Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie konnte eine Zunahme von mezzaninen Finanzierungsformen beobachtet werden. Hierunter lassen sich neben Genussrechten und stillen Beteiligungen auch Anleihen bzw. Schuldverschreibungen mit weitergehenden Wandlungsrechten subsumieren. Der nachfolgende Beitrag zeigt in Abhängigkeit von der Vertragsausgestaltung von Wandelanleihen bzw. Wandelschuldverschreibungen die unterschiedlichen Bilanzierungskonsequenzen nach den IFRS auf. Eine besondere Aufmerksamkeit kommt hierbei der Ausgestaltung der Wandlungsrechte sowie gegebenenfalls bestehenden Interdependenzen verschiedener Wandlungsrechte zu, die in Summe einen maßgeblichen Einfluss auf die Bilanzkennzahlen entfalten (können). 

Grundsätzlich stellen Wandelanleihen bzw. Wandelschuldverschreibungen eine Kombination aus einer klassischen Anleihe bzw. Schuldverschreibung sowie einer Option zur Wandlung beispielsweise in eigene Aktien dar. Als gängige Ausgestaltung bietet sich hierbei die Möglichkeit zur Wandlung der Anleihe bzw. Schuldverschreibung nach einer gewissen Sperrfrist und/oder bei Fälligkeit an. Bei Wandlung in eigene Aktien ist die Ausgabe einer Wandelanleihe bzw. -schuldverschreibung immer an einen Beschluss der Hauptversammlung geknüpft (Gewährung des Umtauschrechts impliziert eine bedingte Kapitalerhöhung). Insofern stellt eine Wandelanleihe eine Kombination aus den Eigenschaften von Anleihen/Schuldverschreibungen und Aktien dar und bietet für den Emittenten den Vorteil, dass Fremdkapital zu einem vergleichsweise geringeren Zinssatz aufgenommen werden kann. Die Gläubiger haben den Vorteil mit Hilfe des Wandlungsrechts an der Wertentwicklung des Aktienkurses bzw. den Wertsteigerungen des Unternehmens partizipieren zu können. 

Neben der klassischen Vertragsausgestaltung können Wandelanleihen bzw. -schuldverschreibungen im Hinblick auf die Wandlungsrechte in unterschiedlichster Art und Weise ausgestaltet sein, wobei die Ausgestaltung des Wandlungsrechts in bilanzieller Hinsicht entweder zu einer Einordnung als zusammengesetztes Finanzinstrument (compound financial instrument) oder als hybrides Finanzinstrument (hybrid financial instrument) führen kann. 

Bei einem zusammengesetzten Finanzinstrument gibt es neben einer finanziellen Verbindlichkeit auch eine Eigenkapitalkomponente. Sofern eine Wandelanleihe bzw. -schuldverschreibung als zusammengesetztes Finanzinstrument (compound financial instrument) eingestuft werden soll, ist daher das Wandlungsrecht gemäß den Eigenschaften eines Eigenkapitalinstruments auszugestalten. Entscheidendes Merkmal für die Klassifizierung des Wandlungsrechts als Eigenkapitalinstrument ist die Erfüllung des sogenannten „fixed-for-fixed“-Kriteriums. Unter dem „fixed-for-fixed-Kriterium“ ist zu verstehen, dass die Wandlung eines festen Betrages an flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten (hier der Wandelanleihe bzw. – schuldverschreibung) gegen eine feste Anzahl an Eigenkapitalinstrumenten, zum Beispiel Aktien, Betrag getauscht wird. Des Weiteren dürfen keine Wahlrechte für die Erfüllung der Wandlungsrechte der Einstufung als Eigenkapitalinstrument – wie beispielsweise ein net settlement – entgegenstehen (vgl. IAS 32.16(b) i. V. m. IAS 32.22). Aus Verwässerungsschutzgründen inkludierte Klauseln bzgl. des Wandlungsrechts führen nur bei bestimmter Ausgestaltung zu keiner Klassifizierung als Eigenkapitalinstrument, dennoch sollten die Auswirkungen evaluiert werden.

