Fair Value Hedge Accounting

Alles beim Alten?

Alles beim Alten?

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Allgemein beschränken sich die Diskussionen bezüglich der erweiterten Anwendungsmöglichkeiten für die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen unter IFRS 9 meist auf die Anwendung von Cash Flow Hedges sowie die weitergehenden Möglichkeiten zur Absicherung von Commodity Risiken. Die Anwendungsvoraussetzungen und Designationsmöglichkeiten zur Bilanzierung von Hedge Accounting stellen jedoch grundsätzlich nicht auf die unterschiedlichen Klassifizierungen von Hedge Accounting ab, sondern gelten übergreifend. Insofern sind die neu eingeführten Designationsmöglichkeiten und Konzeptionen auch für Fair Value Hedges relevant und alles andere als zu vernachlässigen. Nachfolgend wird eine summarische Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen im Themenkomplex Hedge Accounting mit Auswirkungen auf Fair Value Hedges unter IFRS 9 gegeben.

Eine wesentliche Neuerung unter IFRS 9 stellt die weitergehende Konkretisierung der Wertänderungen des gesicherten Grundgeschäfts in Bezug auf die Wirksamkeit der Absicherung (hedge effectiveness) dar. Infolgedessen dürfen Wertänderungen, die ausschließlich im Sicherungsinstrument und nicht im Grundgeschäft enthalten sind, wie beispielsweise Fremdwährungs-Basis-Spreads bei Fremdwährungsrisiken, nicht länger auch dem Grundgeschäft zugeschrieben werden (vgl. IFRS 9.B6.5.5). Insofern ist die unter IAS 39 häufig praktizierte Forward-to-Forward Designation bei Anwendung von Hedge Accounting (auch Full Fair Value) weitergehend zu hinterfragen und erscheint insbesondere für Fremdwährungsrisiken nicht länger unverändert möglich.

Neben der Konkretisierung der Wertänderungen des gesicherten Grundgeschäfts wurde jedoch eine alternative Möglichkeit geschaffen, unvermeidbare Bestandteile der Wertänderungen der Sicherungsinstrumente in Übereinstimmung mit dem (ökonomischen) Risikomanagement zu bilanzieren. In Anlehnung an eine Optionsprämie (entspricht zumeist dem Zeitwert), welche von Unternehmen als eine Art Versicherungsprämie (Kosten der Absicherung) einer Risikoposition angesehen werden, ermöglicht IFRS 9 auch bilanziell eine Behandlung des Zeitwerts als Art Versicherungsprämie bzw. Kosten der Absicherung (sog. cost of hedging-Ansatz; vgl. IFRS 9.B6.5.29ff.). 

Das Konzept der Kosten der Absicherung sieht vor, dass der Zeitwert einer Option bzw. die Terminkomponente eines Terminkontrakts und/oder eventuelle Fremdwährungs-Basis-Spreads von der Designation als Sicherungsinstrument ausgenommen und separat als Kosten der Absicherung bilanziert werden (vgl. IFRS 9.6.5.15f.). Insofern stellt der nicht designierte Bestandteil des Derivats keinen originären Bestandteil des designierten Sicherungsinstruments dar und hat keine weitergehenden Auswirkungen auf die Effektivität der Sicherungsbeziehung.1

Bei Designation des inneren Werts einer Option ist die Anwendung des cost of hedging-Ansatzes verpflichtend (vgl. IFRS 9.6.5.15). Demgegenüber besteht bei einer Designation der Kassakomponente eines Terminkontrakts das Wahlrecht, die Terminkomponente und/oder den Fremdwährungs-Basis-Spread als Kosten der Absicherung zu bilanzieren (vgl. IFRS 9.6.5.16). Wie bereits erwähnt, differenzieren die Vorschriften bzgl. der Kosten der Absicherung grundsätzlich nicht in unterschiedliche Hedge Accounting-Klassifizierungen, so dass dieser auch auf Fair Value Hedges angewendet werden kann. 

