Auf dem Weg in die digitale Treasury-Welt ist die Nutzung eines möglichst vollautomatisierten Treasury Management Systems das Fundament. Treasurer schätzen die dadurch gewonnene Transparenz und Verfügbarkeit von globalen Unternehmensdaten in Echtzeit, was gerade in den heutigen Zeiten mit globalen Krisen einen erheblichen Mehrwert für deren Bewältigung bietet. Die Erleichterung der täglichen Arbeitsabläufe und damit eine Steigerung der Produktivität mittels Optimierung bestehender Prozesse durch die Einführung einer unternehmensgeeigneten TMS-Lösung unterstreicht deren Unverzichtbarkeit für ein effizientes und zeitgemäßes Treasury. Die dadurch erzielte Zeitersparnis kann genutzt werden, um sich strategischen Aufgaben zu widmen. Nicht zuletzt trägt eine damit einhergehende Automatisierung dazu bei, Fehlerquellen auszuschalten, die Sicherheit gegenüber Fraud-Risiken zu erhöhen und das Risikomanagement zu optimieren. 

In unserer letzten Ausgabe der „KPMG Corporate Treasury News“ beleuchteten wir die „Anforderungen beim Auf- & Ausbau einer modernen Treasury Funktion“ aus der gesetzgeberischen und regulatorischen Perspektive. Hat sich ein Unternehmen nach einer ausführlichen Analyse der inhaltlichen Systemanforderungen zu einer TMS-Einführung oder einem Upgrade entschlossen, gilt es, das Projekt umzusetzen. Eine der Herausforderungen und ein essenzieller Bestandteil einer TMS Implementierung bzw. eines Upgrades stellt die Testphase dar. Hierbei ist insbesondere ein dezidiertes Testmanagement, welchem wir uns in diesem Artikel fortfolgend widmen, über den Erfolg und Misserfolg des Projektes mit entscheidend. 

Notwendigkeit der strategischen Neugestaltung des traditionellen Testmanagements

Verzögerungen im Laufe des Projektes gehen häufig zu Lasten der Testphase. Falschbuchungen, fehlerhafte Bewertungen, Zahlungsunfähigkeit, Verstöße gegen Compliance-Richtlinien – dies sind nur einige Beispiele, die durch unzureichendes Testen auftreten können und große Auswirkungen haben. 

Wo ein typischer und mittlerweile in die Jahre gekommener Testprozess noch mit Dokumentations- und Abstimmungsproblemen oder auch Intransparenz zu kämpfen hatte, beschreitet ein zeitgemäßes und auf die Testbedürfnisse des jeweiligen Projektes abgestimmtes Testmanagement neue Wege. Automatisierung, Cloud- und plattformbasierte Testmanagement Software sowie KPI-Tracking bilden die Hauptpfeiler bei der Neugestaltung des traditionellen Testmanagements.

Die Vorteile einer TMS-Veränderung im Blick, bietet ein moderner Testmanagement-Ansatz die ideale Möglichkeit, den Herausforderungen einer TMS-Implementierung oder eines Upgrades entgegenzutreten. So bricht ein modernes Testmanagement auch mit der typischen, strickten Phasentrennung des traditionellen Testens in Test-Planung, Test-Vorbereitung, Test-Ausführung mit dem entsprechenden Fehlermanagement und die dazugehörige Test-Dokumentation. Mittels Korrekturschleifen innerhalb des Test-Prozesses werden flexible und agile Managementansätze ermöglicht und Dokumentationen sowie Fehlermanagement projektbegleitend und semi-automatisiert sichergestellt. 

Moderne Lösungsansätze für klassische Herausforderungen

Die Projekterfahrung aus den letzten Jahren zeigt, dass bei Testplanung und Vorbereitung insbesondere auf die Zeitkomponente zu achten ist, da Testvorbereitung, -durchführung und Fehlerbehebung oft unterschätzt und die Projekt-Timeline nachträglich verzerrt wird. Nicht selten kommt es bei Systemimplementierungen zu Verzögerungen und Neuausrichtung der Projektzeiten - zum Leidwesen der Testaktivitäten. Eine verkürzte Testlaufzeit wirkt sich häufig auf den Abdeckungsgrad der Funktionalitäten sowie die Testdokumentation aus. Die resultierende Bedeutung für die Jahresabschlussprüfung und Folgeanpassungen des Systems nach Go-Live sollten hierbei als Warnung hinsichtlich einer übereilten Kürzung von Testaktivitäten dienen und zur Einrichtung eines agilen Zeitpuffers mahnen.