Demgegenüber stellen hybride Finanzinstrumente (hybrid financial instruments) eine Kombination eines Schuldinstruments mit ein oder mehreren (eingebetteten, gegebenenfalls trennungspflichtigen) Derivaten dar. Sofern das Wandlungsrecht nicht so ausgestaltet ist, dass es die Voraussetzungen für eine Klassifizierung als Eigenkapital erfüllt, liegt kein zusammengesetztes Finanzinstrument (compound financial instrument) vor, sondern regelmäßig ein hybrides Finanzinstrument (hybrid financial instrument) mit dem Wandlungsrecht als eingebettetem Derivat (vgl. IFRS 9.4.3.1). 1

Die erstmalige bilanzielle Erfassung eines zusammengesetzten Finanzinstruments (compound financial instrument) bestimmt sich auf Basis der einzelnen Komponenten in folgender Art und Weise. Der Schuldkomponente (Fremdkapital) wird in Höhe des beizulegenden Zeitwerts eines vergleichbaren Instruments ohne Wandlungsrecht unter Berücksichtigung des (eigenen) Kreditrisikos abgebildet. Der Emissionserlös des zusammengesetzten Finanzinstruments entspricht dem beizulegenden Zeitwert des gesamten Finanzinstruments bestehend aus Schuldkomponente und Wandlungsrecht. Die Differenz zwischen dem ermittelten beizulegenden Zeitwert der Schuldkomponente und dem Emissionserlös wird dem Wandlungsrecht zugeschrieben (Residualwertmethode). Die Schuldkomponente stellt infolgedessen eine finanzielle Verbindlichkeit im Anwendungsbereich des IFRS 9 dar und ist zu fortgeführten Anschaffungskosten unter Anwendung der Effektivzinsmethode folgezubewerten. Demgegenüber repräsentiert das Wandlungsrecht ein Eigenkapitalinstrument, liegt außerhalb des Anwendungsbereichs des IFRS 9 und ist im Rahmen der Folgebewertung nicht weiter zu berücksichtigen. Ebenso sind angefallene Transaktionskosten zu berücksichtigen, soweit diese dem Finanzinstrument unmittelbar zurechenbar sind (vgl. IFRS 9.A). Hinsichtlich der Transaktionskosten bei zusammengesetzten Finanzinstrumenten ist zu beachten, dass diese proportional im Verhältnis von Fremd- und Eigenkapitalkomponente auf die jeweiligen Komponenten (Fremdkapital-, Eigenkapitalinstrumente) aufzuteilen sind. 

Aus bilanzieller Sichtweise geht die Ausgestaltung als zusammengesetztes Finanzinstrument mit dem Vorteil einer weitergehenden Planbarkeit der Gewinn- und Verlustrechnung einher. Aufgrund der Bilanzierung der Schuldkomponente zu fortgeführten Anschaffungskosten nach IFRS 9 und der Einordnung des Wandlungsrechts als Eigenkapitalinstrument außerhalb des Anwendungsbereichs des IFRS 9 können die Effekte in der Gewinn- und Verlustrechnung weitestgehend antizipiert werden. Mangels weitergehender Fair Value Bewertung ist ebenso keine Implementierung eines komplexeren Bewertungsmodells sowie entsprechender Anhangangaben zu zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Finanzinstrumenten (insbesondere der Fair Value Hierarchiestufe 3) vorzunehmen. Als Nachteil ist zu nennen, dass die Emission eines zusammengesetzten Finanzinstruments immer auch mit der Ausgabe neuer Aktien verbunden ist sowie einer Verwässerung der bisherigen Anteilseignerstruktur. Gegebenenfalls sind ferner weitergehende Klauseln zum Verwässerungsschutz zu berücksichtigen.  

