Bis zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Zuge des Jahressteuergesetzes (JStG) 2020 bestanden gemäß § 58 AO zwei Möglichkeiten der gemeinnützigkeitskonformen Mittelweitergabe an andere Körperschaften. Diese unterschieden sich nach dem Umfang der Mittelweitergabe, wurden nunmehr jedoch in einem Absatz zusammengefasst. Bezüglich Zuwendungen an ausländische Empfängerkörperschaften kam es mit der Gesetzesreform sowohl zu Verschärfungen als auch Erleichterungen. 

I. Gesetzessystematik und Grundsatz gemeinnützigkeitskonformer Mittelweitergaben

Von der Körperschaftsteuer befreite steuerbegünstigte Einrichtungen i. S. von § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG müssen einerseits selbst die Voraussetzungen der §§ 51 – 68 AO einhalten und andererseits auch die in der Abgabenordnung geregelten Vorgaben hinsichtlich der Mittelweitergabe, sofern Mittel weitergegeben werden sollen, um ihre Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden. 

1. Alte Rechtslage

§ 58 Nr. 1 AO regelte die sogenannte Förder- oder Mittelbeschaffungskörperschaft, also den Fall, dass die eigenen Mittel zumindest zum überwiegenden Teil weitergegeben werden sollten. § 58 Nr. 2 AO enthielt bisher hingegen die lediglich teilweise Mittelweitergabe an andere steuerbegünstigte Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts. Jedenfalls im Rahmen von Förderkörperschaften gemäß § 58 Nr. 1 AO galt, dass die Beschaffung und Weitergabe der Mittel an andere gemeinnützige Organisationen als eigener Zweck in die Satzung aufzunehmen war und die geförderten Zwecke auf Ebene der Empfängerkörperschaft mit den satzungsmäßigen, im Freistellungsbescheid benannten, Zwecken der Förderorganisation übereinstimmen musste.

2. Neue Rechtslage

Durch § 58 AO n. F. wurde § 58 Nr. 2 AO aufgehoben und in die bisherige Mittelweitergabe in Nr. 1 (Mittelbeschaffung) integriert. Der neue Tatbestand soll nach Auffassung des Bundesrates zu mehr Rechtssicherheit führen und den Verwaltungsvollzug vereinfachen. Die bisher bestehenden Unterschiede in den Tatbeständen wurden auch hinsichtlich des Empfängerkreises beseitigt. Die Neuformulierung beinhaltet sowohl die Mittelbeschaffungstätigkeit (bisher § 58 Nr. 1 AO) als auch die Mittelweitergabe (bisher § 58 Nr. 2 AO). Als Mittelempfänger kommen auch ausweislich der Entwurfsbegründung inländische steuerbegünstigte Körperschaften, die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften, juristische Personen des öffentlichen Rechts und ausländische Körperschaften – bei denen die spätere Verwendung der Mittel für steuerbegünstigte Zwecke ausreichend nachgewiesen wird – in Betracht.1

 

II. Wesentliche Änderung

Gemäß § 58 AO Nr. 1 S. 3 n. F. müssen auch nur beschränkt steuerpflichtige Empfängerkörperschaften in Deutschland die Voraussetzungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts erfüllen. Hinsichtlich Zuwendungen an ausländische Empfängerkörperschaften ohne Steuerpflicht in Deutschland bleibt es dagegen im Wesentlichen bei der bisherigen Rechtslage. Allerdings ist das bisherige Zweckidentitätserfordernis hinsichtlich der steuerbegünstigten Satzungszwecke künftig nicht mehr erforderlich. Dies ermöglicht eine gemeinnützigkeitskonforme Mittelweitergabe unabhängig von den eigens verfolgten Zwecken gemeinnütziger Geberkörperschaften und damit mehr Freiheiten dieser im Rahmen finanzieller Förderungen.

III. § 58 AO n. F. im Lichte der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts

1. Steuerpflichtige Empfängerkörperschaften

§ 58 Nr. 1 Satz 3 AO n. F. verlangt für Mittelweitergaben an beschränkt steuerpflichtige Körperschaften des privaten Rechts nunmehr, dass diese „selbst steuerbegünstigt“ sind. Hierbei handelt es sich um eine Verschärfung, die in der Beschlussempfehlung und Gesetzesbegründung der Reform noch unerwähnt blieb. Nach alter Rechtslage gab es dieses Erfordernis lediglich bezüglich unbeschränkt steuerpflichtiger Empfängerkörperschaften, § 58 Nr. 2 AO a. F. (weggefallen). Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG besteht, vor dem Hintergrund des Europarechts, für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften aus EU/EWR-Staaten jedoch eine entsprechende Anerkennungsmöglichkeit.

Bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ohne Geschäftsleitung oder Sitz im Inland dient der Begriff der Betriebsstätte der Begründung einer beschränkten Körperschaftsteuerpflicht und zugleich deren sachlichen Umfangs. Eine Körperschaft ist danach mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig (§ 2 KStG). Konsequenz der Neufassung und damit Wortlautgrenze der gesetzlichen Fiktion des § 58 Nr. 1 S. 3 AO n. F. AO ist damit, dass auch Betriebsstätten als Zuwendungsempfänger selbst steuerbegünstigt sein müssen, um den Status der Gemeinnützigkeit der Geberkörperschaft nicht zu gefährden.  

2. Nicht steuerpflichtige Empfängerkörperschaften

Hinsichtlich in Deutschland nicht steuerpflichtiger Empfängerkörperschaften ist es hingegen zu keinen wesentlichen Änderungen gekommen, das heißt „Ausländische Körperschaften, die keine inländischen Einkünfte erzielen, dürfen wie bislang gefördert werden, sofern sie gemeinnützige Zwecke nach deutschem Rechtsverständnis verfolgen“. 2

Ein inländischer Spender hat demnach weiterhin den Nachweis zu erbringen, dass der ausländische Zuwendungsempfänger die deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt. Dies erfolgt gegenüber dem zuständigen Finanzamt durch Vorlage geeigneter Belege (insbesondere Satzung, Tätigkeitsbericht, Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Kassenbericht, Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen, Aufzeichnung über die Vereinnahmung von Zuwendungen und deren zweckgerechte Verwendung, Vorstandsprotokolle) gemäß § 90 Abs. 2 AO.3

Alternativ zur Auffassung der Finanzverwaltung wird es in der Literatur jedenfalls teilweise als ausreichend angesehen, wenn die ausländische Körperschaft die Anforderungen des Kernbestands des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts (das heißt satzungsmäßige Ausgestaltung, Verfolgung eines gemeinnützigen Zwecks, satzungsgemäße Geschäftsführung und Spendennachweis) erfüllt.4

Die dahingehende Rechtsunsicherheit besteht damit fort.

3. Zweckidentität

§ 58 Nr. 2 AO a. F. wurde aufgehoben und mit § 58 Nr. 1 S. 1 AO ein einheitlicher Zuwendungstatbestand geschaffen. Damit sind künftig Zuwendungen für die Verfolgung anderer als der eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecke grundsätzlich erfasst und eine dahingehende Mittelweitergabe gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich.

4. Mittelzuwendung als Satzungsinhalt

Eine Nennung der Mittelzuwendung in der Satzung muss künftig nur noch dann ausdrücklich erfolgen, wenn hierin die „einzige Art der Zweckverwirklichung“ der Körperschaft zu sehen ist (§ 58 Nr. 1 S. 4 AO). Gleichwohl steht zu beachten, dass Mittelzuwendungen ohne Grundlage in der Satzung vereins- und stiftungsrechtlich problematisch sind und gegebenenfalls bürgerlich-rechtliche Rückforderungsansprüche auslösen oder gar strafrechtliche Relevanz haben können.5

IV. Fazit

Bei Zuwendungen ins Ausland ist bei Empfängerkörperschaften künftig immer abzufragen, ob diese inländische Einkünfte erzielt und somit als beschränkt steuerpflichtig gilt – das heißt insbesondere, ob eine Betriebsstätte im Inland besteht. Ist dies der Fall, kommt eine Abzugsfähigkeit nur in Betracht, wenn diese im Inland ebenfalls steuerbegünstigt ist.6 Hinsichtlich nicht in Deutschland steuerpflichtiger Körperschaften bleibt es im Wesentlichen bei der bisherigen Rechtslage. Allerdings ist zu beachten, dass steuerlich nunmehr keine Zweckidentität mit den eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecken mehr bestehen muss, was Mittelweitergaben vereinfachen kann.

Sofern Stiftungen oder andere gemeinnützige Organisation bereits über interne Prüfungsmatrizen hinsichtlich (grenzüberschreitender) Mittelweitergaben verfügen, sollten diese entsprechend angepasst werden.

1 Vgl. Helm/Bischoff, Die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Überblick, Krankenhausumschau (KU), Heft 3 2021. Mit weiteren Ausführungen zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts insgesamt. 

2 Vgl. Kirchhain: Im zweiten Anlauf durch die Hintertür: Umfassende Änderungen für gemeinnützige Organisationen und deren Förderer durch das JStG 2020, DStR 2021, 129 

3 Mitwirkungspflichten der Beteiligten, vgl. BMF v. 16.5.11, BStBl I 11, 559

4 vgl. Förster DStR 13, 1516, 1517 ff., Blümich/Brandl KStG § 9 Rn. 90-95a

5 Ibid. Fn.2

6 vgl. auch Hüttemann, Änderungen des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts durch das Jahressteuergesetz in DB 2021, 72-81.

Mitautor: Christian Bischoff, Senior Associate, Rechtsanwalt, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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