht gewollt oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten sei, wäre von der Zuwendung eines Vorteils und in Folge von einer Gewinnrealisation auszugehen.

Das BFG bestätigte daher das von der Bf erklärte Ergebnis, der bekämpfte Bescheid war entsprechend abzuändern; eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

3. Ergebnis

Die Aktivierung einer Forderung des Gesellschafters auf die Gewinnausschüttung setzt einen Gewinnausschüttungsbeschluss voraus, sofern nicht bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung anhand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien davon auszugehen ist, dass die Ausschüttung bereits feststeht. Der Gewinn aus der Liquidation einer Tochtergesellschaft, der sich als Differenz zwischen dem untergehenden Beteiligungsbuchwert und dem Liquidationserlös ergibt, wird grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Liquidationsbeendigung, dh mit der Löschung der Körperschaft im Firmenbuch, realisiert und ist in diesem Zeitraum zu versteuern.

Diesen Feststellungen des BFG folgend, sollte die am 02.02.2015 beschlossene Gewinnausschüttung 2015 der Beteiligungsertragsbefreiung unterliegen, da die Liquidation der Tochtergesellschaft aufgrund des Fortsetzungsbeschlusses formell nicht beendet wurde.

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