Sofern die Ausgestaltung des Wandlungsrechts nicht dem „fixed-for-fixed“-Kriterium entspricht bzw. die Erfüllungsart kein gross settlement vorsieht, handelt es sich bei dem Wandlungsrecht aus bilanzieller Perspektive nicht um ein Eigenkapitalinstrument. Folglich ist das Finanzinstrument nicht länger als zusammengesetztes Finanzinstrument (compound financial instrument), sondern stattdessen regelmäßig als hybrides Finanzinstrument (hybrid financial instrument) zu bilanzieren (vgl. IFRS 9.4.3.1).2 Das Wandlungsrecht stellt in diesem Fall ein eingebettetes Derivat dar, welches regelmäßig einer Trennungspflicht unterliegt (bei finanziellen Verbindlichkeiten; davon abweichend ist die Bilanzierung von finanziellen Vermögenswerten). Ob ein eingebettetes Derivat als trennungspflichtig eingeordnet wird, hängt maßgeblich von den wirtschaftlichen Chancen und Risiken des eingebetteten Derivats ab und ob diese eng bzw. nicht eng ((not) closely related) mit den wirtschaftlichen Chancen und Risiken des Basisvertrags verbunden sind. Neben dem Verhältnis der wirtschaftlichen Chancen und Risiken hat das Wandlungsrecht für eine Trennungspflicht die allgemeinen Bedingungen eines Derivats zu erfüllen und der Vertrag als Gesamtes darf nicht (freiwillig) als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet bilanziert werden (vgl. IFRS 9.4.3.3).

Der bilanzielle Ansatz eines hybriden Finanzinstruments basiert analog eines zusammengesetzten Finanzinstruments auf den einzelnen Komponenten des Vertrags. Gegenüber dem Ansatz der Schuldkomponente zum beizulegenden Zeitwert ist bei hybriden Finanzinstrumenten jedoch für das (trennungspflichtige) eingebettete Derivat initial der beizulegende Zeitwert zu ermitteln und zu bilanzieren. Der Wert der Schuldkomponente stellt sodann die Residualgröße dar und ergibt sich gem. IFRS 9.B4.3.3 als Differenz zwischen dem Wert des gesamten kombinierten Instruments und dem Wert des eingebetteten Derivats. Im Hinblick auf die Folgebewertung liegen sowohl die Schuldkomponente wie auch das eingebettete Derivat im Anwendungsbereich des IFRS 9. Die Schuldkomponente ist regulär der Bewertungskategorie zu fortgeführten Anschaffungskosten nach IFRS 9 zuzuordnen, während das eingebettete Derivat in die Bewertungskategorie erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert einzuordnen ist.

Gegenüber compound financial instruments weisen hybrid financial instruments hinsichtlich der bilanziellen Auswirkungen die entgegengesetzten Vor- und Nachteile auf. Aufgrund der Klassifizierung des Wandlungsrechts als derivatives Finanzinstrument führt die erfolgswirksame Bewertung des Wandlungsrechts zu einer eingeschränkten Planbarkeit der Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung, lediglich die Effekte aus der Bilanzierung der Schuldkomponente lassen sich zuverlässig prognostizieren. Insgesamt ist von einer höheren Volatilität in der Gewinn- und Verlustrechnung aus der erfolgswirksamen Bewertung des Wandlungsrechts auszugehen. Die erfolgswirksame Bewertung des eingebetteten Derivats bedingt ferner die Implementierung eines Bewertungsmodells, so dass der beizulegende Zeitwert zu jedem Bilanzstichtag zuverlässig berechnet werden kann. In Abhängigkeit vom emittierenden Unternehmen kann der beizulegende Zeitwert des Wandlungsrechts ferner nach einem Verfahren zu ermitteln sein, das der Fair Value Hierarchiestufe 3 entspricht, so dass weitergehende und sehr umfassende Angabepflichten zu erfüllen sind (vgl. IFRS 13.93(d)-(i)). Als Vorteil hybrider Finanzinstrumente ist anzuführen, dass es zu keiner Ausgabe neuer Aktien sowie zu keiner Verwässerung der Anteilseignerstruktur kommt. 