Zumeist wird die Verwendung des cost of hedging-Ansatzes nur im Zusammenhang mit der Designation von Cash Flow Hedges bzw. Hedges of a net investment in a foreign operation diskutiert, nicht jedoch im Zusammenhang mit Fair Value Hedges. Die auf Cash Flow Hedges bzw. Hedges of a net investment in a foreign operation reduzierte Diskussion lässt sich dadurch begründen, dass die Bewertungskonzeption in Form einer erfolgsneutralen Erfassung der Wertänderungen des Sicherungsinstruments bei Anwendung des cost of hedging-Ansatzes beibehalten wird und auch hier die jeweiligen Wertänderungen der Terminkomponente/Zeitwertkomponente erfolgsneutral in einer separaten Rücklage im Eigenkapital erfasst werden (sog. cost of hedging reserve). Infolgedessen kommt es bei der Anwendung des cost of hedging-Ansatzes für Fair Value Hedges (beispielsweise Spot-to-Spot Designation) zu der Situation, dass die Wertänderungen des Sicherungsinstruments nach zwei unterschiedlichen Bewertungskonzeptionen bilanziert werden. Die designierten Wertänderungen des Sicherungsinstruments sind gemäß den Vorschriften zum Fair Value Hedge Accounting erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Zur Erinnerung: beim Fair Value Hedge Accounting wird allgemein die Bewertungskonzeption des Grundgeschäfts und nicht die des Sicherungsinstruments durchbrochen und anhand einer synchronen Erfassung der kompensierenden Wertänderungen von Grund- und Sicherungsinstrument ergeben sich bei vollständiger Effektivität in Summe keine Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. IFRS 9.6.5.8). Dementgegen wird unter dem cost of hedging-Ansatz die Bewertungskonzeption für die nicht designierten Wertänderungen des Sicherungsinstruments durchbrochen, so dass diese zunächst erfolgsneutral in der cost of hedging reserve erfasst werden (können).

Die Reklassifizierung der in der cost of hedging reserve kumulierten Wertänderungen hat in Abhängigkeit des Grundgeschäfts zu erfolgen, wobei zwischen zeitraumbezogenen und zeitpunktbezogenen Grundgeschäften zu unterscheiden ist (vgl. IFRS 9.6.5.15f.; IFRS 9.B6.5.29; IFRS 9.B6.5.34). 

  • Zeitraumbezogene Grundgeschäfte beeinflussen die GuV über einen gewissen Zeitraum, der in der cost of hedging reserve kumulierte Betrag wird als Teil der Kosten für die Absicherung einer Risikoposition angesehen und über den Zeitraum der Erfolgswirkung des Grundgeschäfts reklassifiziert. Ein Beispiel hierfür ist die Absicherung eines Commodity-Vorratsvermögens über einen Zeitraum von 9 Monaten.
  • Zeitpunktbezogene Grundgeschäfte beeinflussen die GuV zu einem definierten Zeitpunkt, der in der cost of hedging reserve kumulierte Betrag wird als Teil der Kosten der Transaktion angesehen und zum Zeitpunkt der Erfolgswirkung des Grundgeschäfts reklassifiert. Als Beispiel lässt sich der erwartete Kauf von Commodities anführen.

Die Umsetzung des cost of hedging Ansatzes im Rahmen von Fair Value Hedges ermöglicht eine Neueinschätzung bisher nicht bilanziell designierter Sicherungsstrategien wie beispielsweise die (bilanzielle) Absicherung des Vorratsvermögens im Commodity-Bereich. Während unter IAS 39 jeweils eine nicht planbare Volatilität aus der Terminkomponente des Sicherungsinstruments zwingend in der GuV erfasst werden musste, können die Wertänderungen der Terminkomponente unter IFRS 9 über die Laufzeit der Sicherungsbeziehung verteilt und somit ungeplante Volatilitäten vermieden werden.2

