Die Ereignisse der letzten beiden Jahre zeigen, welch ständigem Wandel die Aufgaben der Gemeinden unterliegen. Hohe Anpassungsbereitschaft von Politik und Verwaltung ist gefordert. Doch welche Themen beschäftigen die Gemeinden aktuell und in Zukunft? Welche Herausforderungen der Haushaltsführung müssen bewältigt werden? Die KPMG Studie liefert Antworten.

„Kommunales Management – Governance für Morgen“: Im Frühjahr 2022 führte KPMG erstmals in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich Public Management der Fachhochschule Oberösterreich eine Studie über Österreichs Gemeinden durch. Ziel der Studie war es, ein Stimmungsbild in Österreichs Gemeinden zu erheben, um politischen Entscheidungsträger:innen und leitenden Verwaltungsbediensteten Ansätze und Impulse für die zukünftige Gestaltung des kommunalen Managements zu liefern.

Die anonym durchgeführte Umfrage war an politische Entscheidungsträger:innen und leitende Verwaltungsbedienstete gerichtet und fand von Mitte März bis Mitte April 2022 statt. 527 Personen aus mehr als 300 österreichischen Gemeinden nahmen daran teil – das entspricht rund 15 Prozent aller österreichischen Gemeinden. Aufgrund der hohen Teilnahmequote konnte ein verlässliches Stimmungsbild erhoben werden.

Die Topthemen

An der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele wird intensiv gearbeitet. Bei einer Vielzahl der Gemeinden stehen Projekte im Bereich „Energie“ (insbesondere Photovoltaik-Projekte) an erster Stelle. Allerdings haben erst weniger als zehn Prozent Nachhaltigkeitsprojekte vollständig umgesetzt.

Das Umsetzungstempo hängt wesentlich von der Verfügbarkeit personeller und finanzieller Ressourcen ab. Hier zeigt die Studie, dass die Personalsituation in den Gemeindeverwaltungen angespannt ist. Der allgemeine Fachkräftemangel belastet auch die Haushaltsführung der österreichischen Gemeinden. In den kommenden fünf Jahren wird die Pensionierungswelle zu deutlichen Personalabgängen führen.

Digitalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen können bei der Bewältigung der Personalengpässe unterstützen. Der Ausbau der Digitalisierung und das steigende Angebot an Homeoffice-Arbeitsplätzen wie auch die stärkere Vernetzung der Gemeinden erhöhen jedoch das Risiko von Cyberattacken. Aktuelle Beispiele zeigen die Brisanz und Wichtigkeit eines effektiven Schutzes der Daten und IT-Infrastruktur vor derartigen Angriffen. Zum Zeitpunkt der Umfrage haben die Befragten dem Thema Schutz vor Cyberkriminalität wenig ­Bedeutungsgewinne in der Zukunft beigemessen.

Die Personalengpässe schlagen sich auch abseits der Verwaltung nieder. So wird in den kommenden fünf Jahren die Ausweitung der Kinderbetreuungsangebote am stärksten an Bedeutung gewinnen. Dies erfordert vor allem eine ausreichende Verfügbarkeit von Pädagog:innen und Betreuer:innen. Genau dies stellt gegenwärtig für viele Gemeinden ein schwerwiegendes Problem dar, weshalb teilweise Betreuungsplätze reduziert werden müssen.

Das liebe Geld

Im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von finanziellen Ressourcen gibt jede:r sechste Teilnehmende an, dass die Finanzierungsrechnung negativ ist. In jeder fünften Gemeinde ist die Ergebnisrechnung negativ. Beide Kennzahlen weisen darauf hin, dass bei einem bedeutsamen Teil der Gemeinden der Ergebnis- und Finanzierungshaushalt angespannt ist. Insbesondere bei diesen Gemeinden ist eine sorgfältige Aufbereitung und kritische Analyse von zukünftigen Investitionsentscheidungen für eine nachhaltige Haushaltsführung entscheidend. Folgekosten geplanter Investitionen bilden dabei einen wesentlichen Entscheidungsfaktor. Die Studie zeigt jedoch, dass nur in jeder zweiten Gemeinde Folgekosten von Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden.

Mit der Einführung der VRV 2015 (Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015) wurden insbesondere folgende Ziele verfolgt: Stärkung der Transparenz und Vergleichbarkeit der Gemeindehaushalte. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass jede:r fünfte Teilnehmende durch die VRV 2015 eine verbesserte Transparenz und Haushaltssteuerung erkennt. Die Umfrage zeigt aber auch, dass für kleinere Gemeinden die Umstellung auf die VRV 2015 noch immer eine Herausforderung darstellt.

Ergenisse im Überblick

Korrektes Verhalten

Eine transparente und offene Berichterstattung trägt zur Reduktion des Korruptionsrisikos bei. Korruptionsprävention wird vom Großteil der Teilnehmenden als zumindest wichtig angesehen. Dies spiegelt sich im Vorhandensein einschlägiger Regelungen wider. Ein Drittel der Befragten gibt an, dass die gesetzlichen Vorgaben klare Verhaltensregeln beinhalten und daher keine eigenen internen Regeln erfordern. Dadurch ist erklärbar, dass ein System zur Sicherstellung der Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien (Compliance Management System) bei einer Minderheit im Einsatz ist. Hier ist Entwicklungspotenzial zu orten. Durch eine systematische Adressierung von Rechtsrisiken können Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung zielgerichteter implementiert sowie geschult werden. Zu diesen gehören als wesentliches, wenn auch unbeliebtes Element Sanktionierungsmaßnahmen bei Compliance-Verstößen. Diese sind den Befragten aktuell kaum bekannt. Prävention, Identifikation und Reaktion sind Eckpfeiler eines Compliance Management Systems und könnten in den Gemeinden strukturierter verankert werden.

Die KPMG Studie ortet zusammengefasst Ressourcenengpässe bei gleichzeitig hohem Handlungsdruck. Sie liefert einen Überblick über die Vielfalt und Komplexität der Themenfelder, die jetzt und in Zukunft von Österreichs Gemeinden zu gestalten sind.
 

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