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Japan statt China – so entscheiden deutsche Unternehmen hinsichtlich Produktion, Managementfunktionen und Standortwahl der Asienzentrale immer häufiger. Hintergrund des neuen Trends sind fortwährende geopolitische Unsicherheiten, die wiederum zu Diversifizierungsbestrebungen führen. Das geht aus der aktuellen und bereits zum siebten Mal durchgeführten Geschäftsklima-Umfrage “German Business in Japan“ hervor, eine gemeinsame Publikation von Deutscher Industrie- und Handelskammer in Japan (AHK Japan) und KPMG in Deutschland. Teilgenommen haben 164 Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in Japan. Bemerkenswerte Erkenntnisse im Überblick:

KPMG!
38 %

der deutschen Unternehmen beabsichtigen, Produktionsstätten von China nach Japan zu verlagern.

KPMG!
23 %

der deutschen Unternehmen beabsichtigen, regionale Managementfunktionen von China nach Japan zu verlagern.

KPMG!
82 %

halten die Rekrutierung von qualifiziertem Personal in Japan für die größte Herausforderung.

KPMG!
39 %

sagen, dass Deutschlands Ruf in Japan durch die zunehmende Häufigkeit von und Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen beeinträchtigt wird.

38 Prozent der deutschen Unternehmen beabsichtigen entweder Produktion von China nach Japan zu verlagern oder sie entscheiden sich bei Neuinvestitionen in Asien direkt zugunsten des Standortes Japan. Knapp jedes vierte Unternehmen (23 Prozent) verlegt regionale Managementfunktionen nach Japan. In Japan ist zudem nun die regionale Zentrale von mehr als jedem vierten deutschen Unternehmen (26 Prozent) ansässig. Im Vorjahr war dies noch bei jedem fünften der Fall. Japan schiebt sich damit auf Platz zwei hinter Singapur (28 Prozent).

Im Handelsblatt kommentiert Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei KPMG in Deutschland: „In der Wahrnehmung der deutschen Wirtschaft war Japan bisher immer ein Geheimtipp als Investitionsstandort, aber jetzt werden die Stärken des Landes immer stärker wahrgenommen.“

 


Ursächlich hierfür sind die vielfach wenig bekannten guten Rahmenbedingungen in Japan:
 
  • Die Durchschnittslöhne in Japan liegen 32 Prozent unter denen in Deutschland
  • Die Lohnstückkosten in Japan sind die niedrigsten unter den G7-Ländern
  • Japan weist die zweithöchste Roboterdichte weltweit auf

Außerdem sind Yen und Euro im Fokus. Auf die Standortbewertung Japans hat auch die Wechselkursentwicklung der letzten Jahre positive Auswirkungen. Tatsächlich ist der Yen im März 2024 zum Euro auf den tiefsten Stand seit 2012 gefallen: 1 Euro entspricht 164 Yen. Zum Vergleich: 2020 lag der Umrechnungskurs bei 116 Yen und 2012 gar unter 100 Yen. Die Folge: Importe aus Japan nach Europa haben sich erheblich verbilligt.

Größter Vorteil Japans: ökonomische, politische und soziale Stabilität

Im globalen Vergleich erhält Japan für seine Verlässlichkeit Bestnoten. Als größte Standortvorteile Japans sehen deutsche Unternehmen die wirtschaftliche Stabilität (94 Prozent), die Stabilität und Vertrauenswürdigkeit der Geschäftsbeziehungen (93 Prozent) sowie die Sicherheit und soziale Stabilität (91 Prozent). 

Japan ist zunehmend Umsatztreiber für deutsche Konzerne

Für 54 Prozent der befragten Unternehmen ist Japan eine der fünf größten Umsatz- und Ergebnisquellen im Gesamtkonzern. Dies entspricht einem Anstieg um sechs Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr bzw. neun Prozentpunkte gegenüber 2021. 92 Prozent der deutschen Unternehmen erzielten in Japan letztes Jahr Gewinne. Die Profitabilität ist beachtlich: Gut jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) erzielte eine zweistellige Gewinnmarge vor Steuern. 66 Prozent der Unternehmen rechnen für das laufende Jahr zudem mit steigenden Gewinnen – für das Jahr 2025 sogar 78 Prozent.

Absatzpotenzial besonders wichtig – aber Präsenz vor Ort bietet weitere wichtige Vorteile

Für rund vier von fünf der befragten deutschen Unternehmen ist das Absatzpotential Japans – ein Markt mit mehr als 124 Millionen Konsument:innen – der wichtigste Grund für ihr Engagement. Das Scouting neuer Trends in Technologie und Innovation gilt als zweitwichtigster Grund – und auch die Beobachtung japanischer Wettbewerber sowie die Teilhabe an globalen Geschäftsnetzwerken japanischer Konzerne ist relevant.

Suche nach geeigneten Mitarbeitenden und Währungsrisiken im Blick behalten

Die Herausforderung, Fachpersonal mit adäquaten Qualifikationen zu rekrutieren, ist für 82 Prozent der Unternehmen das größte Hindernis in Japan. Der Prozentsatz hat sich im Vergleich zur Vorgängerausgabe der Studie nicht geändert. Aufgrund des schwachen Yen in den vergangenen vier Jahren und der hohen Staatsverschuldung Japans benennen 76 Prozent der Befragten Währungsrisiken (beim Import von Vorprodukten in Japan) als zweitgrößte Herausforderung, ein Plus von 13 Prozentpunkten im Vergleich zu 2022. Die Relevanz hoher Rohstoff- und Energiepreise, von Inflationsauswirkungen oder von Lieferkettenstörungen nimmt unterdessen im Vergleich zum Vorjahr ab. 

Deutschlands Reputation im Fokus

Neu in der Studienreihe ist die Frage nach der Reputation des Wirtschaftsstandorts Deutschland in Japan. 39 Prozent der Umfrageteilnehmenden zufolge belasten die zunehmende Häufigkeit von und die Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen und Protestveranstaltungen in Deutschland das Image Deutschlands am meisten. Zudem sind Klimaaktivismus und die veraltete Infrastruktur (beides jeweils 27 Prozent) wesentliche negative Einflussfaktoren.