Des Weiteren sind im Zusammenhang mit den Anwendungsvoraussetzungen weitergehende Neuerungen zu beachten. Im Allgemeinen können zum Nachweis der Effektivität bzw. des wirtschaftlichen Zusammenhangs die gleichen Methoden angewendet werden, die auch unter IAS 39 Verwendung fanden. In Bezug auf Fair Value Hedge Accounting unter IFRS 9 lassen sich die folgenden Erleichterungen für die Effektivitätsbeurteilung feststellen: 

  • Für den critical terms match bedarf es nicht länger einer vollständigen Übereinstimmung der wesentlichen Bewertungsparameter, stattdessen ist nunmehr eine weitestgehende Übereinstimmung (closely aligned) ausreichend (vgl. IFRS 9.B6.4.14). 
  • Neuerdings kann auch für Fair Value Hedges die hypothetische Derivate-Methode als Effektivitätsnachweis herangezogen werden, während dies unter IAS 39 als fragwürdig angesehen wurde (vgl. KPMG Insights 16th. ed. (2019/2020) 7I.7.630.50).

Hinsichtlich der Effektivitätsbeurteilung ist hervorzuheben, dass in der Praxis häufig in Verbindung mit dem Wegfall des vormals unter IAS 39 geforderten retrospektiven Effektivitätstests eine nicht länger notwendige Berechnung der (retrospektiven) Ineffektivität geschlussfolgert wird. Dieser Sichtweise kann jedoch nur in sehr restriktiven Fällen gefolgt werden, denn grundsätzlich bedarf es auch weiterhin einer quantitativen Ermittlung der Wertänderungen von Grund- und Sicherungsinstrument zur Erstellung der Buchungssätze (vgl. IFRS 9.6.5.8). In diesem Sinne ist es zwar zu einem Wegfall des retrospektiven Effektivitätstests mitsamt Bandbreite von 80 – 125 % gekommen (vgl. IAS 39.88(d); IFRS 9.BC6.237), nichtsdestotrotz ist eine quantitative Ermittlung der Wertveränderungen wie bisher unerlässlich. 

Gerne stehen Ihnen für Ihre Fragestellungen die Bilanzierungsexperten des Finanz- und Treasury Management Teams zur Verfügung und zeigen Ihnen unterschiedliche Möglichkeiten der bilanziellen Abbildung von Sicherungsbeziehungen für Ihr Geschäftsumfeld auf. 

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1 Unter der Effektivität einer Sicherungsbeziehung, werden die sich gegenläufigen Wertänderungen von designiertem Grund- und Sicherungsinstrument verstanden, wobei die Wertänderungen der Terminkomponente, Fremdwährungs-Basis-Spread bzw. Zeitwert nicht berücksichtigt werden. Ungeachtet dessen kommt es jedoch bei Verwerfungen der Sicherungsbeziehung, das heißt keine Übereinstimmung der wesentlichen Bewertungsparameter, zu entsprechenden Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung.

2 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der cost of hedging Ansatz nur auf das sogenannte grundgeschäftsbezogene Terminelement (aligned forward element) bzw. Zeitwertkomponente (aligned time value) angewendet werden kann. Bei Übereinstimmung der bewertungsrelevanten Parameter ist die Ermittlung eines angepassten Terminelements bzw. Zeitwertkomponente nicht erforderlich. Sollte keine Übereinstimmung der wesentlichen Bewertungsparameter von Grund- und Sicherungsinstrument vorliegen, bedarf es der Ermittlung des grundgeschäftsbezogenen Terminelements bzw. Zeitwertkomponente. In Abhängigkeit der betragsmäßigen Differenzen und ob es sich um bedingtes oder unbedingtes Sicherungsinstrument handelt sind unterschiedliche Buchungsroutinen zu implementieren (vgl. IFRS 9.B6.5.33, IFRS 9.B6.5.38).

 

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 104, September 2020

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