BFG: Gewerblicher Grundstückshandel bei Verkauf von 30 Parzellen in vier Jahren

Tax News 10/2022

Immobilien

Kletterer

Bei Umwidmung in Bauland und Parzellierung in 30 Grundstücke eines großen ursprünglich land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks kann bei nachfolgendem Abverkauf der Grundstücke ein gewerblicher Grundstückshandel begründet werden. 

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin betreibt eine Land- und Forstwirtschaft. In den Jahren 2006 – 2012 wurde mit Verordnungen des Gemeinderats ein bisher für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutztes Gebiet in Bauland umgewidmet, parzelliert und aufgeschlossen. In den Jahren 2008 – 2012 wurden von der Beschwerdeführerin in Summe 30 Grundstücke an Dritte veräußert.

Fraglich war, ob dadurch ein gewerblicher Grundstückshandel begründet wurde. Dh es war strittig, ob die Grundstücksveräußerungen als Hilfsgeschäfte innerhalb der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, oder als Einkünfte aus Gewerbetrieb zu erfassen sind. Das BFG bejahte einen gewerblichen Grundstückshandel. 

2. BFG 20.7.2022, RV/7105561/2017

2.1. Gewerblicher Grundstückshandel

Generell ist eine Tätigkeit, die selbständig, nachhaltig, mit Gewinnabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird, gewerblich, wenn sie den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung überschreitet. Im Immobilienbereich ist nach der VwGH-Judikatur Grundstückshandel dann anzunehmen, wenn eine Liegenschaft aufgeschlossen, parzelliert und parzellenweise verkauft wird, der Grund und Boden also faktisch als „Ware“ behandelt wird.

Im vorliegenden Fall ging die Initiative zu den Grundstücksverkäufen von der Gemeinde aus. Sie hatte klare Vorstellungen über die Erweiterung des Baulands der Beschwerdeführerin, die konkrete Bauentwicklung und die Bereitstellung von Grundflächen zu vergünstigten Preisen für soziale Zwecke. Auch die Bewerbung hat im Wesentlichen die Gemeinde übernommen. Dies steht einer „selbstständigen“ Tätigkeit der Beschwerdeführerin nach Ansicht des BFG aber nicht entgegen. Anders wäre dies iSd VwGH Rechtsprechung zu sehen, wenn die Grundverkäufe nachweislich als Maßnahme zur Rettung des Gutsbetriebs dienten. Das war hier aber nicht der Fall. Darüber hinaus war die Tätigkeit aufgrund der zahlreichen Veräußerungen (30 Verkäufe innerhalb von 4 Jahren) als nachhaltig anzusehen. Die gesetzten Maßnahmen, die auf die Wertsteigerung von Grundstücken gerichtet waren (Parzellierung, Aufschließung), indizierten auch die Gewinnabsicht der Tätigkeit und sind, lt BFG, typisch für den gewerblichen Grundstückshandel (auch wenn die Grundstücke ohne jeglichen Zusammenhang mit ihrer seinerzeitigen Anschaffung veräußert wurden).

2.2. Rechtsfolgen

Die Qualifikation der Tätigkeit als gewerblicher Grundstückshandel führt dazu, dass eine Entnahme von Anlagevermögen aus dem Land- und Forstwirtschaftsbetrieb und gleichzeitig eine Einlage in das Umlaufvermögen des Gewerbebetriebs vorliegt. Grund und Boden des Anlagevermögens wird zu steuerlichen Buchwerten entnommen und zu steuerlichen Buchwerten in den Betrieb des gewerblichen Grundstückshandels eingelegt. Das führt bei der Veräußerung von Grundstücken seit dem 1.4.2012 und bei Vorliegen von „Neuvermögen“ dazu, dass die Differenz zwischen dem Teilwert im Einlagezeitpunkt in den Gewerbebetrieb und dem Buchwert im Entnahmezeitpunkt grundsätzlich der 30%igen Immobilienertragsteuer unterliegt. Der verbleibende Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und dem Teilwert im Einlagezeitpunkt ist infolge Veräußerung von Umlaufvermögen dem Normaltarif (Stufentarif) zu unterwerfen.

Das BFG hat keine ordentliche Revision an den VwGH zugelassen.

3. Fazit

Die dargestellte Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage der Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel. In der Praxis kann die steuerliche Beurteilung oft nicht eindeutig und einfach sein, da die Rechtsprechung des VwGH keine starren Objektgrenzen innerhalb bestimmter Zeiträume vorgibt. Vielmehr, wie auch mit dieser Entscheidung bestätigt wurde, handelt es sich um eine Sachverhaltsfrage, die nach dem objektiven Gesamtbild der Verhältnisse zu lösen ist. Aufgrund der damit einhergehenden zu beachtenden unterschiedlichen Steuerfolgen ist eine vorgelagerte steuerliche Analyse unerlässlich.

Ihr KPMG-Berater steht Ihnen gerne zur Verfügung.

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