VwGH zum WiEReG-Zwangsstrafenverfahren: Bescheidzustellung erst mit Einlagen beim Steuerberater wirksam

Tax News 10/2023

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Bei bisher erfolgter Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer (WE) eines Rechtsträgers durch dessen steuerlichen Vertreter ist die Zustellung von Bescheiden im WiEReG-Zwangsstrafenverfahren erst mit der Zustellung an den ausgewiesenen steuerlichen Vertreter wirksam. Elektronisch unmittelbar in das Postfach des meldepflichtigen Rechtsträgers zugestellte Bescheide bewirken keine wirksame Zustellung (VwGH 28.06.2023, Ro 2023/13/0011).

1. Sachverhalt: Zustellung Zwangsstrafen in die Databox des meldepflichtigen Rechtsträgers

Der meldepflichtige Rechtsträger ist eine österreichische GmbH. Deren steuerlicher Vertreter war bereits im Jahr 2011 dem zuständigen Finanzamt als Zustellbevollmächtigter namhaft gemacht worden. Sämtliche Zustellungen im Abgabenverfahren erfolgten elektronisch an den ausgewiesenen steuerlichen Vertreter via FinanzOnline.

Im Jahr 2018 wurde die erste Meldung der WE durch den steuerlichen Vertreter als berufsmäßiger Parteienvertreter iSd WiEReG erstattet; im Jahr 2021 wurde die ab diesem Zeitpunkt verpflichtende jährliche Folgemeldung ebenso durch diesen Steuerberater eingebracht.

Nachdem die jährliche WE-Meldung im Jahr 2022 nicht fristgerecht erstattet worden war, wurde dem meldepflichtigen Rechtsträger (GmbH), für welchen im Abgabenverfahren das Finanzamt für Großbetriebe (FAG) zuständig war/ist, eine neue, zusätzliche Steuernummer durch das Finanzamt Österreich (FAÖ) für Zwecke des WiEReG-Zwangsstrafenverfahrens zugewiesen. Die Zustellungen im WiEReG-Zwangsstrafverfahren 2022 seitens des hierfür eigenzuständigen FAÖ verliefen wie folgt:
  • 04.05.2022: Erinnerung zur Abgabe der jährlichen WE-Meldung samt Androhung der ersten Zwangsstrafe – in die elektronische Databox der GmbH zu deren „alter“ Steuernummer des FAG
  • 18.07.2022: Bescheid über die Verhängung der ersten Zwangsstrafe samt Androhung einer weite-ren Zwangsstrafe bei fortgesetzter Säumnis mit der WE-Meldung – in die elektronische Databox der GmbH zu deren „neuer“ Steuernummer des FAÖ
  • 09.09.2022: Bescheid über die Verhängung der zweiten Zwangsstrafe – in die elektronische Databox der GmbH zu deren „neuer“ Steuernummer des FAÖ

Da der meldepflichtige Rechtsträger (GmbH) seitens der Finanzverwaltung nicht über die Zuweisung der neuen FAÖ-Steuernummer informiert wurde, blieben die Bescheide in der Databox der GmbH lange Zeit „unentdeckt“. Erst am 05.10.2022 wurden diese Bescheide von der meldepflichtigen GmbH an deren steuerlichen Vertreter/WiEReG-Parteienvertreter übermittelt.

2. BFG 29.11.2022, RV/7103389/2022: Zwangsstrafen aufgehoben

Der meldepflichtige Rechtsträger erhob Beschwerde gegen die Zwangsstrafenbescheide vom 18.07.2022 und 09.09.2022. Nach Ansicht des BFG waren die Bescheide erst mit Einlagen beim Zustellbevollmächtigten (= ausgewiesenen steuerlichen Vertreter) am 05.10.2022 wirksam zugestellt. Die bereits zuvor vom berufsmäßigen Parteienvertreter am 19.09.2022 eingebrachte WE-Meldung wäre somit jedenfalls rechtzeitig erfolgt, sodass eine Säumnis mit der WE-Meldung und damit die Voraussetzungen für ein Zwangsstrafenverfahren nicht gegeben waren.

