Die Mehrheit der Unternehmen hat sich eher peripher mit dem ESG-Thema auseinandergesetzt. Das wird sich nun rasant ändern: Die regulatorischen Anforderungen nehmen stark zu (zB CSRD, EU-Taxonomie) und der Druck durch Gesellschaft und Investoren steigt. ESG Steering hilft dabei, Transparenz über die Nachhaltigkeits-Performance zu gewinnen und vorhandene Steuerungsinstrumente zu erweitern.

ESG (Environmental, Social, Governance) wird die Unternehmenswelt in den kommenden Jahren vor eine Vielzahl an Herausforderungen stellen und nachhaltig verändern. Es wird notwendig, eine Transparenz über die Nachhaltigkeits-Performance von Unternehmen zu schaffen. Sie ist nicht nur als Standortbestimmung und zum Zwecke des Monitorings für die anstehende Transformation Richtung Nachhaltigkeit notwendig. Analog zur Transparenz über finanzielle Performance wird sie eine inhärente Anforderung des Managements und der externen Stakeholder werden. ESG Steering bietet den Rahmen, um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden – eine neue Disziplin im Corporate Controlling.

Fünf Stufen

Der Weg von der ESG Compliance bis hin zu einer umfangreichen und integrierten ESG-Steuerung lässt sich dabei in fünf Reifegrade unterteilen:

  1. ESG Compliance
  2. Basic ESG Reporting
  3. Regular ESG Monitoring
  4. Integrated ESG Controlling
  5. Advanced ESG Steering

Die erste Stufe im Reifegradmodell bildet die ESG Compliance. Hierbei werden zwar die Anforderungen des Regulators erfüllt, Steuerungselemente sind jedoch nicht vorhanden. Die Datenerfassung und -aufbereitung erfolgt auf dieser Stufe meist manuell und via Excel. Die Nachteile sind ein hoher manueller Arbeitsaufwand, eine große Fehleranfälligkeit und eine strapaziöse Datenpflege. Darüber hinaus wird die Datenkonsistenzvalidierung für den Abschlussprüfer erschwert.

Auf der nächsten Stufe – dem Basic ESG Reporting – findet ein vierteljährliches Reporting statt. Für die Datenerfassung kommt ein zentrales, Worfklow-basiertes ESG Tool zur Anwendung. Dies hat den Vorteil, auf vordefinierte Strukturen im Tool zurückgreifen zu können, sodass der manuelle Aufwand etwas geringer als in der ersten Stufe ausfällt. Der große Nachteil bei der Verwendung so einer Stand-alone-Lösung ist jedoch, dass es keine Integration mit den Umsystemen gibt, der Support oftmals limitiert ist und sich dadurch kaum Zugewinne in der Datenkonsistenz und -validierung erzielen lassen.

Bei der dritten Stufe des Reifegradmodells kommt einerseits ein klares Rahmenwerk an KPIs zum Einsatz und andererseits wird für die Erfassung und Aufbereitung der Daten auf Enterprise Performance Management (EPM)-Funktionalitäten zurückgegriffen. Diese beziehen dabei relevante ESG-Informationen mit ein. Dadurch wird der manuelle Aufwand geringgehalten und die Datenqualität stark verbessert. Nichtsdestotrotz ist auf dieser Stufe noch keine vollständige Integration zwischen finanzieller und nicht-finanzieller Berichterstattung vorhanden.

Beim Integrated ESG Controlling – also Stufe vier des Reifegradmodells – werden die Stammdaten und Strukturen in den Kerngeschäftssystemen und Nebenbüchern um relevante ESG-Informationen erweitert. Dadurch wird ermöglicht, dass sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Informationen mit derselben Transaktion erfasst werden können (zB bei der Verbuchung der Stromrechnung wird neben dem Eurobetrag auch der Stromverbrauch in kWh berücksichtigt). Durch die so entstehende Verschränkung zwischen finanzieller und nicht-finanzieller Berichterstattung wird die Datenkonsistenz stark erhöht und die Planung von ESG KPIs wesentlich vereinfacht. Die Erweiterung der Stammdaten sorgt zwar für einen einmaligen Mehraufwand, führt auf lange Sicht aber zu erheblichen Vorteilen.

