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Der Bund und die Länder haben deutschen Unternehmen im April 2022 milliardenschwere Liquiditätshilfen zugesagt, um die Auswirkungen der Ukraine Krise zu reduzieren und den damit verbundenen erhöhten Energiepreisen entgegenzuwirken. 

Wesentliche Maßnahmen sind das KfW-Sonderprogramm UBR 2022, der Zuschuss für Unternehmen mit erhöhten Energiekosten, Bund-Landes-Bürgschaftsprogramme sowie zielgerichtete Eigen- und Hybridkapitalhilfen. 

 Als beihilferechtliche Grundlage hat die Europäische Kommission mit dem Temporary Crisis Framework (TCF) bereits Mitte März den Spielraum für diese Maßnahmen geschaffen. Durch den TCF wird es ermöglicht, die Wirtschaft gegen die Folgen der Ukraine-Invasion durch Russland, die draus resultierenden Sanktionen und weiteren Folgen zu stützen. Dieser befristete Krisenrahmen ist bis zum 31. Dezember 2022 gültig und kann in

I. Liquiditätshilfe in Form von staatlichen Garantien und zinsvergünstigten Darlehen:

Mitgliedsstaaten können für Bankdarlehen von Unternehmen staatliche Garantien gewähren oder Garantieregelungen einführen. Die Darlehen dürfen sowohl für Investitions- als auch Betriebsmittelbedarf gewährt werden. 

II. Beihilfen zum Ausgleich erhöhter Energiepreise:

Mitgliedstaaten dürfen besonders energieintensive Unternehmen teilweise für Mehrkosten entschädigen, die aus den erhöhten Strom- und Gaspreisen entstehen. Als energieintensive Betriebe definieren sich jene, die Energieanschaffungskosten in der Höhe von mindestens 3% des Produktionswertes aufweisen. 

Die Gesamtbeihilfe darf sich auf maximal 30% der beihilfefähigen Kosten oder maximal € 2 Mio. belaufen. 

III. Begrenzte Beihilfebeträge:

  • Unternehmen in Landwirtschaft, Fischerei oder Aquakultur: Beihilfen bis € 35.000 
  • Betroffene Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen können mit bis zu € 400.000 unterstützt werden
  • Diese Beihilfen müssen nicht als Ausgleich für einen Anstieg der Energiepreise konzipiert sein.

Analog zu den bisherigen KfW-Sonderprogrammen in der Corona-Pandemie handelt es sich beim KfW-Sonderprogramm UBR 2022 um Förderkredite für Unternehmen, die vom Angriff Russlands auf die Ukraine, den Sanktionen gegenüber Russland und Belarus oder den gestiegenen Energiekosten betroffen sind. 

Das Programm besteht aus zwei Komponenten: 

  1. Kredite über die Hausbanken der Unternehmen bis zu einem Kreditvolumen von € 100 Mio. für Großunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) - Programm 079 und 089
  2. individuelle, großvolumige Konsortialfinanzierungen - Programm 807

Große Unternehmen definieren sich in diesem Programm als Unternehmen mit einem Gruppenumsatz von über € 500 Mio. pro Jahr, KMUs als Unternehmen mit einem jährlichen Gruppenumsatz unter €500 Mio. Der Gruppenumsatz setzt sich aus dem Umsatz des Antragsstellers zuzüglich des Umsatzes aller verbundenen Unternehmen zusammen.

1. KfW Sonderprogramm UBR 2022  - große Unternehmen und Mittelstand 

Der Vertrag für den Investitions- und Betriebsmittelkredit für mittelständische und große Unternehmen ohne Umsatzbegrenzung ist bis zum 31.12.2022 abzuschließen und hat eine Laufzeit von 2-6 Jahre bei höchstens zwei tilgungsfreien Jahren und einer festen Zinsbindung für die gesamte Kreditlaufzeit. 

Kreditbetrag 

  • Max. € 100 Mio. pro Unternehmensgruppe 
  • Begrenzt auf maximal 15% des durchschnittlichen jährlichen Gesamtumsatzes gemäß den letzten drei vorliegenden Jahresabschlüssen, 
  • ODER 50% der Energiekosten in den 12 Monaten vor der Antragsstellung, 
  • ODER bei Krediten über € 25 Mio. das Höhere von entweder 50% Gesamtverschuldung des Unternehmens oder 30% der Bilanzsumme.