Individuell für den Kunden zugeschnittene BI-Lösungen schaffen hier Abhilfe. Sie ermöglichen nicht nur die virtuelle Modellierung von Prozessketten sowie Testabläufen und fördern die Transparenz und das Verständnis innerhalb der Projektteams, sondern ermöglichen mittels heuristischer Zeitschätzer für Testschritte, Systemübergänge und Teilprojektbereiche auch detaillierte sowie präzise Zeitschätzungen für Testdurchläufe.

In den wenigsten Projekten kann tatsächlich auf bestehende, vollständig dokumentierte Testfälle zurückgegriffen werden, wodurch die Erstellung der Testfälle für die unterschiedlichen Testthemen und -phasen der erste Schritt ist. Dieser sollte bereits frühzeitig beginnen, um den Bogen von den ursprünglichen fachlichen Anforderungen zum letztendlichen Ergebnis im TMS zu spannen. Häufig wird bei der Erstellung der Testfälle nach dem Null-Eins-Prinzip gearbeitet, in dem eine Testfallbeschreibung als „nicht fertig“ oder „fertig“ gekennzeichnet wird. Außerdem wird versucht, mit einem Testfall, möglichst viele Themen abzudecken, was die Beurteilung der Auswirkung von Fehlern im Rahmen der Testdurchführung erschwert. 

An dieser Stelle werden im modernen Testmanagement, KPIs mit dem zugehörigen Monitoring und Reporting eingeführt, welche über die klassische Trennung „Go-Live relevant“ und „Nicht Go-Live relevant“ hinausgehen. Folgende Beispiele an KPIs erhöhen die Transparenz und sorgen für mehr Sicherheit:

  • Anzahl der Akzeptanz-Kriterien für jede fachliche Anforderung
  • Anzahl der Testfälle für jedes Akzeptanz-Kriterium
  • Anzahl der Akzeptanzkriterien, die ein Testfall abdeckt
  • Anzahl der fachlichen Anforderungen, die ein Testfall abdeckt
  • Qualitätsstufen der Testfallbeschreibung, zum Beispiel rein fachlich, schrittweise Umsetzung im TMS
  • Verwendung des Testfalls, zum Beispiel Funktional Test, Integrationstest, User Acceptance Test

Diese KPIs lassen sich in einem modernen Testmanagement System bedarfsgerecht konfigurieren und mittels eines grafisch aufbereiteten Reportings adressatengerecht und übersichtlich darstellen. Dies unterstützt die Qualitätssicherung der Testfälle und ermöglicht es dem Projekt-Management frühzeitig auf eventuell vorhandene Ressourcen-Engpässe zu reagieren.

Die Phase der Test-Ausführung und des entsprechenden Fehlermanagements ist oft von Abstimmungsproblemen und Unklarheit in Bezug auf Verantwortlichkeiten geprägt. Aufgaben, die durch das Testen selbst, der Fehlerbehandlung oder das Tagesgeschäft entstehen, müssen klar und personenbezogen ins Team kommuniziert werden und tagesscharf verfolgbar sein. Dashboards mit aktualisierenden Tasks und Timeline-Auflistungen sind im Testbetrieb unerlässlich und müssen sinnvoll in die genutzte Arbeitsumgebung integriert werden. Ein verwandter aber nicht minder wichtiger Bestandteil der Testphase stellt auch das teaminterne sowie Management-Reporting dar. Nur bei transparenter Berichterstattung an das Projektteam, lassen sich Fortschritt, Blocker und Problemlösungen effizient und priorisiert tracken und steuern. 

