Makroökonomische Umwälzungen verändern das Geschäft der Privatbanken

Es war ein sehr schwieriges Jahrzehnt für die Schweizer Privatbanken. Die Diskussionen um das Bankgeheimnis, das US-Steuerprogramm, die Steuertransparenz, die Negativzinsen und der Margendruck hatten insgesamt erhebliche Auswirkungen. Dennoch waren der Schweizer Finanzplatz und die Privatbanken im Allgemeinen erfolgreich.

Im Rahmen unseres jährlichen Clarity on Swiss Private Banks gehen wir im Interview mit Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff, ehemaliger Chefökonom der UBS, bzw. dem vormaligen Schweizerischen Bankvereins, der Frage nach, wie sich die Banken auf eine neue Realität mit steigenden Zinsen, Inflation und einer möglichen Rezession einstellen müssen. 

Es gibt eine Korrelation zwischen Unternehmenskultur und Performance bei Privatbanken.

Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff


Clarity on Swiss Private Banks - Interview with Prof. Dr. Klaus Wellershoff
Clarity on Swiss Private Banks - Interview with Prof. Dr. Klaus Wellershoff
Clarity on Swiss Private Banks - Interview with Prof. Dr. Klaus Wellershoff
Clarity on Swiss Private Banks - Interview with Prof. Dr. Klaus Wellershoff

Christian Hintermann: Wir haben viele Jahre einer expansiven Geldpolitik erlebt, während derer die Privatbanken in der Schweiz von boomenden Aktienmärkten profitieren konnten. Wie werden wir uns in Zukunft an diese Periode zurückerinnern?

Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff: Der Rückgang der Zinsen während der letzten Jahre war der ganz grosse Treiber, der die Vermögensverwaltungsbranche zu ihrem Höhenflug geführt hat. Sämtliche Assets in der Vermögensanlage werden anhand des Barwerts ihres zukünftig erwarteten Einkommensstroms bewertet, und wenn die Zinsen sinken, sind die verschiedenen Anlageklassen – ob Immobilien, Aktien oder Obligationen – einfach mehr wert.

Und diesen Rückenwind der fallenden Zinsen, den wir eigentlich seit Anfang der 1980er-Jahre erleben, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Jetzt bläst erstmal Gegenwind. 

Das geopolitische und makroökonomische Umfeld hat sich in den letzten Monaten dramatisch verändert mit einer Kombination von hoher Inflation, steigenden Zinsen, drohender Rezession, Krieg in Europa, Probleme in den Lieferketten und Unsicherheiten in der Energieversorgung. Wir stehen vor einem Umbruch mit grossen Auswirkungen auf die Vermögensverwaltungsbranche.

Ich sehe zwei Phasen der Entwicklung vor uns liegen. Die eine ist die Suche nach dem richtigen Niveau von Zins- und Assetpreisen. Die Zinsen werden mit Sicherheit höher liegen als heute. Denn langfristig muss die Verzinsung von Fremdkapital mindestens der Höhe der Inflationsrate entsprechen, was heute noch bei weitem nicht der Fall ist.Somit werden die Zinsen bestimmt noch weiter nach oben korrigiert werden. Zudem stellt sich die Frage, wo sich die Inflationsrate einpendeln wird. Von da an geht’s dann weiter, aber ohne Rückenwind.

Und dies wird einen enormen Selektionsdruck auf die Branche der Vermögensverwalter ausüben. Wir werden wieder viel mehr Jahre negativer Perfomance sehen. Nicht alles was man kauft, geht automatisch hoch in der Bewertung. 

Clarity on Swiss Private Banks - Interview with Prof. Dr. Klaus Wellershoff

Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff

Sprechen wir von eher einem «soft» oder «hard landing»?

Die Herausforderungen nach der ersten Phase der Einstellung eines neuen Gleichgewichts sind gewaltig. Wir haben bis Mitte Jahr bereits rund 20 Prozent des weltweiten Finanzvermögens verloren, und noch sind wir nicht am Ende der Korrektur.

Das neue makroökonomische Szenario zwingt Banken, Versicherungen und Pensionskassen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken. Damit einhergehend schwindet das Vertrauen in diese grossen institutionellen Finanzintermediäre. Das heisst, für die einen wird es ein «hard landing» werden.  


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