• Patrick Schmucki, Director |
  • Ulrich Prien, |

Immobilien tragen rund 40% zum Energieverbrauch in der Schweiz bei. Die Richtlinien stellen klar, wie Nachhaltigkeitsaspekte in das Beratungsgespräch einfliessen sollten, um einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. Erfolgskritisch dürfte das Angebot neuer Finanzierungsoptionen sein.

Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat neue Richtlinien zur Immobilienfinanzierung. Deren Hintergrund ist das Bestreben des Finanzplatzes, sich international als Sustainable-Finance-Zentrum zu positionieren und einen positiven Beitrag zu den Klimazielen des Bundesrates zu leisten. Im europäischen Kontext haben diese neuen Richtlinien gewisse Ähnlichkeiten mit den Anforderungen der «Guidelines on loan origination and monitoring» der European Banking Authority (Sektionen 4.3.5 und 4.3.6), welche seit dem 30. Juni 2021 in Kraft sind.

Anwendbarkeit

Die neuen Richtlinien der SBVg beziehen sich auf die Beratung von Privatpersonen durch Anbieter von Hypotheken zur Finanzierung von selbstbewohnten Immobilien. Die Richtlinien treten am 1. Januar 2023 in Kraft und sind für Mitglieder der SBVg zwingend einzuhalten. Für die Anwendung der neuen Richtlinien ist eine einjährige Übergangsfrist bis 1. Januar 2024 vorgesehen. Unter die neuen Vorgaben fallen neue sowie bestehende Finanzierungen.

Inhalt der Richtlinien

Die SVBg-Richtlinien legen einige zwingende Inhalte fest, die im Beratungsgespräch mit Kundinnen und Kunden erörtert werden müssen:

  • Einschätzung des absehbaren Erneuerungsbedarfs, um Eigentümer*innen zu motivieren, die Werterhaltung und Energieeffizienz ihrer Immobilie langfristig zu planen und umzusetzen.
  • Den Eigentümer*innen sollen die möglichen Finanzierungsoptionen aufgezeigt werden, um Erneuerungsmassnahmen umzusetzen. Hierbei sollte auch explizit Bezug auf verfügbare öffentliche und private Fördermassnahmen genommen werden. Das FAQ der SBVg nennt explizit Energiefranken, Energieschweiz, Gebäudeprogramm der Kantone, GEAK und Minergie.
  • Informationen zu unabhängigen Experten- und Fachstellen, welche eine spezifische Beratung im Zusammenhang mit Werterhaltung und Energieeffizienz anbieten.
  • Die Anbieter müssen eine angemessene und regelmässige Weiterbildung ihrer Kundenberaterinnen und Kundenberater sicherstellen.

Praktische Herausforderungen

Bezogen auf obige Inhalte bei der Beratung zur Immobilienfinanzierung sind folgende Herausforderungen absehbar:

  • Ausbildung: Die meisten Kundenberater*innen dürften nicht im Detail mit Fragen zur Energieeffizienz und den Auswirkungen des Klimawandels auf den Wert von Immobilien vertraut sein. Die Banken werden deshalb entscheiden müssen, ob sie dieses Wissen intern aufbauen oder sich auf einen externen Partner abstützen möchten. Ein sehr zentraler Aspekt bei der Beratung: Die Banken sollten künftig in der Lage sein, ihren Kund*innen die Zielkonflikte sowie die Vor- und Nachteile von nachhaltigerem Bauen unabhängig aufzuzeigen.
  • Auswirkungen auf den Kreditprozess: Insbesondere Banken, welche sich einem «Netto-Null-Ziel» verschrieben haben, könnten geneigt sein, von der Finanzierung gewisser Objekte abzusehen bzw. die Konditionen zu verteuern. Solche Massnahmen greifen jedoch zu kurz. Alternative Finanzierungsoptionen wie Transformationskredite oder die Finanzierung von konkreten Nachhaltigkeitslösungen können einen Beitrag zu einer effektiven CO2-Reduktion leisten. Im Hypothekengeschäft wären hier bspw. die Übernahme von Zertifizierungskosten oder zusätzliche Energieberatung denkbar und auch für beide Seiten gewinnbringend.
  • Bestehende Hypotheken: Eine kürzlich erschienene Studie hat ergeben, dass das grösste Potenzial für positive Veränderungen im Hypothekenmarkt eindeutig bei bestehenden Finanzierungen vorhanden ist, da Neubauten meist ohnehin einem hohen Nachhaltigkeitsanspruch genügen. Die Umsetzung bei diesen Finanzierungen dürfte sich allerdings als komplexes Unterfangen erweisen, da die Informationen über den Zustand der Objekte punkto Energieeffizienz oftmals erst noch beschafft werden müssen.

Was Anbieter jetzt tun sollten

Die neuen Richtlinien stellen eine Opportunität für die Stärkung der Rolle der Banken im Hypothekengeschäft dar. In einem Markt, in dem Vermittler und Plattformen immer mehr an Bedeutung gewinnen, ist dies eine Gelegenheit für die Banken, sich als verlässlicher und proaktiver Partner für die Eigenheimfinanzierung zu positionieren und die wichtige direkte Schnittstelle zur Kundschaft weiterhin für sich zu beanspruchen.

Erfolgskritisch werden drei Aspekte sein:

  1. Die Finanzinstitute sollten sich entscheiden, welches Ziel mit der Implementierung der Richtlinien verfolgt werden soll, welche Auswirkungen sich hierbei auf den Kreditbewilligungsprozess ergeben und ob neue Finanzierungsformen notwendig sind.
  2. Bei bestehenden Finanzierungen sollte die Datenlage zu den Objekten überprüft und aufdatiert werden, um den Handlungsbedarf besser einschätzen zu können.
  3. Damit die Kundenberatung hochwertig und fachlich kompetent ist, gilt es, die Kundenberaterinnen und Kundenberater entsprechend aus- und weiterzubilden. In gewissen Fällen kann es Sinn machen, Partnerschaften mit spezialisierten Drittanbietern einzugehen, um die notwendigen Fachkenntnisse zu erwerben. 

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