Tax News: EuGH: Aufsichtsratstätigkeit ist keine umsatzsteuerbare Dienstleistung

EuGH: Aufsichtsratstätigkeit

Der EuGH hat im Urteil vom 13. Juni 2019, IO (C-420/18) entschieden, dass ein Aufsichtsratsmitglied nicht selbständig eine wirtschaftliche Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinne ausübt, wenn es zwar weder dem Vorstand noch dem Aufsichtsrat hierarchisch untergeordnet ist, jedoch nicht in eigenem Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung, sondern für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrats handelt und auch nicht das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit trägt.

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Für den Inhalt verantwortlich

Esther Freitag

Partnerin, Tax

KPMG Austria

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  • IO ist Mitglied im Aufsichtsrat einer gemeinnützigen Stiftung, der aus fünf bis zehn Mitgliedern besteht und für eine Amtszeit von vier Jahren ernannt wird. Sofern man einen Arbeitsvertrag mit der Stiftung hat, kann man kein Aufsichtsratsmitglied sein. Die Aufsichtsratsmitglieder können nur wegen Fahrlässigkeit bei der Ausübung ihrer Aufgaben oder anderer schwerwiegender Gründe entlassen werden.
    Die Aufsichtsratsmitglieder können ua Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder ernennen und entlassen, Arbeitsbedingungen festlegen, den Vorstand beraten und die Vergütung für den Aufsichtsrat festlegen. Die Aufsichtsratsmitglieder sind unabhängig und müssen gegenüber den anderen Aufsichtsratsmitgliedern und dem Vorstand kritisch handeln. Sie können die Befugnisse des Aufsichtsrates nicht allein ausüben, sondern sind für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrates tätig.
    Die Aufsichtsratsmitglieder schließen einen Dienstleistungsvertrag mit dem Aufsichtsrat und bekommen eine pauschale Vergütung pro Jahr, die unabhängig von der Teilnahme an Sitzungen und geleisteten Arbeitsstunden ist.
  • Der EuGH (C-420/18) hatte die Frage zu prüfen, ob ein Aufsichtsratsmitglied einer Stiftung eine wirtschaftliche Tätigkeit iSd MwStSyst-RL selbständig ausübt.
  • Zunächst führt der EuGH aus, dass die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitgliedes „wirtschaftlich“ ist, da sie nachhaltig und gegen Entgelt ausgeübt wird. Ein Aufsichtsratsmitglied bekommt jährlich eine pauschale Vergütung und wird für eine Amtszeit von vier Jahren ernannt.
  • Hinsichtlich der Selbständigkeit der Tätigkeit ist laut EuGH zu prüfen, ob ein Unterordnungsverhältnis iSd Art 10 MwStSyst-RL besteht.
    Laut EuGH ist dies in diesem Fall zu verneinen, da (1) das Aufsichtsratsmitglied kein Lohn- oder Gehaltsempfänger ist, (2) kein Arbeits-, sondern ein Dienstleistungsvertrag geschlossen wird und (3) die Aufsichtsratsmitglieder keinem Weisungsrecht des Vorstandes unterliegen. Zudem muss das Aufsichtsratsmitglied unabhängig und kritisch handeln.
  • Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob eine selbständige Tätigkeit iSd Art 9 MwStSyst-RL vorliegt. Hierbei ist zu prüfen, ob die Tätigkeit im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausgeübt wird und ob das damit verbundene wirtschaftliche Risiko getragen wird. Im gegenständlichen Fall liegt laut EuGH keine selbständige Tätigkeit des Aufsichtsratsmitgliedes vor, da das Mitglied weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung tätig wird. Das Aufsichtsratsmitglied trägt auch kein wirtschaftliches Risiko, da die jährliche Vergütung auch ohne Tätigwerden bezogen wird.

Anmerkung:

Der EuGH hat im vorliegenden Urteil festgestellt, dass unabhängige Aufsichtsratsmitglieder, die nicht im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung tätig werden sowie kein wirtschaftliches Risiko tragen, keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. In Österreich geht man bisher davon aus, dass Aufsichtsratsmitglieder eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die aber gem § 6 Abs 1 Z 9 lit b UStG unecht steuerbefreit sind.

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