Der Hinweis auf „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ ist bei Dreiecksgeschäften zwingend – keine nachträgliche Berichtigung möglich

Tax News 11-12/2022

Umsatzsteuer

Kletterer

In einem österreichischen Vorabentscheidungsersuchen hat der EuGH (am 8. Dezember 2022 in der Rechtssache C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH) zur Frage der Notwendigkeit des Hinweises „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ für die Anwendbarkeit der Vereinfachung für Dreieckgsgeschäfte entschieden, dass bei Fehlen dieses Hinweises auf der Rechnung des Zwischenerwerbes die Vereinfachung nicht angewendet werden kann und die Rechnung hinsichtlich dieser Angabe auch nicht später durch Ergänzung berichtigt werden kann.

1. Zusammenfassung des Sachverhaltes

Die österreichische Luxury Trust Automobil GmbH (im Folgenden kurz: Luxury Trust) vermittelt und verkauft Luxusfahrzeuge grenzüberschreitend in der Europäischen Union und in Drittländern. Im Jahr 2014 kaufte die Gesellschaft von einem Lieferanten im Vereinigten Königreich Fahrzeuge und veräußerte diese an die tschechische M s.r.o. (im Folgenden kurz Gesellschaft M). weiter. Die Fahrzeuge wurden dabei jeweils direkt vom Vereinigten Königreich in die Tschechische Republik transportiert. Der Transport wurde von Luxury Trust organisiert und die Beteiligten traten jeweils mit der UID-Nummer ihres Ansässigkeitsstaates auf. Zudem enthielten die Rechnungen der Luxury Trust an den tschechischen Empfänger den Hinweis „Steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“. Auch die Meldung in der österreichischen Zusammenfassenden Meldung wurde von der Luxury Trust mit Angabe der tschechischen UID-Nummer des Erwerbers sowie des Vorliegens eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes durchgeführt.

Im Rahmen einer finanzbehördlichen Prüfung bei der Luxury Trust wurde festgestellt, dass die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte nicht anwendbar sei, da die Rechnungen keinen Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld enthielten. Die österreichische Finanzverwaltung setzte daher mit Bescheid an die Luxury Trust einen innergemeinschaftlichen Erwerb aufgrund der verwendeten österreichischen UID-Nummer fest, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Im nachfolgenden Rechtsmittelverfahren führte das BFG aus, dass für die Anwendung der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte die Rechnungen die Angaben nach Art 25 Abs 4 UStG enthalten sein müssen. In den streitgegenständlichen Rechnungen fehle jedoch der in dieser Bestimmung vorgesehene Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers. Luxury Trust legte gegen das Erkenntnis des BFG beim Verwaltungsgerichtshof Revision ein.

Der VwGH weist darauf hin, dass Luxury Trust die streitgegenständlichen Rechnungen nach der finanzbehördlichen Prüfung mit Berichtigungsnoten nachträglich berichtigt habe, indem sie diese Rechnungen um einen Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf die Gesellschaft M ergänzt habe. Der Nachweis der tatsächlichen Zustellung der Berichtigungsnoten an diese Gesellschaft M sei jedoch nicht vorhanden. Außerdem werde diese von der tschechischen Steuerverwaltung als „Missing Trader“ eingestuft und habe in der Tschechischen Republik keine Umsatzsteuer aus den betroffenen Lieferungen erklärt und abgeführt.

Der VwGH stellte sodann fest, dass die MwStSyst-RL fordert, dass der Empfänger als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt worden sein muss und dies eben durch Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ zu erfolgen hat. Mit Bezug auf den siebten Erwägungsgrund zur Richtlinie 2010/45 sei es nach dem VwGH jedoch nicht ausgeschlossen, dass die ursprüngliche Angabe auf den streitgegenständlichen Rechnungen den unionsrechtlichen Voraussetzungen für die Bestimmung des Empfängers einer Lieferung zum Schuldner der Mehrwertsteuer genügen könnte. Der siebte Erwägungsgrund spreche zwar für eine strikte Einhaltung der Vorschriften über die Rechnungsstellung, der Zweck der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf den Rechnungen für Dreiecksgeschäfte sei es aber, sicherzustellen, dass der letzte Abnehmer in einem solchen Geschäft eindeutig und leicht erkennen könne, dass die Steuerschuld auf ihn übertragen werde. Mit seiner ersten Vorlagefrage äußerte der VwGH daher Zweifel, ob dieser Zweck auch durch die Angabe „steuerfreies innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft“ und durch Ausweis eines Nettobetrages erreicht werden könne.