Um sich für das KfW-Sonderprogramm zu qualifizieren, muss die Betroffenheit des Unternehmens durch mindestens einen der folgenden Punkte nachgewiesen werden:

  • Umsatzrückgänge aufgrund weggebrochenen Absatzmarktes im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg 
  • Produktionsausfälle in der Ukraine, Belarus oder Russland
  • nachgewiesene Produktionsausfälle aufgrund fehlender Rohstoffe und Vorprodukte, die unmittelbar oder mittelbar aus der Ukraine, Belarus oder Russland stammen
  • Schließung von Produktionsstätten in der Ukraine, Belarus oder Russland 
  • besonders hohe Betroffenheit durch die gestiegenen Energiekosten: dies trifft zu, wenn der Energiekostenanteil des Unternehmens mindestens 3% des Jahresumsatzes im Jahr 2021 ausmachte
  • Zusätzlich darf das antragsstellende Unternehmen bis zum 31.12.2021 kein Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sein

2. KfW Sonderprogramm UBR 2022 – Konsortialfinanzierung (Kredit 807)

Für größere Finanzierungen gibt es wie im bisherigen Sonderprogramm die Möglichkeit von Konsortialfinanzierungen mit einer Laufzeit von bis zu sechs Jahren, die KfW übernimmt hierbei bis zu 70% des Risikos. Beim Zinssatz gelten dieselben Konditionen für den KfW-Anteil wie für die anderen Konsortialpartner. Der Finanzierungsanteil der KfW beläuft sich in der Regel auf mindestens € 25 Mio. und ist begrenzt auf 15% des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre, oder 50% der Energiekosten der letzten 12 Monate vor Antragsstellung. In begründeten Fällen in Abstimmung mit dem BMWK darf der Anteil auch höher sein. Um sich für diesen Kredit zu qualifizieren, darf das Unternehmen bis 31.12.2021 nicht in Schwierigkeiten gewesen sein und muss geordnete wirtschaftliche Verhältnisse aufweisen, war also weder insolvenznah noch insolvenzantragspflichtig.

Dieses Programm umfasst Haushaltskosten von bis zu € 5 Mrd. für den Förderzeitraum Februar bis September 2022 und wird als direkter Zuschuss gewährt. 

Das Unternehmen muss sich als energieintensives Unternehmen klassifizieren. Hierfür müssen die Energie- und Strombeschaffungskosten mindestens 3% des Produktionswertes (entspricht ca. der Betriebsleistung abzüglich Wareneinsatz und Fremdleistungen) im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr betragen haben - das Geschäftsjahr, das vor Beginn des Förderzeitraums (1. Februar 2022) endete. Grundsätzlich wird die Differenz oberhalb einer Verdopplung der Preise anteilig kompensiert. Das bedeutet, dass die ersten 100% der Preiserhöhung in jedem Fall von den Unternehmen selbst zu tragen sind. 

Die Zuschüsse des Energiekostendämpfungsprogramms spalten sich in drei Förderstufen:

  1. 30% der Preisdifferenz und bis zu € 2 Mio. Zuschuss, wenn das Unternehmen einer energieintensiven Branche gemäß KUEBLL (relevante EU-Leitlinien zur Klassifizierung von Unternehmen  - u.a. für Energiebeihilfen 2022) entspricht und Energiebeschaffungskosten in der Höhe von mindestens 3% des Produktionswertes aufweist. Der Maximalbetrag für Strom und Erdgas je Fördermonat beträgt in Stufe I € 250 000. 
  2. 50% der Preisdifferenz und bis zu € 25 Mio. Zuschuss unter den Voraussetzungen aus Förderstufe I sowie eines Betriebsverlustes ( = EBITDA) von mindestens 50% aufgrund der Energiekosten. Nach oben ist der monatliche Zuschuss auf maximal 80% des Betriebsverlustes begrenzt. Der Maximalbetrag für Strom und Erdgas je Fördermonat beträgt in Stufe II auf € 3,125 Mio. 
  3. 70% der Preisdifferenz und bis zu € 50 Mio. Zuschuss unter den Voraussetzungen eines Betriebsverlustes von mindestens 50% aufgrund der Energiekosten und dass es sich um einen besonders stark betroffenen Sektor gemäß Temporary Crisis Framework handelt. Nach oben ist der monatliche Zuschuss auf maximal 80% des Betriebsverlustes begrenzt. Der Maximalbetrag für Strom und Erdgas je Fördermonat beträgt in Stufe III € 6,25 Mio. 

Die unter Punkt I-III genannten Fördersätze werden im Juli für die restliche Laufzeit des Programms einmalig um 10%-Punkte gesenkt. Verbrauchtes Erdgas wird in den Fördermonaten Juli  - September nur bis zu 80% derjenigen Menge bezuschusst, die das Unternehmen im gleichen Vorjahreszeitraum verbraucht hat. 