Hier zeichnet sich ein transparentes und semi-automatisiertes Reporting aus heutiger Sicht als unverzichtbar ab. Insbesondere die Integration von Cloud-Lösungen und Reporting-Tools ermöglichen die Nutzung von Symbiose-Effekten. Fortschritte, Themen-Priorisierung sowie zeitliche Rückstände von Teilprojektteams und lineare Fortschreibung der momentanen Fortschrittsgeschwindigkeit für Planungszwecke können graphisch und tabellarisch aufbereitet und in regelmäßigem Turnus transparent in die Projektrunde kommuniziert werden. Dies erlaubt Verständnis und Akzeptanz für die Projektverläufe sowohl auf Unternehmens- als auch auf Hersteller-Seite und ermöglicht aufbauende, agile Anpassungen der Projektphasen an Projektentwicklung und Fehleraufkommen. Hier hilft ebenfalls die Einführung von KPIs wie beispielsweise Go-Live Relevanz, Testabdeckung von Prozessen oder Priorität, welche auf Test-Fall Ebene etabliert und als Basis für Analyse und Auswertungsschleifen verwendet werden.

Aufbereitung und Tracking des Testbestandes, Testfortschritts und Fehler-Aufkommens stellen sinnvolle Erweiterungen der Plattform-Lösung dar, um im Projekt-Monitoring und Status-Reporting zeitgemäße Wege zu beschreiten. Das unternehmensseitige Qualitätsmanagement profitiert ebenfalls von einem präzisen und zweckgemäß dokumentierten Test. Verschiedene Testphasen können hierbei aufeinander abgestimmt und Änderungen im Testprozess oder auch auf funktionaler Ebene hervorgehoben und in Bezug auf Risikomanagement-Aspekte beurteilt werden. Die Dokumentation der verschiedenen Testschritte lässt sich mittels einer Zuweisung von KPIs wie Teilprojekt-Zugehörigkeit, Priorisierung oder Prozessabdeckung auf Test-Case Ebene anreichern. Managementseitige Aus- und Bewertung von Testfortschritt und Fehler-Aufkommen profitiert hiervon ebenso wie der ausführende Tester und das Projekt Reporting. 

Oft lässt sich eine solche Cloud- oder plattformbasierte Lösung zusätzlich mit einem Kanban Board verbinden, was eine klare Aufgaben-Zuweisung und Monitoring erleichterten. Damit haben sowohl die einzelnen Mitarbeiter*innen als auch das Management Transparenz über die aktuelle Situation und die zukünftige Entwicklung, was wiederum ein pro-aktives Agieren ermöglicht und nicht nur ein Reagieren auf bereits eingetretene kritische Herausforderungen.

Zuletzt stellt die auditgerechte und teamübergreifende Dokumentation der Testdurchführung eine klassische Herausforderung des Testmanagements dar. So dienen TMS-Systeme beispielsweise als Datengrundlage für ERP-Systeme und die daraus erwachsende Bilanzierungsrelevanz ist stets in die Implementierungsplanung und Audit Compliance einzubeziehen. Folglich gilt es, die Systemdaten im Zuge der zahlreichen Testabschnitte vollumfänglich zu prüfen und zu dokumentieren, um eine reibungslose Systemverwendung zu gewährleisten sowie den Anforderungen der Jahresabschlussprüfung gerecht zu werden. 

Hierbei steht nicht nur die Vollständigkeit, sondern insbesondere auch ein angemessener Detailgrad im Vordergrund. Dieser erfordert einheitliche Richtlinien für unterschiedliche Testphasen und eine Absprache bei aufeinanderfolgenden Testbestandteilen unterschiedlicher Teilprojekte. Cloud- oder plattformbasierte Lösungen ebnen an dieser Stelle mittlerweile den Weg für eine audit-gerechte Dokumentation, indem diese direkt bei den jeweiligen Testschritten ergänzt werden kann. 

Erfolgsfaktoren eines exzellenten Testmanagements

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der Markttrend in Richtung eines automatisierten agilen Testmanagements bewegt und sich von einem traditionellen und primär manuellen Testmanagement entfernt. Es gibt mittlerweile eine Auswahl an unterstützenden Tools, die in Bezug auf Anforderungsmanagement, der Testplanung, dem Funktions- und Performance-Test sowie dem Fehlermanagement nicht zu unterschätzenden Mehrwert bieten. BI-Lösungen unterstützen außerdem bei der Prozessmodellierung und ermöglichen ein State-of-the-Art Reporting sowie Dokumentationen auf allen Testebenen.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 121, Mai 2022
Autoren:
Nils Bothe, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory,KPMG AG
Karin Schmidt, Senior Managerin, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG