Implementierung von IFR/IFD in Österreich: Wertpapierfirmen sollen einen umfangreichen Tätigkeitskatalog nutzen können

Financial Services Newsflash

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Am 1. Juli 2022 wurde endlich der Ministerialentwurf zu der Umsetzung der EU-Vorgaben zur Investment Firm Directive (IFD) sowie Investment Firm Regulation (IFR) in Österreich veröffentlicht. Mit einem neuen Wertpapierfirmengesetz (WPFG) wird diese Umsetzung vorgenommen, wobei der Gesetzgeber damit bewusst eine Ausweitung des Tätigkeitskatalogs für Wertpapierfirmen vornimmt. Diesbezüglich bedarf es für die Ausübung ausgewählter Wertpapierdienstleistungen künftig keiner BWG-Konzession mehr.

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2034 (IFD) sowie der Verordnung (EU) 2019/2033 (IFR) wird ein neues prudentielles Regime für MiFID-Wertpapierfirmen geschaffen, das einerseits die Eigenmittel- und Kapitalanforderungen („K-Faktoren“) harmonisiert, andererseits neue Liquiditätsanforderungen sowie Berichterstattungs- und Offenlegungspflichten für Wertpapierfirmen vorsieht. Der vorliegende Gesetzentwurf präzisiert die nun schon lange erwartete österreichische Umsetzung dieses neuen Aufsichtsregimes.

Anfang Juli 2022 übermittelte das Bundesministerium für Finanzen (BMF) einen Gesetzesentwurf mit dem das neue Aufsichtsregime in Form eines neuen Wertpapierfirmengesetztes (WPFG), das gemeinsam mit der direkt anwendbaren IFR die unterschiedlichen Risikoprofile von Wertpapierfirmen erfassen und einen risikosensitiven und effizienten Aufsichtsrahmen schaffen soll.

Das WPFG, das auf alle gemäß WAG 2018 konzessionierten Wertpapierfirmen anwendbar sein soll, beinhaltet eine einfachere Kategorisierung von Wertpapierfirmen, die nach Art, Umfang, Risikogehalt und Komplexität der Geschäftstätigkeit determiniert ist.

Bedeutsam ist, dass der Gesetzesentwurf bewusst den vorgesehenen Tätigkeitskatalog für Wertpapierfirmen vollumfänglich umfasst, weshalb es aus österreichischer Sicht zu einer Ausweitung des Tätigkeitskatalogs kommt, die zudem konsistent mit den europarechtlichen Vorgaben ist, wodurch der heimische Kapitalmarkt gestärkt und Markteintrittsbarrieren reduziert werden sollen.

Wesentliche Inhalte des neuen WPFG

Aus Konsistenzgründen benötigen systemrelevante Wertpapierfirmen (Klasse 1-Wertpapierfirmen), die bankähnlichen Tätigkeiten ausüben und über Vermögenswerte iHv mindestens 30 Milliarden Euro verfügen, weiterhin eine Konzession als Kreditinstitute, sodass damit eine stringente bank- und wertpapieraufsichtsrechtliche Systematik eingezogen wird.

Dies ist deshalb sinnvoll, da aus Finanzmarktstabilitätsgründen für kleine und nichtverflochtene Wertpapierfirmen (Klasse 3-Wertpapierfirmen) gewisse Mindeststandards vorgegeben werden sollen, um deren Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität abzufedern. Aus diesem Grund dürfen sie auch keine Kundengelder halten. Zudem sind etliche Bestimmungen über die interne Unternehmensführung, Transparenz, Behandlung von Risiken und Vergütung konsequenterweise nicht anwendbar.

Für mittelgroße Wertpapierfirmen (Klasse 2-Wertpapierfirmen) kommt ein neues maßgeschneidertes prudentielles Aufsichtsregime des WPFG zur Anwendung, das etwa vorsieht, dass die Höhe des Anfangskapitals entsprechend den individuell ausgeübten konzessionierten Tätigkeiten und Dienstleistungen determiniert.

Die zuständige Behörde für die Exekution des neuen prudentiellen Aufsichtsregimes für Wertpapierfirmen in Österreich ist die FMA, die einerseits Kooperationsvereinbarungen mit Aufsichtsbehörden anderer EU-Mitgliedstaaten abschließen kann, andererseits Informationsaustausch mit Drittlandsaufsichtsbehörden ermöglichen soll.

In der täglichen Aufsichtspraxis soll der FMA die Berechtigung eingeräumt werden, den aufsichtsrechtlichen Status von Wertpapierfirmen zu überprüfen und gegebenenfalls Änderungen in den Bereichen der internen Unternehmensführung und Kontrolle sowie Risikomanagementverfahren zu verlangen, wobei allenfalls zusätzliche Kapital- und Liquiditätsanforderungen vorgeschrieben werden können.

Mit dem Gesetzesentwurf werden auch andere Gesetze angepasst, wie der folgende Überblick zeigen soll:

  • Änderung WAG 2018

Die bestehende Tätigkeitsliste, die mit einer WAG 2018-Konzession einhergeht, wird auf alle Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten des Anhangs I Abschnitt A und B MiFID erweitert. Tätigkeiten, die bisher eine BWG-Konzession erfordern, sollen künftig von Wertpapierfirmen mit einer WAG-Konzession durchgeführt werden können. Dies führt dazu, dass große Wertpapierfirmen zukünftig etwa auch einen Handel für eigene Rechnung betreiben, die Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere übernehmen, aber auch Kredite oder Darlehen an Anleger für die Durchführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten gewähren könnten, wenn diese im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen stehen.

  • Änderung BWG

Im BWG soll es zu konzessionsrechtlichen Anpassungen kommen, um die Stringenz des neuen prudentiellen Aufsichtsregimes für Wertpapierfirmen sowohl im Bank- als auch im Wertpapieraufsichtsrecht sicherzustellen.

  • Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes

Das ESAG soll dahingehend angepasst werden, dass die geplante Ausdehnung der Verpflichtung für Wertpapierfirmen betreffend eine Zugehörigkeit zu einer Entschädigungseinrichtung sichergestellt ist.

Weiterführende Details entnehmen Sie bitte dem Begutachtungsentwurf.

Es ist uns ein Anliegen, Sie stets auf dem neuesten Informationsstand zu halten. Auch in herausfordernden Zeiten sind wir ein verlässlicher Partner für Sie und stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Wir unterstützen Sie gerne bei der Umsetzung des neuen prudentiellen Aufsichtsregimes für Wertpapierfirmen sowie der Implementierung der neuen Regularien in Ihrem Unternehmen.