Neue Arbeitsweisen nehmen überall eine wichtige Rolle ein. Der öffentliche Bereich ist stark vom demografischen Wandel betroffen: Rund 47 Prozent des Personals wird bis 2033 in Pension gehen. Wir zeigen, wie Organisationen in diesem Bereich am Arbeitsmarkt attraktiv bleiben und den Anforderungen der jüngeren Generationen entsprechen. Die Organisation muss dabei gesamtheitlich betrachtet werden.

Neue Technologien und Interaktionsformen sowie deren vielgestaltige Vernetzung treiben die Neudefinition klassischer Arbeitswelten voran. Die Umstellung auf neue Arbeitsweisen ist dabei essenziell, um als öffentliche Organisation für Arbeitnehmer:innen attraktiv zu sein und Beschäftigung im öffentlichen Sektor gewährleisten zu können.

Neue Anforderungen

Der öffentliche Bereich, vor allem der Verwaltungsdienst, ist stark vom demografischen Wandel betroffen. Das Durchschnittsalter im Bundesdienst lag 2020 bei 45,6 Jahren (Privatwirtschaft: 39,1 Jahre). Herausfordernd ist dabei, dass rund 47 Prozent des Personals bis 2033 in Pension gehen werden.1 Demnach müssen Organisationen hier frühzeitig Maßnahmen setzen, um den Anforderungen von jüngeren Generationen gerecht zu werden. Diese wollen eigenständig handeln, selbst denken und ihre Tätigkeiten mobil und mit flexiblen Arbeitszeiten ausführen. Zudem wird großer Wert auf Work-Life- Balance gelegt. Arbeitnehmer:innen erwarten sich, an zwei bis drei Tagen pro Woche mobil arbeiten zu können. Mobiles Arbeiten erhöht für 70 Prozent der Bewerber:innen die Jobattraktivität, zB durch das Gefühl höherer Autonomie und geringerer Pendelzeiten. Jeder Vierte würde wegen fehlender Flexibilität im Job sogar kündigen. Die Einführung neuer Arbeitsweisen bringt somit nicht nur maßgebliche Jobattraktivität, die im öffentlichen Sektor eine wichtige Rolle einnimmt, sondern fördert auch die mentale Gesundheit und die Produktivität der Mitarbeiter:innen. Aus diesem Grund werden neue Ideen wie zB die Vier-Tage-Woche immer öfter diskutiert und getestet, wie beispielsweise bei den Wiener Linien in Österreich und in anderen Ländern wie England oder Belgien. Letzteres hat die Vier-Tage-Woche sogar im Gesetz verankert.

Viele Herausforderungen

Die Umstellung auf neue Arbeitsweisen stellt jedes Unternehmen vor neue Herausforderungen in den Anforderungen an Arbeit, die Strukturen der Arbeitsprozesse und die eingesetzten Werkzeuge. Mitarbeiter:innen vermissen soziale Interaktion, wie Smalltalk, Flurfunk und Sichtbarkeit. Deshalb muss Zusammenarbeit im Unternehmen in Zukunft ganz allgemein mehr in den Fokus rücken. Die Erlaubnis von Homeoffice und die Implementierung digitaler Tools allein werden nicht ausreichen. Es stellen sich folgende Fragen: Wie sollen wir die neue hybride Arbeitswelt gestalten? Was erwarten sich unsere Mitarbeiter:innen und Kund:innen? Wo haben wir Hebel für die Weiterentwicklung des Unternehmens?

Der Beginn einer Reise

Homeoffice und flexibles Arbeiten waren nur der Anfang. Nun gilt es zu definieren, wohin die Reise gehen soll und kann. Im Fokus stehen hier die Mitarbeiter:innen. Es gilt, ihnen Mitspracherecht zu ermöglichen und einen Rahmen zu schaffen, in dem sie ihre eigenen Fähigkeiten und Stärken entwickeln können. Ihre Bedürfnisse nach sinnvoller und zielgerichteter Arbeit müssen erkannt und adressiert werden.

