Grenzüberschreitendes Homeoffice: Ertrag- und lohnsteuerliche Stolperfallen

Tax News 06-07/2021

Tax News 06-07/2021

Kletterer

Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit von Homeoffice-Tätigkeiten werden – nicht zuletzt aufgrund der Praxiserfahrungen im Rahmen der Corona-Krise immer mehr zu einem der Hauptkriterien der Arbeitgeber-Attraktivität für Mitarbeiter. So sehen sich zahlreiche Unternehmen mit Wünschen ihrer Dienstnehmer konfrontiert, das Homeoffice auch nach Ende der Corona-Krise (zumindest zum Teil) beibehalten zu können.

Wenn auch der Arbeitsort aufgrund der technologischen Möglichkeiten oftmals keinen Einfluss auf die inhaltliche Qualität der Leistung hat, können Homeoffice-Lösungen in grenzüberschreitenden Konstellationen durchaus gravierende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Viele Unternehmen stehen derzeit vor der Frage, ob eine dauerhafte Umstellung auf Homeoffice in Bezug auf das Abgabenrecht problemlos möglich ist.

Liegt das Homeoffice in einem anderen Staat (=Ansässigkeitsstaat des Dienstnehmers) als dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers, sieht sich das Arbeitgeberunternehmen mit erheblichen abgaben- und beitragsrechtlichen Konsequenzen konfrontiert.

1. Lohn- /Einkommensteuer

Bei Anwendung eines dem OECD-MA entsprechenden DBA liegt das Besteuerungsrecht bei Homeoffice-Tätigkeiten in einem von Österreich unterschiedlichen Ansässigkeitsstaat des Dienstnehmers

  • für sämtliche Einkünfte, die auf Tätigkeiten im Arbeitgeberstaat Österreich entfallen, bei Österreich.
  • für sämtliche Einkünfte, die auf Tätigkeiten im Homeoffice-Staat (und anderen Staaten) entfallen, beim Homeoffice-Staat.

Im Homeoffice-Staat wird die Doppelbesteuerung – je nach DBA – durch Befreiung der österreichischen Bezüge des Dienstnehmers oder durch Anrechnung der österreichischen auf die ausländische Steuer erreicht. Regelmäßig ist daher eine Steuererklärung des Dienstnehmers im Homeoffice-Staat erforderlich).

Ob zusätzlich auch noch Lohnsteuerabzugspflichten für den Dienstgeber im Homeoffice-Staat entstehen, ist nach dessen nationalem Recht zu prüfen, ist jedoch durchaus nicht selten der Fall.

Im Rahmen der österreichischen Lohnverrechnung kann unter gewissen Voraussetzungen eine Freistellung der nicht auf die Tätigkeit in Österreich entfallenden Bezüge erfolgen.

2. Sozialversicherungsrecht und Lohnnebenkosten

Innerhalb der EU/EWR/Schweiz kommt – bei gleichzeitiger bzw regelmäßig abwechselnder Tätigkeit eines Dienstnehmers für einen Arbeitgeber in mehreren Mitgliedstaaten – das Recht des Arbeitgeberstaates zur Anwendung (VO 883/2004). (Nur) wenn der Dienstnehmer einen wesentlichen Teil der Tätigkeit (mind 25 %) im Homeoffice-Staat ausübt, ist das Sozialversicherungsrecht des Homeoffice-Staates anwendbar. Diesfalls sind nach ausländischen Sozialversicherungsrecht Beiträge abzuführen und entsprechende Registrierungen im Homeoffice Staat erforderlich.

Auch auf die verschiedenen Lohnnebenkostenpflichten (DB, DZ, KommSt, MVK-Beiträge) kann die grenzüberschreitende Homeoffice-Tätigkeit – im Einzelfall zu beurteilende – Auswirkungen haben.

3. Homeoffice als Betriebsstätte

Besteuerungsfolgen in mehreren Staaten können sich aufgrund des Home-Office aber auch für den Dienstgebers selbst ergeben: Durch grenzüberschreitende Homeoffice-Tätigkeit kann für den Dienstgeber eine Betriebsstätte im Homeoffice Staat begründet werden. In diesem Fall wird auch das österreichische Arbeitgeberunternehmen selbst dort steuerpflichtig.

Das Unternehmen wäre dann verpflichtet, sich im Homeoffice Staat steuerlich zu registrieren, was weitere Compliance Kosten bedeutet. Der Betriebsstätte muss – nach anerkannten Verrechnungspreismethoden – ein Gewinn zugeordnet werden, der im Homeoffice Staat besteuert wird (und im Herkunftsstaat des Unternehmens von der Steuer zu befreien ist).

Nach Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung kann ein Homeoffice beispielsweise dann eine Betriebsstätte begründen, wenn

  • der Arbeitgeber die Kosten für das Homeoffice trägt,
  • der Arbeitnehmer die Kosten für das Homeoffice steuerlich absetzen möchte,
  • der Arbeitgeber keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt,
  • mehr als 25 % der Tätigkeit (nicht bloß vorbereitende oder Hilfstätigkeiten) im Homeoffice ausgeübt werden (Sofern Tätigkeiten für andere (Konzern-)Unternehmen erbracht werden, können sogar „vorbereitende oder Hilfstätigkeiten“ schädlich sein.)
  • die Wohnung als offizielle Firmenadresse dient (und dies zB auch durch Visitenkarten, Telefonnummern und Türschilder untermauert wird).
  • Kunden, Geschäftspartner, etc im Homeoffice empfangen werden.

Eine Prüfung durch einen Steuerberater im Homeoffice Staat ist jedenfalls vorzunehmen.

4. Ergebnis

Grenzüberschreitende Homeoffice-Tätigkeiten können erhebliche abgaben- und beitragsrechtliche Folgen auslösen. Es ist daher von großer Bedeutung, sich dieser Konsequenzen bewusst zu werden, bevor den Arbeitnehmern Möglichkeiten zu grenzüberschreitenden Homeoffices angeboten werden.

So unterliegen nicht nur die Einkünfte des Arbeitnehmers aus dem Dienstverhältnis (teilweise) der Besteuerung im Homeoffice Staat, auch das Unternehmen könnte bei Begründung einer Betriebsstätte einen Teil des Gewinnes im Homeoffice-Staat versteuern müssen. Zusätzlich können Lohnsteuerabzugspflichten und sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen für das Arbeitgeberunternehmen im Ausland entstehen.

Gerne stehen wir Ihnen bei der Erarbeitung möglicher Homeoffice-Lösungen und Minimierung damit verbundener möglicher steuerlicher Risiken zur Verfügung.