Corporate Governance im Steuerbereich: Ein Steuerkontrollsystem (SKS) ist die Basis, um den erhöhten Anforderungen an Tax Compliance und Steuertransparenz zu entsprechen. Die Rechtssicherheit kann durch darauf aufbauende, formalisierte nationale oder internationale Co-Operative Tax Compliance-Programme weiter erhöht werden.

Anforderungen an Steuertransparenz steigen

Steuerplanung mit dem Fokus auf Steuervermeidung gehört vielfach der Vergangenheit an: Die gesellschaftliche Erwartungshaltung, dass jeder seinen „fairen Anteil“ zur Finanzierung von Investitionen der öffentlichen Hand beizutragen hat, hat zu einem Umdenken geführt. International ist zu beobachten, dass Unternehmen deshalb proaktiv Informationen zu „Steuern“ (ihrem „fair share“) veröffentlichen, um den gestiegenen Erwartungen, insbesondere von Investoren, zu entsprechen. Internationale, aber auch nationale Initiativen zur Erhöhung der Transparenz in Bezug auf Steuern fordern die Offenlegung, wie mit Steuerrisiken umgegangen wird und Transparenz hinsichtlich des „steuerlichen Fußabdrucks“ (in welchen Staaten wird mit welcher Substanz wie viel Gewinn erzielt und wie viel Ertragsteuer entrichtet).

Aufgrund der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der darin verankerten Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird dies (ab 2025) nicht nur für kapitalmarktorientierte, sondern für alle großen Unternehmen iSd UGB Größenklassen relevant werden. In Österreich sind davon rund 2.000 Unternehmen betroffen. Vor diesem Hintergrund ist das Risiko eines Reputationsschadens aufgrund einer fehlerhaften Compliance im Bereich „Steuern“ beträchtlich gestiegen.

Tax Compliance

In den letzten 20 Jahren wurden in zahlreichen EU- und Drittstaaten sogenannte „Co-operative Tax-Compliance“-Konzepte umgesetzt, die eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Steuerpflichtigen und der Abgabenbehörde vorsehen. Österreich hat mit der begleitenden Kontrolle hier einen international beachteten Meilenstein gesetzt. Integraler Bestandteil der begleitenden Kontrolle ist das Steuerkontrollsystem („SKS“). Die Implementierung eines SKS ist jedoch nicht nur für Teilnehmer der begleitenden Kontrolle, sondern für jedes Unternehmen ab einer bestimmten Größe sinnvoll, da Tax Compliance Management zu den Führungsaufgaben aller Finanzverantwortlichen gehört. KPMG begleitet Unternehmen seit über zehn Jahren bei der Erstellung und Prüfung von Steuerkontrollsystemen sowie im Prozess der begleitenden Kontrolle (vormals: Horizontal Monitoring).

Was ist ein SKS?

Ein SKS umfasst alle Maßnahmen (Prozesse und Kontrollen), die gewährleisten, dass die Besteuerungsgrundlagen für bestimmte Abgaben in der richtigen Höhe ausgewiesen und die entstehenden Steuern in der richtigen Höhe termingerecht an die zuständige Behörde abgeführt werden. Grundlage des SKS ist die Analyse steuerrelevanter Risiken. Auf Basis dieser Analyse werden Prozesse definiert, Kontrollmaßnahmen zur Überprüfung der korrekten Durchführung der Prozesse abgeleitet und Verantwortliche bestimmt. Prozesse, Risiken, Kontrollen und Verantwortlichkeiten werden dokumentiert, überprüft und laufend aktualisiert.

Was bringt ein SKS?