3. VwGH Ro 2023/13/0011 (nicht erfolgreiche Amtsrevision): Zustellung erst mit Einlangen der Bescheide beim Zustellungsbevollmächtigten wirksam

  • WE-Meldungen können durch den meldepflichtigen Rechtsträger selbst oder einen berufsmäßigen Parteienvertreter gemäß WiEReG vorgenommen werden.
  • Wurde in der Vergangenheit bereits eine WE-Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter abgegeben, ist darin ein Berufen auf eine Bevollmächtigung zu sehen. Eine solche Vollmacht umfasst im Zweifel auch die Zustellvollmacht.
  • Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Verfahren der WE-Meldung vor der Registerbehörde und dem Festsetzen von Zwangsstrafen bei Säumnis mit der WE-Meldungen vor dem FAÖ, sodass die Vertretungsbefugnis einheitlich zu beurteilen ist. Dass die Registerbehörde (BMF) nicht mit jener Behörde übereinstimmt, die für die Festsetzung von Zwangsstrafen zuständig ist (FAÖ), kann daran nichts ändern.
  • Ist daher ein steuerlicher Vertreter, der zugleich als Parteienvertreter iSd WiEReG auftritt, mit (Zu-stell-)Vollmacht ausgestattet, hat das FAÖ diesen als Empfänger zu bezeichnen. Somit gilt die Zustellung der Zwangsstrafenbescheide des FAÖ erst in dem Zeitpunkt als bewirkt, in dem diese dem steuerlichen Vertreter/WiEReG-Parteienvertreter wirksam zugegangen sind.
  • Im vorliegenden Fall hätten die Bescheide im Zwangsstrafenverfahren an den steuerlichen Vertreter und nicht an den meldepflichtigen Rechtsträger zugestellt werden müssen. Demgemäß waren mangels Säumnis mit der WE-Meldung 2022 auch keine Zwangsstrafen festzusetzen, da die ausständige WE-Meldung (19.09.2022) im Zeitpunkt der wirksamen Zustellung der Zwangsstrafenbe-scheide an den WiEReG-Parteienvertreter (05.10.2022) bereits erfolgt war.

4. WiEReG-Novelle 2023: Legistische Vereinfachung – StB als primärer Zustelladressat

Mit der WiEReG-Novelle BGBl I 2023/97 vom 20.07.2023 wurde § 16 WiEReG um einen Absatz 3 erweitert. Seit 01.08.2023 gilt für Zustellungen im Zwangsstrafenverfahren:

  • Die Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe ist grundsätzlich immer an den steuerlichen Zustellungsbevollmächtigten des Rechtsträgers zuzustellen. Dabei ist es unerheblich, ob der abgabepflichtige/meldepflichtige Rechtsträger in die Zuständigkeit des FAÖ oder des FAG fällt.
  • Der im Abgabenverfahren bekannt gegebene steuerliche Zustellungsbevollmächtigte gilt stets zur Empfangnahme der Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe ermächtigt, außer es wurde ein anderer Zustellungsbevollmächtigter eigens für Angelegenheiten dieser Bestimmung (also des Zwangsstrafenverfahrens) namhaft gemacht.
  • Nur dann, wenn KEIN Zustellungsbevollmächtigter vorhanden ist, dürfen die Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe unmittelbar an den Rechtsträger zugestellt werden.

5. Ergebnis: Prüfung korrekter Zustellung hilft FinStrG-Konsequenzen zu vermeiden

In Hinblick auf die Wirksamkeit von Zustellungen im WiEReG-Zwangsstrafen bestanden zuletzt divergierende Rechtsauffassungen. Mit der gegenständlichen Entscheidung hat der VwGH die bisherige Rechtsansicht der Finanzverwaltung (vor der WiEReG-Novelle) verworfen: Zwangsstrafenbescheide sind stets dem ausgewiesenen steuerlichen Vertreter/ WiEReG-Parteienvertreter zuzustellen.

Der Gesetzgeber hat daher die (bis zur gegenständlichen VwGH-Entscheidung bestandene) Rechtsunsicherheit zum Anlass genommen und die legistischen Unklarheiten zur Zustellfrage im Rahmen der WiEReG-Novelle 2023 beseitigt: Zentraler Anknüpfungspunkt für die Zustellung im WiEReG-Zwangsstrafverfahen ist nunmehr der der Finanzverwaltung bekannt gegebene steuerliche Vertreter.

In der Praxis stellen jedoch idR nicht die verhängten Zwangsstrafen von bis zu EUR 5.000 das eigentliche Risiko dar, sondern die möglichen finanzstrafrechtlichen Folgewirkungen. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 WiEReG macht sich eines Finanzstrafvergehens schuldig, wer seiner Meldepflicht trotz zweimaliger Aufforderung nicht nachkommt (§ 15 Abs. 1 Z. 2 WiEReG). Strafrahmen: bis zu EUR 200.000 (!) bei Vorsatz bzw. bis zu EUR 100.000 (!) bei grober Fahrlässigkeit.

Zu den Änderungen und Neuerungen iZm der WiEReG-Novelle 2023 siehe bereits Tax News 07-09/2023.