• Patrick Schmucki, Director |

Finanzinstitute arbeiten intensiv an der Umsetzung des FIDLEG. Die ersten Monate haben gezeigt, dass die damit verbundenen Herausforderungen unterschätzt werden. Als Auftakt unserer sechsteiligen Blogserie präsentieren wir einen Überblick über die herausfordernsten Bereiche der Implementierung.

Segmentierung der Kundenbeziehungen

In vielen Instituten zeigt sich, dass sich die Segmentierung der Kundenbeziehungen in die drei FIDLEG-Segmente aufwändiger gestaltet als erwartet. Einerseits ergeben sich zahlreiche „Spezialfälle“ (e.g. Mehrfachkonten/Depots, Vollmachten, Verhältnisse mit externen Vermögensverwaltern). Andererseits stellt auch die IT-seitige Umsetzung der Segmentierungskriterien eine Herausforderung für viele Institute dar. Nicht selten bedarf es auch einer Kundeninteraktion für die Segmentierung. Sodann hat sich gezeigt, dass bezüglich dem Wechsel zwischen den Kundensegmenten (opting-in / opting-out) das Gesetz zwar Spielraum lässt, dieser jedoch in der Praxis zu sehr komplexen Lösungen führen würde.

Best Execution

Höher als erwartet ist der Handlungsbedarf im Bereich der Best Execution. Insbesondere die Anforderungen bzgl. die jährliche Überprüfung der Best Execution Grundsätze (Art. 21 Abs. 4 FIDLEV) werden in der Regel historische Datenanalysen in Bezug auf Ausführungspreise sowie eine Transaktionskostenanalyse (TCA) erfordern. Dies gilt auch für jene Fälle, wo ein Institut nur mit einem Broker zusammenarbeitet, denn das ausschliessliche Abstützen auf Zusicherungen des Brokers, sind nicht ausreichend. Weitere Herausforderungen können sich in Bezug auf die IT-Infrastruktur ergeben (e.g. Erfassung Börsenaufträge ohne Handelsplatz, Konfiguration der Systeme).

Lombardkredite

Obwohl Lombardkredite gem. bundesrätlicher Botschaft zum FIDLEG und dem Erläuterungsbericht zum FIDLEV im Fokus von Art. 3 lit. c Ziff. 5 FIDLEG standen, entspricht der Wortlaut der Bestimmung nicht dem landläufigen Verständnis von Lombardkrediten. So sind vom Geltungsbereich Kredite erfasst, welche „für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten“ vorgesehen sind (versus Kredite, welche durch Wertschriften besichert sind). Diese Auslegung rückt potentiell auch weitere Arten von Krediten in den Anwendungsbereich des FIDLEG, wie bspw. Kontokorrentkredite oder die Aufstockung von Hypothekarkrediten, sofern diese für den Kauf von Wertschriften verwendet werden. Da die Inanspruchnahme dieser Kreditarten oft anders verläuft als bei Lombardkrediten, kann sich die Erfüllung insbesondere der Informationspflichten praktisch schwierig gestalten.

Verwendung von Finanzinstrumenten von Kundinnen und Kunden

In der Praxis können in gewissen Konstellationen (ungedeckte) Geschäfte von Finanzinstrumenten vorkommen; wenn auch nur aufgrund technischer Gegebenheiten und nur für eine limitierte Zeitdauer mit entsprechend sehr geringem Risiko für die Kunden. Nichtsdestotrotz lässt das Verbot von ungedeckten Geschäften mit Finanzinstrumenten von Privatkunden nach Art. 19 Abs. 3 FIDLEG keine Ausnahmen oder Materialitätsüberlegungen zu. Ferner sind Custody-Systeme oftmals nicht in der Lage, Wertschriften konkreten Kunden zuzuordnen. Eine Zuweisung der Finanzinstrumente zu den einzelnen Kundensegmenten ist damit unmöglich und verhindert, dass zumindest die Bestände von professionellen und institutionellen Kunden verwendet werden könnten. Dies kann mitunter umfangreiche Anpassung der entsprechenden Handels- und/oder Custody-Prozesse notwendig machen.

Interessenkonflikte und Retrozessionen

Retrozessionen – speziell bei strukturierten Produkten – sind weiterhin bei vielen Instituten ein Balanceakt zwischen kommerziellen Interessen und Transparenz gegenüber dem Kunden. Gute und nachhaltige Lösungen lassen sich oft nur durch eine grundlegende Überarbeitung des Dienstleistungsangebotes und der damit verbundenen Preismodelle erzielen. Noch bliebe genügend Zeit, um entsprechende Anpassungen am Preismodell vorzunehmen, bevor die Übergangsfrist ausläuft. Viele Institute wollen aus verschiedenen Gründen jedoch an bestehenden Modellen festhalten. Es empfiehlt sich dennoch eine detaillierte Analyse vorzunehmen, um bei Bedarf und vor Auslaufen der Übergangsfristen handeln zu können.

FIDLEG und MiFID II

Finanzinstitute in der Schweiz, welche aufgrund ihres Bezuges zu Europa die Bestimmungen der MiFID II (bzw. Teile davon) bereits implementiert haben, werden sich auch für die FIDLEG-Umsetzung darauf abstützen wollen. Jedoch wurden auch die Anforderungen der EU-Regulatoren in den letzten 2 Jahren seit Inkrafttreten der MifID II verschärft bzw. die Auslegungsregeln konkretisiert. Dies führt dazu, dass sich Banken nebst der FIDLEG Umsetzung mit MifID-II Fragen befassen müssen. Konkret betrifft dies die Bereiche Retrozessionen, Best Execution oder Informations- und Rechenschaftspflichten (e.g. Ausweis von Kosten). Hier besteht für viele Banken entsprechender Nachholbedarf.

Was gilt es nun zu beachten?

Wie die dargestellten Beispiele zeigen, werden gewisse FIDLEG-Anforderungen sowohl hinsichtlich ihres Implementierungsaufwands, als auch bezüglich der damit verbundenen Auswirkungen auf das Geschäfts- und Servicemodell unterschätzt. Es empfiehlt sich deshalb die Ergebnisse der Analyse-Phase nochmals kritisch zu prüfen und gegebenenfalls Anpassungen oder aber auch ergänzende Analysen durchzuführen. Noch besteht ausreichend Zeit dafür.

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