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Der Brexit war eine Zäsur – und die Auswirkungen auf die bilateralen deutsch-britischen Geschäftsbeziehungen wirken auch heute noch. Ob administrativer Zusatzaufwand, Logistikkosten oder Zollabgaben: Diverse Handelsbarrieren führen zu fortwährender Friktion. Die Folge sind Umsatz- und Gewinnrückgänge bei Unternehmen. Zugleich wird eine neue Welle an nicht harmonisierten Gesetzen in Großbritannien und der EU in 2024 zu zusätzlichen Belastungen führen. Dennoch gibt es auch Gelegenheiten für neue Kooperationen. Das sind die bemerkenswerten Kernerkenntnisse aus dem German British Business Outlook, der 2024 bereits zum sechsten Mal durch die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die British Chamber of Commerce in Germany (BCCG) erstellt wurde. Die Studie basiert auf einer großen Umfrage zu den Geschäftserwartungen deutscher und britischer Unternehmen. 



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German-British Business Outlook 2024

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Nur 6 Prozent melden verbesserte Geschäftslage seit dem Brexit

Mehr als jedes zweite Unternehmen (52 Prozent) im deutsch-britischen Wirtschaftskorridor berichtet von einer verschlechterten Geschäftslage im Vergleich mit 2020, dem Jahr des Inkrafttretens des Brexits. Dabei hat sich der Anteil derjenigen, die eine erhebliche Verschlechterung feststellen, zwischen 2022 und 2023 von 9 Prozent im Vorjahr auf jetzt 16 Prozent fast verdoppelt. Im Vorjahresvergleich halbiert sich der Anteil der Unternehmen, die angaben, dass sich ihre Geschäfte seit dem Brexit verbessert haben, von 13 Prozent auf 6 Prozent.

German-British Business Outlook  Grafik

Wie sich die Geschäftslage der befragten Unternehmen verändert hat.

Die drei größten Belastungen im deutsch-britischen Wirtschaftskorridor

Prozentuale Angaben der befragten Unternehmen

KPMG!
25 %

Höherer Verwaltungsaufwand

KPMG!
13 %

Gestiegene Logistikkosten

KPMG!
12 %

Höhere Zollabgaben

Umsatz- und Gewinnentwicklungen sind durchwachsen

Zwar konnten der Umfrage zufolge 38 Prozent der Unternehmen 2023 ihre Umsätze steigern, jedoch verzeichneten mit 36 Prozent nahezu ebenso viele Umsatzrückgänge. Nur 29 Prozent der Unternehmen erzielten Zuwächse bei den Gewinnen nach Steuern, während 39 Prozent rückläufige Gewinne hinnehmen mussten. Für das laufende Geschäftsjahr zeichnet sich keine wesentliche Verbesserung ab: Knapp jedes dritte Unternehmen (31 Prozent) erwartet weniger Umsatz. Für die nächsten fünf Jahre rechnet mehr als jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) zudem mit anhaltenden Umsatzrückgängen.

German-British Business Outlook  Grafik

Neue Welle an Gesetzen und Regularien in 2024 beeinträchtigen den deutsch-britischen Wirtschaftsverkehr

Im Jahr 2024 treten im UK-EU-Korridor vielfältige neue Vorschriften in Kraft, die zunächst verschoben wurden. Besonders folgenreich ist das „Border Target Operating Model“, das zusätzliche Kontrollen und Dokumentationspflichten für bestimmte Produktgruppen wie Tiere, Pflanzen und Lebensmittel bedeutet. 34 Prozent der befragten Unternehmen sind betroffen. 28 Prozent rechnen mit erheblichen Auswirkungen durch die sukzessive Ersetzung der EU-Regularien durch neue britische Vorschriften nach dem Auslaufen der „Retained EU-Laws“ – und rund 30 Prozent erwarten bürokratische Hindernisse sowie signifikant steigende Kosten durch den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), den die EU für Importe in ihre Staatengemeinschaft einführt und der sich vom UK-CBAM unterscheiden wird. Knapp jedes vierte Unternehmen (24 Prozent) sieht außerdem seine deutsch-britischen Geschäftsaktivitäten durch das neue EU-Lieferkettengesetz beeinträchtigt.

Weitere Analysen, detaillierte Hintergrundinformationen und praxisrelevante Handlungsempfehlungen zu sechs Themenkomplexen, die angesichts der jüngst eingeführten sowie geplanter regulatorischer Adjustierungen von großer Bedeutung sind, finden Sie in unserem Whitepaper „Brexit 2.0“.

„Es ist ein Mythos zu glauben, der Brexit sei von den Unternehmen verkraftet. Vielmehr werden 2024 und in den nachfolgenden Jahren diverse Gesetze in Großbritannien und der EU erlassen, die allesamt nicht harmonisiert sind und entkoppelnd wirken. Für Unternehmen im deutsch-britischen Korridor wird dies zu erheblichen zusätzlichen Belastungen führen.“   

Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Die wichtigsten künftigen Kooperationsfelder: Megatrends im Fokus

Die Megatrends Digitalisierung sowie ESG und Klimaschutz bleiben die wichtigsten Geschäftsfelder für Kooperationen (47 Prozent bzw. 33 Prozent) von britischen und deutschen Unternehmen. Dabei hat die Relevanz der Digitalisierung im Vergleich zum Vorjahr deutlich um acht Prozentpunkte zugenommen. Die Bereiche Energieerzeugung beziehungsweise Energiesicherheit (33 Prozent, elf Prozentpunkte mehr als im Vorjahr) sowie Verteidigung (26 Prozent, ein Plus von sieben Prozentpunkten) rücken ebenfalls verstärkt in den Fokus. 

Investitionspläne sorgen für Optimismus

Die generelle Zurückhaltung bei Investitionen im Vereinigten Königreich geht seit 2021 allmählich zurück. Damals hatten 69 Prozent der Unternehmen gar keine Investitionspläne. In der aktuellen Erhebung sind es noch 48 Prozent. Innerhalb von drei Jahren planen immerhin sieben Prozent der Befragten Projekte mit einem Investitionsvolumen von mehr als 250 Millionen Euro – Im Vorjahr plante das noch kein einziges Unternehmen. Und kleinere Investitionen in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro beabsichtigen 38 Prozent, ein Plus von fünf Prozentpunkten.

German-British Business Outlook: Hintergrund und Methodik

KPMG in Deutschland und die BCCG haben für die Umfrage sowohl deutsche Tochtergesellschaften mit Hauptsitz im Großbritannien als auch britische Tochtergesellschaften mit Hauptsitz in Deutschland befragt. Sie wurde zwischen dem 22. Januar und dem 28. Februar 2024 durchgeführt. Insgesamt 173 Unternehmen haben teilgenommen. 82 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, 18 Prozent in Großbritannien. Von den Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland sind 42 Prozent seit mehr als zwei Jahrzehnten in Großbritannien aktiv, 19 Prozent sogar seit mehr als 50 Jahren.