Weitere Vorgaben – auszugsweise: 

  • Antragssteller und Zuschussberechtigte müssen ein Unternehmen mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum sein 
  • Bei verbundenen Unternehmen muss jedes Unternehmen einen gesonderten Antrag für sich stellen. Die Zuschüsse für verbundene Unternehmen werden aber in Summe betrachtet und die obigen Maximalgrenzen gelten für den Unternehmensverbund. 
  • Das Unternehmen darf kein Unternehmen der öffentlichen Hand sein
  • Das Unternehmen darf nicht insolvent sein bzw. es dürfen keine Insolvenzgründe vorliegen Darüber hinaus darf das Unternehmen kein Unternehmen in Schwierigkeiten sein
  • Für die Geschäftsführung des antragstellenden Unternehmens gilt ein Verzicht auf sämtliche Boni für das Geschäftsjahr 

Das Programm wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) umgesetzt; die Antragsstellung ist seit 15.07.2022 möglich. Die Antragsstellung erfolgt durch die Unternehmen direkt und muss mit umfangreichen Anlagen vollständig bis spätestens 31.08.2022 erfolgen.

Insbesondere für Unternehmen, die keine KfW-Kredite oder andere Drittfinanzierungen erhalten können, werden für Investitions- und Betriebsmittelkredite Programme von Bürgschaftsbanken und der Länder sowie ein Großbürgschaftsprogramm des Bundes zur Verfügung gestellt.

Antragsberechtigt sind alle Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Deutschland, die nachweislich von den Sanktionen gegenüber Russland und Belarus sowie deren Folgen betroffen sind. Außerdem darf sich das jeweilige Unternehmen bis zum 31.12.2021 nicht in Schwierigkeiten befunden haben (analog zu den Zugangsvoraussetzungen des KfW-Sonderprogramms UBR 2022).

Bürgschaftsbanken haben den Bürgschaftshöchstbetrag für vom Ukraine-Krieg betroffene kleinere Unternehmen von € 1,25 Mio. auf € 2,5 Mio. erhöht. Den darüber hinaus gehenden Bürgschaftsbedarf bis € 20 Millionen in strukturschwachen Regionen und bis € 50 Millionen außerhalb strukturschwacher Regionen decken die Länder und Landesförderinstitute mit ihren Bürgschaftsprogrammen ab

Das Großbürgschaftsprogramm wird ab einem Bürgschaftsbetrag von € 50 Mio. auch für Bürgschaften an Unternehmen außerhalb strukturschwacher Regionen für vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen geöffnet. Die Bürgschaftsquote wird im Regelfall bei 80% liegen. Für Einzelfälle von besonders stark betroffenen Unternehmen wird es die Möglichkeit einer bis zu 90-prozentigen Bürgschaft geben. 

Diese Maßnahme dient der Stabilisierung betroffener Unternehmen in Form von Eigen- und Hybridkapital, beispielsweise Stille Beteiligungen oder Nachrangdarlehen. Voraussetzung hierfür ist eine klare, eigenständige Fortführungsperspektive sowie das Nichtvorhandensein einer Unternehmensschieflage zu Beginn der Ukraine-Krise. Die Maßnahme entspricht einer vereinfachten Form des Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

Die Eigen- und Hybridkapitalinstrumente werden wie üblich im Rahmen eines Zuweisungsgeschäftes der KfW vergeben, die unternehmerische und strategische Verantwortung über die Maßnahme trägt der Bund. Es bedarf einer Einzelfall-Entscheidung über die Notwendigkeit einer Notifizierung und beihilferechtlicher Genehmigung, welche unter anderem abhängig von den eingeforderten Zinsen ist. Bei einer weiteren Verschärfung der Lage können zusätzliche Eigenkapitalinstrumente, welche sich bereits in der Corona-Pandemie bewährt haben, verwendet werden. 

Alle neuen Programme setzten voraus, dass Hilfe beantragende Unternehmen zum 31.12.2021 keine Unternehmen in Schwierigkeiten waren. Hier wird es Härten geben bei Unternehmen, die zuvor bereits durch die Pandemie betroffen waren und nur deswegen zum Ende 2021 ein Unternehmen in Schwierigkeiten waren, vor der Corona-Pandemie aber gut aufgestellt waren.

In der aktuellen Situation geht es insbesondere darum, kurzfristige Liquidität für Unternehmen zu gewährleisten und die enormen Erdgas- sowie Strompreisanstiege in energie- und handelsintensiven Sektoren abzudämpfen. Im ersten Schritt sind die KfW-Kreditprogramme und die Bürgschaftsprogramme gestartet, im Nachgang folgen die weiteren Instrumente.