Fallstudie zum IFRS 9
Die Umsetzung des Expected Credit Loss-Modells nach IFRS 9 stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen. Wir zeigen in einem Anwendungsbeispiel für den Simplified Approach auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, wie die Umsetzung in der Praxis aussehen kann und welche Ansätze sich für eine Automatisierung bieten.
Das neue Impairment-Modell des IFRS 9 sieht eine Risikovorsorge für erwartete Kreditausfälle vor, was eine Abkehr vom bisherigen Ansatz auf Basis eingetretener Verluste darstellt. Die Bilanzierung rückt somit näher an das zukunftsorientierte Kreditrisikomanagement und macht ein Modell zur Bewertung von Kreditausfallrisiken für sämtliche Finanzaktiva, die nicht zum Marktwert bewertet werden, erforderlich.
Im heutigen Artikel fokussieren wir auf die Umsetzung des vereinfachten Ansatzes („Simplified Approach“), der unter anderem für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Vertragsvermögenswerte nach IFRS 15 zum Einsatz kommt. Die grundsätzlichen Rahmenbedingungen haben wir bereits in einem früheren Newsletter dargestellt.
Der IFRS 9 macht keine Vorgaben zur konkreten Modellgestaltung. In der Praxis kommen vor allem zwei Ansätze zur Ermittlung der ECL („Expected Credit Losses“) vor:
Beiden Ansätzen gemein ist, dass sie wahrscheinlichkeitsgewichtet sind und um zukunftsgerichtete, makroökonomische Faktoren („Forward Looking Information“) zu adjustieren sind. In vielen Fällen sind historische Daten des Unternehmens nicht repräsentativ, weil konjunktur- oder geschäftsmodellbedingt nur geringe Ausfälle vorliegen. Der IFRS 9 lässt jedoch eine reine Fortschreibung der Vergangenheit nicht zu, das heißt, dass auch für Kunden mit guter Bonität immer eine gewisse prozentuale Ausfallwahrscheinlichkeit besteht. In anderen Fällen lassen die im Finanzbuchhaltungssystem (ERP) verfügbaren Buchungsdaten eine granulare Auswertung von historischen Ausfalldaten nicht zu. Aus diesen Gründen bietet sich die Verwendung eines Bewertungsmodells an, bei dem die Ermittlung der ECL auf Basis von Ausfallwahrscheinlichkeiten erfolgt, welche auf den Forderungsbestand angewendet werden.
Wie dieses Modell für Corporates in drei Schritten umgesetzt werden kann, schauen wir uns im Folgenden anhand eines Anwendungsbeispiels an.
Damit die Impairment-Ermittlung nach IFRS 9 keine theoretische Abhandlung bleibt, sollte für die Umsetzung eine optimale Integration des Modells in die rechnungslegungsrelevanten Prozesse und IT-Systeme betrachtet werden.
Je nach ERP-Landschaft und Konzernstruktur sind für den Buchungsprozess sowohl Top-Adjustments in der Konzernbilanz als auch ein Push-Down in die lokalen ERP-Systeme denkbar. Hierbei sind Prozesseffizienz und Fehlerrisiko abzuwägen. So findet sich in der Praxis oftmals die initiale Datenerhebung und Modellierung im Group Accounting, welches die Daten für die Risikovorsorge zentral über standardisierte Reports in das ERP oder Berichtssystem einspielt. Hierüber können lokale Gesellschaften auf die vorgegebenen Daten zugreifen und diese in einer konsistenten Logik auf die lokalen Bestände anwenden und buchen.
Herausforderungen für eine Automatisierung ergeben sich in der Praxis vor allem bei Daten, die bislang nicht für Abschlusszwecke herangezogen wurden, wie Kundendetails oder Vertragslaufzeiten. Um zusätzliche manuelle Abfragen und aufwändiges Datenmapping zu vermeiden, sollte das Ziel sein, alle regelmäßig zu erhebenden Daten für Abschluss und Anhang standardisiert im ERP oder in den Reportingpackages zu integrieren. Im Rahmen der Umsetzung empfiehlt sich die frühzeitige Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer nicht nur in Hinblick auf die Methodik, sondern auch für die Integration in die rechnungslegungsrelevanten Prozesse, IT-Systeme und das interne Kontrollsystem.
Je nach Datenverfügbarkeit und Schnittstellen zu externen Anbietern sind derzeit bereits vollautomatisierte Impairment-Lösungen umsetzbar, die eine hohe Datenqualität und effiziente Prozesse sicherstellen.
Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 81, Juni 2018
Autor: Christian Pfeiffer, Manager, Finance Advisory, christianpfeiffer@kpmg.com
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