Dabei müssen alle Bereiche der Organisation sowie die Organisation selbst betrachtet werden. Die Einordnung der Organisation in wesentliche Dimensionen wie People, Place und Technology sind wichtige Bausteine. Übergeordnet gilt es, die Organisation als Ganzes zu bedenken. Diese Dimensionen als Treiber für die neue Arbeitswelt zeigen, dass sich ganze Industrien und Unternehmen verändern. Die Anforderungen an Flexibilität am Arbeitsplatz und Arbeitszeit, Unternehmenskultur und Führung verändern sich in der Dimension People. In Bezug auf die Dimension Technology ermöglichen neue Informationstechnologien einfach sowie kostengünstig Kommunikation und Zusammenarbeit auf Distanz. Zu der Dimension Place kann gesagt werden, dass Menschen zunehmend eine zeitlich und räumlich flexible Arbeitswelt fordern.

Die Themenstellungen neuer Arbeitswelten, die sich anschließend aus den Dimensionen ableiten, reichen vom Bedürfnis nach Arbeitsmodellen über Diversität und Gleichbehandlung bis zu veränderten Kund:innenschnittstellen. Aus diesen können folglich Handlungsfelder identifiziert werden, die das gesamte Betriebsmodell der Organisation sowie auch Strategie, Vision und Mission betreffen.

1 Stefan Fink; Chief Economist, Austria, Advisory; oeffentlicherdienst.gv.at, Mai 2022; Statistics Austria; ilcuk.org.uk

Auf dem Weg zum Ziel

Für öffentliche sowie Gesundheitsorganisationen ist es wichtig, zuerst ein gemeinsames Bild zu entwickeln, wie die Arbeitswelt aussehen soll. Dies kann in zwei Schritten erfolgen: Schritt 1: Standortbestimmung als Basis und Schritt 2: eine Designphase, die ein Zukunftsbild entwickelt.

  • Die Standortbestimmung enthält folgende Punkte:
    „Workstyle-Analyse“: Analyse der Arbeitsweisen bzw ­Tätigkeiten mittels Befragungen bzw Interviews mit ausgewählten Mitarbeiter:innen, Einteilung der ­Mitarbeiter:innen in Workstyle-Typen als Basis
  • Stakeholder-Fokusrunde: Interviews zur Standortbestimmung
  • Auswertung von notwendigen Daten sowie organisatorischen und technologischen Anforderungen je Berufsgruppe/Abteilung etc
    (siehe Abbildung)
Arbeitsplatztypologien

Im zweiten Schritt, in der Designphase, passiert Folgendes:

  • „Envisioning Workshop“ (Ableitung Kernaussagen aus der Erhebung)
  • Design und Durchführung eines Workshops zur ­Entwicklung der „Transformation Map“
  • Erstellung einer „Mitarbeiter:innen-Journey“, anhand derer von Personas (repräsentativ für relevante Zielgruppen) der Weg von der Bewerbung bis zum Verlassen der Organisation durchgespielt werden kann.

Durch diese Schritte können Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen erarbeitet sowie Verbesserungspotenziale und Entwicklungsmaßnahmen aufgezeigt werden. Sie ermöglichen die Erreichung eines im Vorfeld definierten Zielbilds.

Bei der Implementierung neuer Arbeitsweisen und neuer Prozesse muss die Organisation als Ganzes betrachtet werden. Lösungen müssen immer auf die jeweilige Organisation zugeschnitten sein – Allgemeinlösungen funktionieren unserer Meinung nach selten. Mithilfe der oben erwähnten Vorgehensweisen können Organisationen in ihrer Umstellungsphase gut begleitet und Herausforderungen bestmöglich adressiert werden. Somit werden Arbeitsweisen an Organisationen sowie an ihre Mitarbeiter:innen, Kund:innen, Patient:innen und Bewerber:innen angepasst.

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