Die höchste Stufe des Reifegradmodells ist erreicht, wenn die ESG-Steuerung mittels KI-Technologien und Advanced Analytics weiter automatisiert, beschleunigt und verbessert werden kann. Insbesondere bei der Beantragung von Förderungen ist die zeitliche Komponente von hoher Relevanz. Durch den Einsatz von KI-Technologien lassen sich beispielsweise EU-Taxonomie-konforme Investitionen einfach und zeitnah erfassen, planen und ausweisen, sodass eine fristgerechte Beantragung von Fördermitteln ermöglicht wird.

In vier Phasen

Eine effiziente und integrierte ESG-Steuerung ist mehrdimensional. Sie hat sowohl auf organisatorischer, prozessualer, technischer als auch strategischer Ebene Auswirkungen auf den Finanzbereich. Die Einführung der ESG-Steuerung muss dennoch nicht zwingend komplex und aufwendig sein. Unser methodischer Ansatz untergliedert die Einführung in vier Phasen.

Im ersten Schritt erfolgt ein sogenannter ESG Readiness Check: Die fachliche, technische und operative Umsetzung des bestehenden ESG-Reportings bzw der aktuellen Nachhaltigkeitsberichterstattung wird analysiert. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf der Konformität des Reportings mit Geschäftsmodell/Branche des Unternehmens sowie der Steuerungsrelevanz der bestehenden Strukturen (Identifikation von steuerungsrelevanten KPIs aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung).

Aufbauend auf dem ESG Readiness Check kann anschließend der Reifegrad der ESG-Steuerung des Unternehmens erhoben werden. Für die Bestimmung des Reifegrades ist es essenziell, die Steuerung möglichst mehrdimensional zu betrachten. Dabei sollten die Dimensionen eines passenden Target Operating Models (TOM) berücksichtigt werden, nämlich:

  • Daten, KPIs & Berichte
  • Funktionale Prozesse
  • Mitarbeiter:innen
  • Dienstleistungsmodell
  • Technologie
  • Regulatorik & Governance

In Phase 3 gilt es, die zu erreichende Vision in Bezug auf die ESG-Steuerung zu definieren. Dazu werden die Ziele der Nachhaltigkeitssteuerung identifiziert, dokumentiert und auf Basis der Ist-Situation plausibilisiert. Für einen adäquaten Vergleich zwischen Ist-Situation und Zielbild werden wiederum die oben genannten Dimensionen des Target Operating Models herangezogen.

Abschließend werden Aktivitäten und Maßnahmen zur Schließung der Gaps zwischen der Ist-Situation und der Vision identifiziert. Die Aktivitäten werden zeitlich geordnet und können so in eine Roadmap überführt werden. Um möglichst rasch erste Erfolge und Zwischenziele zu erreichen, werden Quick Wins bestimmt und möglichst zeitnah umgesetzt.

Zahlreiche Vorteile

Eine vollumfängliche ESG-Steuerung stellt einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen dar und bietet unter anderem folgende Vorteile:

  • Bereits bestehende Reporting-/Steuerungsprozesse können weiterhin genutzt und um relevante Nachhaltigkeitsaspekte erweitert werden. Zur Erfassung der Daten für die ESG-Steuerung wird ebenfalls auf vorhandene Systeme zurückgegriffen. Diese müssen um die Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt werden.
  • Dank der zentralen Erfassung der relevanten Nachhaltigkeitsparameter möglichst früh im Prozess bzw in den Systemen (zB Stammdatenmanagement im ERP-/Kerngeschäftssystem) wird die Qualität der ESG-Daten stark erhöht. Der dadurch entstehende Konnex zwischen Finanzdaten und nicht-finanziellen Daten erleichtert zudem die Datenvalidierung und Nachvollziehbarkeit der ESG-Daten erheblich.
  • Eine Analysemöglichkeit der ESG-Aspekte auf Dimensionsebene wird geschaffen. Gleichzeitig können die gewonnenen Nachhaltigkeitsaspekte zur Vermarktung der Produkte und zur Ausrichtung der Produktpalette genutzt werden.
  • Die Erreichung der ESG-Ziele bzw Vermeidung der damit verbundenen finanziellen Risiken und die Finanzierung der Projekte durch den Ausweis der Nachhaltigkeit werden erleichtert. Eine vorausschauende Planung auf Projektebene wird möglich.