SKS als Haftungsschutzschirm: Zweck des SKS ist die Minimierung finanzieller Risiken (Steuernachzahlungen sowie damit verbundene Säumniszuschläge und Verspätungszinsen). Mit der Implementierung eines SKS können vor allem auch finanzstrafrechtliche Risiken für Unternehmen sowie der Führungsebene und der handelnden Personen minimiert werden. Ein funktionierendes SKS stellt sicher, dass Steuern korrekt abgeführt werden und Unternehmen sowie Organe den abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen sind. Der Vorwurf eines schuldhaften und grob fahrlässigen Handelns im Falle von Fehlern (die nie ausgeschlossen sind) soll dadurch entkräftet werden. Korrekturen erfolgen durch Prozessanpassung und Nachschärfen von Kontrollen. Die Notwendigkeit finanzstrafrechtlicher Offenlegungen (Selbstanzeigen) wird reduziert, damit verbundene Reputations- und Geschäftsrisiken sinken.

SKS führt zu praktischen Vorteilen: Ein SKS unterstützt Co-Operative Tax ­Compliance auch außerhalb formalisierter Programme („ressourcenschonende“ Außenprüfung möglich), trägt zum „steuerlichen Wohlverhalten“ bei (Voraussetzung für COVID-Förderungen), ermöglicht Planungssicherheit, Prozessoptimierung sowie die Digitalisierung der Steuerfunktion und ist hilfreich bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung (steuerliches Risikomanagement als Grundvoraussetzung für „Taxonomie-Alignment“).

Nachhaltigkeitsberichterstattung und SKS

Das häufig verwendete internationale Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsberichterstattung „Global Reporting Initiative (GRI)“ hat ab dem Jahr 2021 die Anforderungen in Bezug auf Steuern erhöht und den neuen Standard GRI 207 veröffentlicht. GRI 207 sieht eine Berichterstattung in Bezug auf

  • das Steuerkonzept,
  • Tax Governance, Kontrollen und Risikomanagement,
  • Stakeholdermanagement und
  • Country-by-Country Reporting (länderbezogene Berichterstattung) vor.

Ein SKS deckt inhaltlich die ersten drei Punkte ab und liefert so die Basis für die Angaben im Nachhaltigkeitsbericht.

Was bringt die begleitende Kontrolle?

Um im Bereich der „Steuern“ die (Rechts)-Sicherheit zu erhöhen, nutzen Unternehmen Co-Operative Tax Compliance-Programme wie die begleitende Kontrolle (Teilnahmevoraussetzung ist ein SKS). Der laufende Kontakt zwischen dem Finanzamt für Großbetriebe und Unternehmern und die Diskussion von Sachverhalten, die wesentliche Auswirkungen auf die Steuern haben und hinsichtlich derer das Risiko einer abweichenden steuerlichen Beurteilung besteht, ersetzt die konventionelle Betriebsprüfung. Im Zentrum steht die Rechts- und damit Planungssicherheit: Die laufende Abstimmung und zeitnahe Klärung der steuerlichen Behandlung gewährleistet den korrekten Ausweis latenter und laufender Steuern in der Berichterstattung. Dies wird durch die offene Kommunikation und proaktive Zusammenarbeit mit den Betriebsprüfern ermöglicht. Neben dem nationalen Instrument der begleitenden Kontrolle gibt es betreffend Verrechnungspreise internationale Instrumente, an denen auch Österreich teilnimmt: International Compliance Assurance Programme (ICAP) und European Trust and Co-Operation Approach (ETACA). Diese internationalen Programme sollen Streitigkeiten betreffend Verrechnungspreise vermeiden, indem mehrere Finanzverwaltungen (fünf bis neun im Idealfall) abgestimmt eine Risikoeinschätzung durchführen.

Nutzen Sie die Zeit zur Vorbereitung

Für die Erfüllung der Anforderungen an die Steuertransparenz ist enge Abstimmung des Nachhaltigkeitsteams mit der Steuerfunktion notwendig, damit die erforderlichen Daten zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden können. Begleitend dazu sind die Daten zu analysieren und die externe Kommunikation vorzubereiten.

Die Implementierung eines SKS ist Grundlage für die Sicherstellung der Tax Compliance. Ob Co-Operative Tax Compliance-Programme zur Erhöhung der Rechtssicherheit sinnvoll genutzt werden können, ist zu prüfen.