Zudem führt der VwGH mit Verweis auf das EuGH Urteil vom 19.04.2022, C-580/16, Firma Hans Bühler, aus, dass es sich bei dem Hinweis der Steuerschuldnerschaft des Empfängers um eine materielle Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vereinfachung für Dreiecksgeschäfte handelt. Der VwGH äußerte mit seiner zweiten Vorlagefrage Zweifel, ob hinsichtlich dieser materiellen Voraussetzung eine Berichtigungsmöglichkeit besteht und ob bejahendenfalls die Berichtigung dem Empfänger zugehen muss und ob eine solche Berichtigung zurückwirken könne.

Mit seiner dritten Vorlagefrage möchte der VwGH wissen, ob die Vorschriften über die Rechnungsstellung jenes Mitgliedstaats anzuwenden sind, dessen Vorschriften anzuwenden wären, wenn (noch) keine Bestimmung eines „Erwerbers“ zum Steuerschuldner in der Rechnung erfolgt ist; oder sind die Vorschriften jenes Mitgliedstaats anzuwenden, dessen Vorschriften bei angenommener Wirksamkeit der Bestimmung des „Erwerbers“ zum Steuerschuldner anzuwenden wären.

2. Entscheidung des EuGH

Zur ersten Vorlagefrage führt der EuGH aus, dass es sich nach dem Wortlaut des Art 42 der MwStSyst-RL um eine Ausnahme handelt und die Anwendung der Ausnahme vom kumulativen Vorliegen der Voraussetzungen des Art 42 Buchst. a und b MwStSyst-RL abhängt. Zudem kann der Zwischenerwerber eines Dreiecksgeschäfts folglich die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ nicht durch einen anderen Hinweis ersetzen, während Art 226 Nr 11a MwStSyst-RL diese Angabe ausdrücklich vorschreibt. Dies ist nach dem EuGH auch durch die Ziele der Ausnahmeregelung im Einklang, wonach (ua) sichergestellt werden soll, dass der fragliche innergemeinschaftliche Erwerb beim Enderwerber der MwSt unterliegt. Wie auch die Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträge ausgeführt hat, besteht der Sinn und Zweck der betroffenen Rechnungsangaben darin, den Rechnungsadressaten über die rechtliche Bewertung des Umsatzes des Rechnungsausstellers zu informieren, insbesondere wenn der Empfänger der Lieferung die Mehrwertsteuer schuldet. Nach dem EuGH ist daher zusammengefasst auf die erste Frage zu antworten, dass der Enderwerber im Rahmen eines Dreieckgeschäftes nicht wirksam als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt worden ist, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthält.

Zur zweiten Vorlagefrage führt der EuGH seine ständige Rechtsprechung an, wonach das Grundprinzip der Neutralität des Mehrwertsteuerrechts es erfordert, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht versagt werden kann, wenn bestimmte formelle Anforderungen nicht erfüllt wurden, sofern die materiellen Anforderungen erfüllt sind. Der EuGH stellt jedoch fest, dass von einer Berichtigung der Rechnung keine Rede sein kann, wenn bereits eine Anwendungsvoraussetzung des Dreiecksgeschäftes nicht erfüllt ist. Vielmehr handelt es sich dabei um eine erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung, die keine Rückwirkung entfalten kann.

Zur dritten Vorlagefrage, ob bezüglich der Vorschriften über die Rechnungsausstellung das Recht des Mitgliedstaates des Zwischenerwerbers oder jenes des Mitgliedstaates des Enderwerbers anzuwenden ist, Verweist der EuGH auf seine Antworten zu den ersten zwei Vorlagefragen, wonach sich ergibt, dass die Antwort auf die dritte Frage keine Auswirkung auf den Ausgang des Ausgangsrechtsstreits haben kann. Die zur Anwendung der Dreiecksgeschäftsregel notwendigen Anforderungen können jedenfalls nicht von einem Mitgliedstaat zum anderen variieren.

3. Conclusio

Der EuGH sieht zum Ausüben des Wahlrechts für die Anwendung der Vereinfachung für Dreiecksgeschäfte einen zwingenden Hinweis auf die „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ vor. Lediglich der Hinweis auf das „Steuerfreie innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft“ in einer Netto-Rechnung erfüllt diese Voraussetzung nicht. Zudem sind im Falle eines missglückten Dreiecksgeschäftes strengere Kriterien für die „Rechnungsberichtigung“ zu beachten.

Weitere Inhalte