Das Thema Nachhaltigkeit kommt nach und nach auch in Treasury-Abteilungen an. Immer häufiger begeben Unternehmen sogenannte Green Bonds oder grüne Schuldscheindarlehen. Hier handelt es sich üblicherweise um Finanzierungen, deren Erlöse nachhaltig verwendet oder auch in konkret genannte grüne Projekte investiert werden müssen.

Daneben tauchen aber auch vermehrt Sustainability-Linked-Bonds oder auch generell der Begriff „ESG-linked“ bei Finanzierungen auf. Dabei handelt es sich um Instrumente, mit denen wir uns in diesem Artikel näher beschäftigen wollen. Während bei Green Bonds im Wesentlichen eine Zweckbindung der erlösten Mittel vorliegt, beinhalten ESG-linked-Verträge Klauseln, die sich auf unterschiedliche ESG-Ziele beziehen können. Beispiele für diese ESG-Ziele sind etwa eine Reduzierung des CO2-Fußabdrucks des Unternehmens oder das Erreichen eines bestimmten ESG-Ratings.

Wir wollen uns hier damit auseinandersetzen, welche bilanziellen Aspekte bei diesen Arten von Finanzierung berücksichtigt werden müssen und beleuchten diese daher mit Blick auf die Anforderungen des IFRS 9. 

ESG-linked Finanzinstrumente auf der Aktivseite

Befinden sich ESG-linked-Bonds auf der Aktivseite eines Unternehmens, so hat nach dem IFRS 9 unter anderem eine Analyse dahingehend zu erfolgen, ob diese Instrumente das SPPI-Kriterium („solely payments of principal and interest“) erfüllen, das heißt ob ein sogenanntes ‚basic lending arrangement‘ vorliegt, welches im Wesentlichen die Rückzahlung von Nominal und Zinsen vorsieht. Eine Kopplung der Höhe oder des Zeitpunkts von Zahlungen an ESG-Kriterien stellt auf den ersten Blick kein basic lending arrangement dar. Aktuelle Diskussionen drehen sich daher um die Fragestellung, ob die Kopplung des Zinses an ESG-Kriterien möglicherweise eine Kompensation für das Ausfallrisiko des Unternehmens darstellen könnte, welches die Erfüllung der Anforderungen an ein basic lending arrangement erleichtern würde. Ohne einen expliziten Nachweis dafür führen die Regelungen des IFRS 9 ansonsten zu einer erfolgswirksamen Bilanzierung des Instruments zum Fair Value.

ESG-linked Finanzinstrumente auf der Passivseite

Industrieunternehmen werden diese Produkte jedoch häufig eher zur eigenen Finanzierung des Unternehmens einsetzen, so dass diese sich dann auf der Passivseite befinden. Während der IFRS 9 sehr viele Regelungen für die Aktiv-Seite neu eingeführt hat, sind diese für die Passivseite weitestgehend unverändert geblieben. Werden diese ESG-linked Finanzierungen wie üblich at amortized cost bilanziert, so hat bei Begebung eine Analyse dahingehend zu erfolgen, ob zum einen eingebettete Derivate enthalten sind und ob diese trennungspflichtig sind.

Für das Vorliegen eines eingebetteten Derivats muss zunächst gewürdigt werden, ob für eine vorliegende Klausel die Derivate-Definition erfüllt ist. Eine Kopplung des Zinssatzes an ein bestimmtes Event oder an eine bestimmte Variable erfüllt auf den ersten Blick die Kriterien eines Derivats. Dies gilt jedoch nicht für den Fall, wenn es sich um eine nicht-finanzielle Variable handelt, die spezifisch für eine Vertragspartei ist. 

Eine Kopplung des Zinssatzes zum Beispiel an den Recycling-Anteil von eingesetzten Materialien wird typischerweise eher eine nicht-finanzielle Variable, die spezifisch für eine der Vertragsparteien ist, sein. Eine Kopplung des Zinssatzes an die Kursentwicklung eines konkreten ESG-Index, wie zum Beispiel dem DAX ESG 50, wäre ein Beispiel für eine Klausel, die die Kriterien eines Derivats erfüllt und diese wird in den meisten Fällen trennungspflichtig sein.

Im zweiten Fall, das heißt bei Vorliegen eines trennungspflichtigen eingebetteten Derivats, erfolgt die Ersterfassung durch Erfassung sowohl des eingebetteten Derivats als auch des host contracts getrennt in der Bilanz. Das Derivat muss zu jedem Stichtag erneut zum Fair Value bewertet werden.

Aber auch der erste Fall, das heißt es liegt kein trennungspflichtiges eingebettetes Derivat vor, ist bezüglich der Folgebilanzierung nicht trivial. In diesem Fall wird der komplette Vertrag als finanzielle Verbindlichkeit at amortized cost erfasst, es wird somit die Effektivzinsmethode angewendet. Der Effektivzins wird bei Erstansatz anhand der zu diesem Zeitpunkt erwarteten Cash Flows ermittelt. Ändert sich in Zukunft die Einschätzung, ob die Recycling-Quote erreicht wird, so führt dies nicht zu einer Anpassung des Effektivzinses, sondern zu einer erfolgswirksamen Anpassung des Buchwerts der finanziellen Verbindlichkeit. 

Auswirkungen auf Hedge Accounting und die Notes

Mittlerweile werden nicht nur originäre Finanzinstrumente mit Nachhaltigkeitsklauseln, sondern auch dazu passende ESG-linked-Derivate abgeschlossen. Typischerweise stellt sich dann die Frage, ob diese wie plain-vanilla Derivate auch im Hedge Accounting designierbar sind. Die erste Herausforderung dafür lässt sich schnell beurteilen: Ist das Unternehmen überhaupt in der Lage, das ESG-linked-Derivat zu bewerten? Auch spielt bei der Designation eine wichtige Rolle, ob die ESG-Klausel als trennungspflichtiges Derivat herausgetrennt wurde oder nicht, da dies Auswirkungen auf das zu designierende Grundgeschäft hat. 

Wie bei allen Bilanzierungsthemen sollte die abschließende Beurteilung erst mit der Überlegung enden, ob es besondere Vorgaben für die Darstellung im Geschäftsbericht gibt. Zum Beispiel sind bei der Ermittlung von Fair Values die vertragsspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen. Auch könnten Green Bonds oder ESG-linked-Finanzinstrumente eine eigene Klasse gemäß IFRS 7 darstellen, so dass diese gesondert ausgewiesen werden müssen. 

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 127, November 2022
Autoren:
Ralph Schilling, CFA, Partner, Head of Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG 
Andrea Monthofer, Senior Managerin, Finance and Treasury Management, Treasury Accounting & Commodity Trading, KPMG AG