MwSt-Senkung: Im Handel & bei Konsumgütern MwSt-Senkung: Im Handel & bei Konsumgütern
Keyfacts
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Aufgrund der Steuersatzänderung in Deutschland besteht dringender Handlungsbedarf
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Der Handlungsbedarf umfasst neben der systemseitigen Umsetzung auch die prozessuale Abbildung
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Es bestehen branchenspezifische Themen, deren Abbildung zu weiterer Komplexität führt
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Um diese branchenspezifischen Themen zu identifzieren und rechtssicher abzubilden verbleibt wenig Zeit
Senkung der Mehrwertsteuersätze im 2. Halbjahr 2020
Die generelle Senkung der Mehrwertsteuersätze in Deutschland für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 (von 19% auf 16% und von 7% auf 5%) ist einer der Eckpunkte des am 3. Juni 2020 veröffentlichten Konjunkturpaket.
Was bedeutet dies für den Handel?
Obwohl die auf der Weitergabe der Steuersatzsenkung beruhende, avisierte Kaufkrafterhöhung eine Chance für den Einzelhandel darstellt, muss sich die Branche angesichts der Kurzfristigkeit, vieler noch nicht geklärter Einzelheiten zur Umsetzung, der handelsspezifischen Besonderheiten sowie der direkten Interaktion mit dem Endverbraucher im Massengeschäft vielfältigen Herausforderungen stellen. Daraus ergeben sich sowohl für den stationären als auch für den Online-Handel eine Vielzahl umsatzsteuerlicher Herausforderungen. Grund dafür sind Branchenspezifika wie beispielsweise umfangreiche Umtauschmöglichkeiten, das Angebot von Gutscheinen und Kundenbindungsprogrammen, die Realisierung von Pfandsystemen sowie die seit Anfang des Jahres geltende Belegausgabepflicht. Aber auch die im Verhältnis zum Lieferanten üblicherweise abzuwickelnden Konditionen, Rückvergütungen und Boni müssen Berücksichtigung finden.
Sind die Preise anzupassen?
So würde beispielsweise eine erforderliche Neukalkulation der Preise nicht nur Anpassungen bei der Auszeichnung, Bewerbung und Abrechnung der Produkte im stationären Handel, sondern auch im Online-Geschäft nach sich ziehen. Hier besteht jedoch für den Handel und Anbieter von Dienstleistungen unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit (§ 9 Abs. 2 Preisangabenverordnung), von einer Änderung der Gesamt- und der Grundpreisangabe abzusehen und die Mehrwertsteuersenkung durch einen Pauschalrabatt an den Verbraucher weiterzugeben. Dies gilt jedoch nicht für preisgebundene Artikel wie Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Zudem müssen Kassenbons, Quittungen und sonstige Abrechnungsdokumente dennoch angepasst werden, so dass taggenau für Umsätze ab dem 1. Juli 2020 bis einschließlich 31. Dezember 2020 eine korrekte Rechnungs- und Belegausstellung mit den zutreffenden Umsatzsteuersätzen erfolgen kann.
Welche Auswirkungen ergibt sich für die im Handel beliebten Gutscheine und Kundenbindungsprogramme?
Prozessual gilt es sicherzustellen, dass die im Handel beliebten Gutscheine umsatzsteuerlich zutreffend behandelt werden, was die Ausstellung als auch die Einlösung anbelangt (z. B. Einzweck- versus Mehrzweckgutschein; Ausstellung/Einlösung vor/in/nach dem 2. Halbjahr 2020). Hier stellt sich die Frage, ob zukünftig auch Gutscheine über eine konkretisierte Leistung deshalb als Mehrzweckgutscheine qualifizieren, weil der Umsatzsteuersatz bei Ausgabe der Gutscheine aufgrund des unklaren Einlösungszeitpunktes zumindest bei Verkauf vor Jahresende 2020 aufgrund der Umsatzsteuersatzsenkung nicht feststeht. Auch die Lieferung von Sachprämien im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen ist bei der prozessualen und systemischen Anpassung im Rahmen der Steuersatzsenkung zu berücksichtigen.
Vereinfachungen für Boni, Rückvergütungen und Konditionen
Die Umsatzsteuersatzsenkung kann schließlich auch bei der Abrechnung der im Handel üblicherweise vereinbarten Boni, Rückvergütungen und Konditionen zu zusätzlicher Komplexität führen, die es durch entsprechende systemische Vorkehrungen zu antizipieren gilt, auch wenn der Entwurf des BMF-Schreibens in diesem Bereich bestimmte Vereinfachungen (pauschale Zuordnung zu unterschiedlich besteuerten Ursprungsumsätzen) vorsieht.