Die Patient Journey ist wichtiger Wegweiser sowohl für strategische als auch operative Entscheidungen. Ihre Bedeutung rückt im Gesundheitswesen vermehrt in den Mittelpunkt. Es handelt sich um die Summe aller Interaktionen und Berührungspunkte, die die Wahrnehmung der Patient:innen beeinflussen. Die Patient Journey fokussiert die Sicht der Patient:innen und bringt zahlreiche Vorteile mit sich.

Moderne Krankenhäuser und Gesundheitsdienste sind geprägt von organisatorisch komplexen Einheiten mit mehreren tausend Mitarbeiter:innen, die in professionellen, funktionalen und geografischen Gruppen arbeiten. Typischerweise legen sie Wert auf Autonomie. Fachbereiche haben dadurch in der Vergangenheit oftmals die Perspektive der Patient:innen nicht ausreichend berücksichtigt.

Im Rampenlicht

Patient:innen wünschen sich vor allem eines: einen optimalen Heilungsprozess. Bei der Patient Journey handelt es sich um die Summe aller Interaktionen, darunter orchestrierte Berührungspunkte von Menschen, Prozessen, Richtlinien, Kommunikation, Handlungen und Umgebung. Diese beeinflussen die Wahrnehmung der Patient:innen über das gesamte Kontinuum der Wahrnehmung ihrer Versorgung hinweg. Ziel der gesamtheitlichen Betrachtung dieser End-to-End-Prozesse: Bedürfnisse von Patient:innen zu identifizieren, ihr Erlebnis zu verbessern sowie klare Ziele für eine mögliche Optimierung innerhalb der Organisation zu definieren. Der Weg kann in folgende Ereignisse aufgebrochen werden: Präventionsmaßnahmen möglicher Erkrankungen, Aufnahme, Anamnese, Diagnostik, Therapieauswahl und -planung bis hin zur Nachuntersuchung nach erfolgreicher Therapie und Entlassung mit all ihren Stationen unter Einbezug von verschiedenen Personengruppen.
Es erscheint einfach, sich die Reise von Patient:innen als Interaktionen vor, während und nach einem Termin vorzustellen. Tatsächlich gibt es aber viele andere Berührungspunkte, die die gesamte Patient Journey bestimmen.

Denn eine umfassende Strategie zur Einbindung von Patient:innen umfasst nicht nur alle medizinischen Berührungspunkte der Menschen mit den Gesundheitsdienstleistern, sondern weitere wesentliche Aspekte für eine umfassende Versorgung: persönliche Wertschätzung und Wahrnehmung, professionelle wie freundliche Betreuung, Orientierung innerhalb des Hauses, angepasste Transportart und -wege, das Gefühl von Sicherheit sowie eine qualitative, hochwertige und effiziente Logistik.

Konzept mit Sinn

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass eine Patient Journey im Widerspruch zur Effizienz steht. Grundsätzlich sind die Leistungserbringer:innen im Gesundheitssektor bestrebt, den Patient:innenfluss in Gesundheitseinrichtungen zu steuern, um eine sichere und effiziente Versorgung zu gewährleisten und gleichzeitig die optimale Nutzung von Ressourcen (bspw Betten, Operationssäle, Kliniken und Fachpersonal) sicherzustellen. Der traditionelle Ansatz im Gesundheitswesen ist es jedoch, die Verantwortung über Koordination und Steuerung des Patient:innenflusses den Abteilungen individuell zu übertragen. Dies kann zu einer suboptimal gesteuerten Gesamtkonzeption der Schnittstellen, klinischen Prozesse und Unterbrechungen zwischen den Phasen der Patient Journey führen.

Eine unzureichende Steuerung des Patient:innenflusses führt zu sinkender Produktivität, erhöhtem Risiko für Patient:innen und einer geringeren von den Patient:innen wahrgenommenen Qualität. Tatsächlich sind die Patient:innen die einzigen Personen, die den gesamten Weg miterleben und jeden Schritt der Reise nachvollziehen. Um die Versorgungsqualität und Effizienz der erbrachten Dienstleistungen erheblich zu verbessern, können Gesundheitseinrichtungen folgende Schritte setzen: Analyse der schnittstellenübergreifenden Zusammenarbeit, Erforschung der individuellen Patient Journey, Verbesserung des Verständnisses derselbigen und Optimierung der Gesamtkoordination. So kann die Patient Journey dabei helfen, in der End-to-End-Prozessbetrachtung einen vollständigen Blick auf die Abläufe sowie die Auswirkung von Veränderungen zu erhalten. Sie unterstützt dabei, den Fokus auf die wesentlichen Themenbereiche zu behalten und möglichst effizient Optimierungen zu planen und umzusetzen.

