VwGH zu Empfängernennung: Keine Feststellungen des BFG zu Parteivorbringen - Verletzung von Verfahrensvorschriften

Tax News 10/2022

Verfahrensrecht

Kletterer

Finanzamt und Bundesfinanzgericht (BFG) erkannten den Betriebsausgabenabzug der Steuerpflichtigen nicht an, weil nach deren Ansicht zwei als Empfängerinnen benannte GmbHs die zugrundeliegenden Leistungen mangels Existenz im Leistungszeitraum nicht erbringen und somit auch nicht die wahren Empfänger sein konnten. Dem Vorbringen der Steuerpflichtigen, wonach die abgesetzten Zahlungen bei einer der benannten GmbHs besteuert worden waren, schenkte das BFG keine Beachtung und traf diesbezüglich auch keine Feststellungen. Aus diesem Grund hob der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) das BFG-Erkenntnis wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf (VwGH 18.03.2022, Ra 2020/13/0016-7).

1. Sachverhalt: Kein Betriebsausgabenabzug mangels ausreichender Empfängernennung

Das Finanzamt forderte die Steuerpflichtige auf, die Empfänger bestimmter abgesetzter Aufwendungen bei sonstiger Nichtanerkennung bekannt zu geben (§ 162 BAO). Die Steuerpflichtige gab an, dass die bezahlten Beträge durch den Geschäftsführer der L GmbH und der E GmbH vereinnahmt worden seien.

Das Finanzamt ging von einer Nichterfüllung des Empfängerbenennungsansuchens aus, weil die abgesetzten Aufwendungen zeitlich vor Errichtung bzw Entstehung der GmbHs lägen. Das Finanzamt verweigerte daher den Betriebsausgabenabzug. Dagegen erhob die Steuerpflichtige Beschwerde.  

2. BFG: Keine Feststellungen zur vorgebrachten Besteuerung beim benannten Empfänger  

Das BFG folgte der Auffassung des Finanzamtes und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Insbesondere spräche der Zeitpunkt der Aufwandsentstehung vor Errichtung bzw vor Entstehung der GmbHs gegen die Eigenschaft der beiden GmbHs als tatsächliche Empfänger der abgesetzten Zahlungen. Zum Vorbringen der Steuerpflichtigen, wonach das Finanzamt die abgesetzten Zahlungen der L GmbH zugerechnet und dieser diesbezüglich Steuern vorgeschrieben hatte, bezog das BFG weder Stellung noch traf es dazu Feststellungen.

3. VwGH: Aufhebung mangels Auseinandersetzung mit erheblichen Parteivorbringen

Einer Aufforderung zur Empfängernennung nach § 162 Abs 1 BAO ist dann nicht entsprochen, wenn das Finanzamt ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften feststellt, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind. Über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge des Abgabepflichtigen darf sich das BFG im Beschwerdeverfahren nicht ohne Ermittlungen und Begründungen hinwegsetzen (vgl VwGH 29.03.2021, Ra 2019/13/0050, mwN): Vielmehr besteht die Verpflichtung auf Parteivorbringen einzugehen, sofern es für die Feststellung des Sachverhaltes entscheidend ist.

Im gegenständlichen Fall konnte der VwGH mangels Feststellungen des BFG nicht beurteilen, ob die Behauptungen des Steuerpflichtigen bezüglich Versteuerung der Leistungen durch die L GmbH der Wahrheit entsprachen. Dieses Parteivorbringen ist von Relevanz, weil im Falle der tatsächlich erfolgten Besteuerung der abgesetzten Beträge bei der L-GmbH der Betriebsausgabenabzug gewährt hätte werden müssen. Daher hob der VwGH die Entscheidung des BFG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.  

Darüber hinaus wiederholte der VwGH, dass – unabhängig von Fragen der Zurechnung der abgesetzten Zahlungen beim tatsächlichen Empfänger – der Betriebskostenabzug im Falle einer Auskunftsverweigerung zur Gänze zu versagen ist (vgl VwGH 23.01.2002, 96/13/0114).

4. Ergebnis

Einer Aufforderung zur Empfängernennung nach § 162 Abs 1 BAO ist nicht entsprochen, wenn die Abgabenbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften feststellt, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind. Das BFG hat zur Beurteilung von erheblichen Parteivorbringen Ermittlungen anzustellen. Wenn das BFG solche Ermittlungen unterlässt, belastet es seine Entscheidung mit einem wesentlichen Verfahrensmangel, der im Verfahren vor dem VwGH erfolgreich geltend gemacht werden kann.

Weitere Beiträge zur Empfängerbenennung:

  • Zum Sorgfaltsmaßstab in der Baubranche bei mangelnder Empfängernennung siehe Tax News 03-05/2021 – VwGH zu Empfängernennung: Sorgfaltsmaßstab im Baugewerbe sowie weiterführend: Papst/Vötter, VwGH und BFG zur Empfängerbenennung im Baugewerbe: Sorgfaltspflichten eines Auftraggebers bei Gestaltung der Geschäftsbeziehungen, SWK 16/2021, 922.
  • Eine Verweigerung der Empfängernennung stellt verfahrensrechtlich ein „rückwirkendes" Ereignis iSd § 295a BAO dar, weil sich dadurch eine bereits in der Vergangenheit entstandene Körperschaftsteuer rückwirkend erhöht. Siehe dazu auch: Tax News 03-05/2021 – VwGH: Mangelnde Empfängernennung als rückwirkendes Ereignis.

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