BFG: Schätzung des gemeinen Wertes in Höhe des Grundstückswertes unzulässig

Tax News 10/2022

Immobilien

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Das BFG entschied kürzlich, dass für die Ermittlung der Grunderwerbsteuer für Erwerbsvorgänge vor dem 01.01.2016 keine gesetzliche Grundlage für das Heranziehen des Grundstückswerts statt dem gemeinen Wert gibt und dass eine Schätzung des gemeinen Wertes in Höhe des Grundstückswertes nicht in Betracht kommen könne, da dieser wesentlich unter tatsächlich zu erzielenden Preisen angesiedelt sei.

Die Grunderwerbsteuer wird gemäß § 4 GrEStG grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung berechnet, mindestens vom Grundstückswert. Der Grundstückswert ist entweder nach dem Pauschalwertmodell nach der Grundstückswertverordnung oder in Höhe eines geeigneten Immobilienpreisspiegels zu ermitteln, wobei der Grundstückswert als steuerlicher Wert mit dem AbgÄG 2015 eingeführt wurde. Vor dessen Einführung sah § 4 GrEStG (idF vor AbgÄG 2015) vor, dass – anstelle des Grundstückswerts – die Grunderwerbsteuer mindestens vom gemeinen Wert zu berechnen war.

BFG 03.03.2022, GZ. RV/5101858/2018

In vorliegendem Fall (der zur Rechtslage idF BGBl. I 36/2014 erging, also vor Einführung des Grundstückswerts) wurde die Hälfte einer Liegenschaft der Beschwerdeführerin übergeben, wobei kein begünstigter Erwerb durch nahe Angehörige vorlag. Entsprechend war die Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs 2 Z 3 GrEStG vom gemeinen Wert zu berechnen.

Die Bf beantragte, dass die Grunderwerbsteuer vom Grundstückswert zu berechnen sei (obwohl die Rechtslage zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwendbar war), mit der Begründung, dass sich die Grundlagenwerte aus den Vorjahren ergeben und darauf basierend berechnet werden, wodurch eine Plausibilität der Zahlen gegeben sein müsse, und ein höherer Wert in diesem Jahr mit Sicherheit nicht gegeben wäre.

Das BFG folgte der Argumentation der Bf nicht und stellte klar, dass es für die Anwendung des Grundstückswertes in vorliegendem Fall keine gesetzliche Grundlage gab und dass der Grundstückswert nur ein steuerlicher Hilfswert sei, der nach der neueren Gesetzeslage ausschließlich in besonderen Fällen (Erwerb innerhalb des begünstigten Personenkreises, Erbanfall, Anteilsvereinigung, Umgründung) für die GrESt-Bemessung vorgesehen sei. Weiters sei dieser nach den Erfahrungen des täglichen Lebens wesentlich unter dem tatsächlich zu erzielenden Preis für eine Liegenschaft angesiedelt, wodurch eine Schätzung des gemeinen Wertes in Höhe des Grundstückswertes somit nicht in Betracht kam.

Es war daher der gemeine Wert nicht vom Grundstückswert sondern zu Marktwerten zu ermitteln, weshalb die Beschwerde im Ergebnis vom BFG abgewiesen wurde.

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