Organisation im Wandel

Die gesamte Institution effizienter und patient:innenorientierter zu gestalten ist ein übergeordnetes Ziel der Patient Journey, dabei betrifft das Ergebnis bzw der Nutzen dieser Betrachtung folgende fünf Bereiche der Organisation:

  1. Abläufe: Eine Betrachtung des Patient:innenflusses ermöglicht Potenzial zur Optimierung und Steuerung der Abläufe
  2. Patient:innen: Der Einblick in die subjektiven Erlebnisse der Menschen ermöglicht es, ihre Orientierung zu ­verbessern und ihre Zufriedenheit zu steigern.
  3. Wertschöpfung: Nicht-wertschöpfende Ereignisse wie Wartezeiten etc können reduziert oder eliminiert werden.
  4. Transparenz: Medizinische wie serviceorientierte Leistungen können dadurch effizient verankert und navigiert werden.
  5. Schnittstellen: Mittels schnittstellenorientierter Prozesse kann die Versorgungsqualität maßgeblich gesteigert werden.
     

Großer Mehrwert

In der immer dynamischeren Welt des Gesundheitswesens werden sich vor allem jene Gesundheitsversorger langfristig behaupten können, die neben ihrem Fokus auf (digitale) Innovationen auch die Patient:innenorientierung als wesentlichen Punkt mitbetrachten und ihre Leistungen danach ausrichten. Die Benefits der Patient Journey liegen auf der Hand: eine Verbesserung des Erlebnisses, die Optimierung von abteilungsübergreifenden Schnittstellen, die Verbesserung des Zusammenarbeitens unterschiedlicher Berufsgruppen und die Optimierung von Prozessen außerhalb der Wertschöpfungskette (Laborauswertungen, kollegiale Fallbesprechungen etc).

Alle Anforderungen und Auswirkungen auf vor- bzw nachgelagerte Organisationseinheiten müssen miteinbezogen werden, um ein ganzheitliches Bild zu bekommen. So kann in herausfordernden Zeiten eine höchstmögliche Effizienz, die es langfristig zur Aufrechterhaltung des medizinischen Betriebes braucht, erzielt werden.

Die zielgerichtete Steuerung von Prozessen ermöglicht die Reduktion von langen Laufwegen der Patient:innen, Wartezeiten, Terminverschiebungen, Leerläufe bei den Leistungserbringer:innen und Opportunitätskosten des Personals mittels Einbindung von technischen Innovationen. Die Patient Journey etabliert zusätzlich ein besseres Verständnis für die Gesamtprozesse bei allen Mitarbeiter:innen. Durch Sichtbarmachung der Patient Journey können medizinisch-pflegerische sowie serviceorientierte Leistungen innerhalb des patientenorientierten Leistungsprozesses verankert und navigiert werden.

Die Betrachtung unter Miteinbeziehung der Patient:innenlogistik bringt weitere Vorteile: Sie bietet eine ideale Basis für die Adressierung bisheriger unmet medical needs sowie einen perfekten Boden für neue Ideen. Dabei ist auch die Erstellung kompletter Journeys wichtig (inklusive Datengenerierung, qualitativer wie quantitativer Art), um die Versorgung von Patient:innen praxisnah zu erfassen. Sind Gesundheitsdaten von der Prävention bis zur Nachsorge vernetzt und ausreichend sortiert verfügbar, fallen Entscheidungen schneller und verlässlicher, Behandlungen lassen sich individueller zuschneiden und der Gewinn für die Versorgungsqualität steigt.

Vorteile für Gesundheitsorganisationen

  • Eine sichere und effiziente Versorgung der Patient:innen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der optimalen Nutzung von Krankenhausressourcen
  • Bestmögliche Steuerung der klinischen Prozesse mit erhöhter Produktivität, geringerem Risiko für Patient:innen und höhere von Patient:innen wahrgenommene Qualität
  • Schnittstellenübergreifende Zusammenarbeit der einzelnen Bereiche ohne Unterbrechung der Patient Journey
  • Fokus auf die wesentlichen Themenbereiche mittels patient:innenzentrierter Planung und Umsetzung der klinischen Prozesse