Um die bilanziellen Konsequenzen der Ausgestaltung des Wandlungsrechts als derivatives Finanzinstrument zu eliminieren, kann aus Risikomanagementaspekten der Abschluss einer gegenläufigen Option auf Eigenkapitalinstrumente des Unternehmens überlegt werden. Sofern die Option spiegelbildlich zum inkludierten Wandlungsrecht ausgestaltet ist, lassen sich die negativen Auswirkungen aus der verpflichtenden Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert des Wandlungsrechts in der GuV nahezu vollständig verhindern. In diesem Zusammenhang ist ein besonderes Augenmerk auf die Vertragsausgestaltung zu legen, um einen weitestgehend vollständigen Ausgleich der Wertänderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erzielen (sog. equity neutral convertible bond). Die Sicherungsstrategie wird dabei bereits durch die obligatorische Bewertung der beiden Derivate zum beizulegenden Zeitwert aus bilanzieller Sicht reflektiert, so dass keine weitergehende Anwendung spezifischer Bilanzierungsvorschriften wie beispielsweise Hedge Accounting nach IFRS von Nöten ist.

Neben der Ausgestaltung von Wandelanleihen bzw. -schuldverschreibungen mit einem einzigen Wandlungsrecht können die Ausgestaltungsmerkmale ferner weitere (trennungspflichtige) eingebettete Derivate vorsehen. Beispielsweise lassen sich hierunter eine freiwillige vorzeitige Wandlung („voluntary conversion“) oder auch eine verpflichtende Wandlung („contingent mandatory conversion“) abhängig vom Eintritt gewisser Ereignisse nennen. Der Eintritt einer mandatory conversion ist oftmals an bestimmte Ereignisse, wie beispielsweise einen IPO, geknüpft. Die jeweiligen Ausgestaltungsmerkmale der Optionalitäten können auch kombiniert in einem Vertrag vorkommen. In diesem Zusammenhang ist ein besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung der jeweiligen Optionsklauseln zu werfen. Wenn in einem Vertrag mehrere eingebettete Derivate enthalten sind, dann sind diese jeweils auf eine mögliche Trennungspflicht hin zu untersuchen. Grundsätzlich müssen mehrere eingebettete Derivate als ein einziges zusammengesetztes eingebettetes Derivat behandelt werden, wenn diese dem gleichen Risiko unterliegen oder abhängig voneinander sind (single compound embedded derivative). Beziehen sich die eingebetteten Derivate hingegen auf unterschiedliche Risiken und sind unabhängig voneinander, so sind diese getrennt voneinander zu bilanzieren (vgl. IFRS 9.B4.3.4). 

Hierbei ist zu beachten, dass in Abhängigkeit von der Vertragsausgestaltung ein vermeintlich als Eigenkapital zu klassifizierendes Wandlungsrecht durch andere Features (zum Beispiel eine Net Settlement Option oder andere – nicht als Eigenkapital zu klassifizierende – Wandlungsrechte) infiziert werden kann, so dass schon das Wandlungsrecht kein Stand Alone Eigenkapitalinstrument darstellt, sondern eine finanzielle Verbindlichkeit (bzw. einen finanziellen Vermögenswert), die gegebenenfalls zusammen mit weiteren eingebetteten Derivaten unter bestimmten Voraussetzungen als ein einziges zusammengesetztes eingebettetes Derivat zu bilanzieren ist. In diesem Sinne ist im Rahmen der Vertragsgestaltung ein besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung etwaiger eingebetteter Derivate zu richten, um die gewünschte bilanzielle Abbildung zu erzielen. 

Ein fachlicher Austausch mit Ihrem Berater und/oder Wirtschaftsprüfer ist zu empfehlen. Unsere Mitarbeitenden des Finanz- und Treasury Management Teams stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 122, Juni 2022
Autoren: 
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG
Björn Beckmann, Manager, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG

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1+2 Unter der Annahme, dass die jeweiligen Kriterien für eines der eingebetteten Derivate erfüllt sind.