Tax News: BFG: Keine Abgabenhinterziehung bei Wertpapierverkauf am letzten Tag der Spekulationsfrist

BFG: Keine Abgabenhinterziehung bei Wertpapierverkauf

Erstattet ein Abgabepflichtiger Selbstanzeige betreffend im Ausland erzielter Einkünfte, gehen Finanzamt und Bundesfinanzgericht (BFG) regelmäßig von der Anwendbarkeit der verlängerten Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben aus. Eine Festsetzung der Einkommensteuer ist daher bis zu 10 Jahre nach Einkünfteerzielung möglich. Wenn der Abgabepflichtige ein Wertpapier am letzten Tag der Spekulationsfrist veräußert und den daraus resultierenden Spekulationsgewinn nicht ordnungsgemäß erklärt, liegt nach der jüngsten Entscheidung des BFG jedoch keine vorsätzliche Abgabenhinterziehung vor. Die verlängerte 10-jährige Verjährungsfrist gelangt nicht zu Anwendung.

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Für den Inhalt verantwortlich

Stefan Papst

Partner, Tax

KPMG Austria

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1) Sachverhalt: Veräußerung von Wertpapier genau 1 Jahr nach Anschaffung

  • 23.3.2009 – Vormittag: Anschaffung Wertpapier (Depot Liechtenstein)
  • 23.3.2010 – Nachmittag: Veräußerung Wertpapier
  • Dezember 2016: Selbstanzeige Einkünfte aus Kapitalvermögen in Liechtenstein

Da der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr betrug, lag ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft nach alter Rechtslage vor (§ 30 EStG idF vor 1. StabG 2012). Für die Steuerfreiheit hätte die Veräußerung ab dem 24.03.2010 erfolgen müssen.

Das Finanzamt (FA) nahm eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung an, brachte die verlängerte Festsetzungsverjährung von 10 Jahren zur Anwendung und setzte die Einkünfte aus Spekulationsgeschäft mit Bescheid fest (§ 207 Abs 2 BAO).

2) Beschwerdevorentscheidung: Begründung Hinterziehung mit Standard-Argumentation

Der Abgabepflichtige erhob gegen die Abgabenfestsetzung Beschwerde. Das FA begründete das Vorliegen von Vorsatz mit einer für derartige Auslandssachverhalte üblichen Argumentation:

  • Keine Offenlegung von ausländischen Kapitaleinkünften seit vielen Jahren
  • Überdurchschnittlich gut gebildeter Abgabepflichtiger; abgeschlossene akademische Ausbildung
  • Beruflicher Erfolg (Einkommen > EUR 200.000)
  • AT-Durchschnittssteuer (45 %) übersteigt geleistete EU-Quellensteuer deutlich (< 10 %)
  • Steuerlich laufend vertreten: Möglichkeit fachkundigen Raten einzuholen

3) BFG 28.05.2020, RV/7105016/2017: KEIN Vorsatz

Das BFG schließt aus der Veräußerung am letzten Tag der Spekulationsfrist, dass der Abgabepflichtige der irrigen Meinung war, dass die Spekulationsfrist bereits abgelaufen und der erzielte Überschuss somit nicht zu versteuern wäre. Dass die Spekulationsfrist erst mit Ablauf des 23.03.2010 endete und eine steuerfreie Veräußerung erst nach dem 23.03.2010 möglich gewesen wäre, war diesem offenbar nicht bewusst. Aufgrund dieses eindeutigen Irrtums kann nach Ansicht des BFG ein vorsätzliches Handeln ausgeschlossen werden. Wegen eingetretener Verjährung erfolgte die Abgabenfestsetzung zu Unrecht.

4) Ergebnis

Das FA ist mit einer für derartige Auslandssachverhalte üblichen Standardargumentation nicht durchgedrungen. Eine Veräußerung unmittelbar vor Ablauf der Spekulationsfrist lässt auf einen Besteuerungsirrtum schließen und steht diesfalls einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung entgegen. Ein solcher Irrtum kann auch iZm ausländischem Kapitalvermögen vorliegen.

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