• 1000

Die globale Automobilindustrie befindet sich seit einigen Jahren in einer Phase grundlegender Veränderungen: Vertriebskanäle wandeln sich, die Digitalisierung führt zu neuen Produkten und Prozessen, klimafreundliche Antriebe halten Einzug. In den vergangenen Monaten kamen weitere Herausforderungen hinzu: gestörte Lieferketten, hohe Energiepreise, galoppierende Inflation und steigende Zinsen.

Dies schlägt sich auch in unserem 23. KPMG Global Automotive Executive Survey nieder, für den wir weltweit mehr als 900 Vorstände und Geschäftsführende bedeutender Unternehmen der Branche befragt haben. 76 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ihr Geschäft im Jahr 2023 nachteilig beeinflussen werden.

Nun liegt die europäische Auskopplung der Befragung  vor. Darin beleuchten wir, wie die Führungskräfte aus Europa auf die Branche schauen. Einen großen Schwerpunkt legen die kontinentalen Autobauer darauf, mehr Elektrofahrzeuge zu produzieren und die Ladeinfrastruktur entsprechend auszubauen. 

Unsere Umfrage zeigt, dass ein großer Teil der europäischen Autobauer sehr zuversichtlich ist, dass E-Autos auch ohne staatliche Subventionen von Verbraucherinnen und Verbrauchern gekauft werden. Die Zuversicht in diesem Punkt hat deutlich zugenommen. Vor einem Jahr glaubten 65 Prozent der Befragten, dass E-Autos auch ohne Subventionen ihren Absatzmarkt finden. Dieses Jahr sind es bereits 77 Prozent. 

Ladeinfrastruktur bereitet Sorgen

Während in der Branche der Glaube an die Elektromobilität groß ist, bereitet europäischen Autobauern vor allem die Ladeinfrastruktur auf dem Kontinent Sorgenfalten. Denn der Zustand der öffentlich zugänglichen Ladestellen gilt als unzureichend und ungleichmäßig verteilt, was die Reichweitenangst der Verbraucher:innen zusätzlich verstärkt. 

65 Prozent der europäischen Führungskräfte gehen davon aus, dass E-Auto-Nutzende auf Reisen Ladezeiten von unter 30 Minuten erwarten. Dennoch: 2021 ist die öffentlich zugängliche Schnellladeinfrastruktur in Europa kaum gewachsen. Die Branche ist sich nicht einig darüber, wer diese öffentlichen Ladestationen besitzen und betreiben wird. Die von uns Befragten glauben daher, dass Energieanbieter und Autohersteller sich hier um die Vorherrschaft streiten könnten. 

Neue Marktteilnehmer gewinnen an Einfluss

Der tiefgreifende Wandel der Autoindustrie führt auch dazu, dass neue Marktteilnehmer Marktanteile ausbauen. Neun von zehn Branchenvertreter:innen erwarten, dass Start-ups einen starken Einfluss auf die Autoindustrie haben werden. Außerdem sind viele der Befragten überzeugt, dass der Technologiekonzern Apple eine bedeutende Rolle im Bereich Elektrofahrzeuge bis 2030 einnehmen wird. 

Zudem wird sich durch die Digitalisierung das Verhältnis zwischen Automobilherstellern und ihren Kund:innen sowie Zulieferern grundlegend verändern. Zwei Drittel der Expert:innen aus Europa gehen davon aus, dass 2030 die meisten Autokäufe online abgeschlossen werden. 

Wachstumsmarkt Versicherungen und Abos mit Potenzial

Großes Wachstumspotenzial besitzt nach Meinung der Expert:innen der Versicherungsmarkt. 90 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass sich die Hersteller erfolgreich in diesem Markt betätigen werden, sei es im Rahmen einer Partnerschaft mit einem Versicherer oder durch den Verkauf von Fahrer- oder Fahrzeugdaten an ein Versicherungsunternehmen. 

Als mögliche zusätzliche Einnahmequelle werden Abomodelle für Softwareleistungen oder andere After-Sales-Angebote betrachtet: 49 Prozent sind sehr zuversichtlich, dass Kund:innen bereit sein werden, hierfür monatliche Abogebühren zu bezahlen. Weltweit werden solche Modelle etwas optimistischer betrachtet, denn hier glauben 62 Prozent, dass diese eine neue Einnahmequelle sein können. 

Der KPMG Global Automotive Executive Survey 2022 ist die 23. Ausgabe unserer jährlich erstellten Studie. Dafür wurden im Oktober 2022 insgesamt 915 Top-Führungskräfte aus der Automobilindustrie und angrenzenden Branchen befragt. In der Europa-Auskopplung der englischsprachigen Studie lesen Sie, wie die Branche die Zukunft der alternativen Antriebe einschätzt und auf welche neuen Technologien, Marktteilnehmer und Kundenbedürfnisse sich die Unternehmen vorbereiten.