Nachhaltigkeit ist in der Zwischenzeit zum Kernthema geworden. Mit Hilfe von regulatorischen Anforderungen wie zB EU-Taxonomie, CSRD, EFRAG und CBAM wird der Druck auf Unternehmen erhöht, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Neben deren Umsetzung gewinnt auch die Einführung einer unternehmensweiten ESG-Steuerung und Planung an Bedeutung.

Erste Standards sind bereits heute verpflichtend umzusetzen, während weitere Anforderungen bis spätestens 2025 angewendet werden müssen. Doch auch aus finanzieller Sicht sollte frühzeitig investiert werden, da

  • künftig bis zu 1,5 Prozent des Umsatzes als CO2-Abgabe abgeführt werden müssen (basierend auf einer Evaluierung der Top 500 Unternehmen in Österreich hinsichtlich Umsatz und CO2- Emissionen)1
  • laut Analysen eine positive Korrelation zwischen dem ESG-Rating und dem Aktienkurs des Unternehmens besteht, Kapitalkosten für nachhaltige Unternehmen geringer sind und nachhaltige Unternehmen bis zu 20 Prozent mehr Umsatz erwarten können2
  • der Markt für „grüne“ Produkte um durchschnittlich 9,6 Prozent -
  • mit steigender Tendenz - wachsen wird3
  • die Finanzierung nachhaltiger Projekte mit bis zu EUR 10 Mrd durch den European Innovation Fund, einem der größten Förderprogramme der EU-Kommission, gefördert werden4.

1CO2-Steuerreform 2022/2024
2Studie University of Oxford (https://www.esginvestor.net/sustainability-is-an-investment-not-a-cost/)
3Angaben des Umweltbundesamts (https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/konsum-produkte/gruene-produkte-marktzahlen#umsatz-mit-grunen-produkten)
4Förderprogramm der EU-Kommission (https://ec.europa.eu/clima/system/files/2019-09/innovation_fund_factsheet_en.pdf)

ESG-Steuerung und Planung

Mit der Einführung einer effizienten ESG-Steuerung wird nicht nur die notwendige Regulatorik abgedeckt, vielmehr ist eine zielgerichtete Steuerung von Nachhaltigkeitsaspekten durch die Einführung neuer, messbarer KPIs (zB CO2-Emission auf Produktebene) im Unternehmen möglich. Zur weitestgehend automatisierten Erhebung der erforderlichen Nachhaltigkeitsdaten und -informationen wird ein Datenmodell konzipiert sowie passende Strukturen in den Stammdaten der Kerngeschäftssysteme geschaffen.

Beispiel Carbon Accounting

Abbildung 1: Beispiel Carbon Accounting durch Erweiterung des Kontenplans und Aufbau von Berechnungstabellen zur Erfassung und Berechnung von CO2-Emissionen

Aufbauend auf den definierten KPIs sowie dem zugrundeliegenden Datenmodell, kann ein treiberorientiertes Steuerungsmodell aufgebaut werden, welches die integrierte Planung sowie Szenarioanalyse & -simulation von Nachhaltigkeitsaspekten ermöglicht. Ein Beispiel für ein treiberorientiertes Steuerungsmodell wäre der Carbon Tree, welcher die CO2-Emissionen anhand von Dimensionen stufenweise aggregiert (siehe Abbildung 2).

 Carbon Tree und Dashboard

Abbildung 2: Carbon Tree und Dashboard als zentrale Komponenten der ESG-Steuerung

Die Ergebnisse des Steuerungsmodells werden anschließend in einem ESG-Dashboard für die Entscheidungsunterstützung im Management grafisch aufbereitet. Um die Operationalisierung der Nachhaltigkeit im Unternehmen sicherzustellen, muss der Steuerungsprozess in der Organisation entsprechend integriert und verankert werden. Dies kann zB durch die Anreizsetzung bei Mitarbeitern erfolgen, indem die Vergütung nicht mehr rein auf Basis von finanziellen Kennzahlen erfolgt, sondern auch Nachhaltigkeitskennzahlen in die variable Komponente der Vergütung miteinbezogen werden.

KPMG Methodik & Vorgehensweise

Obwohl eine effiziente und integrierte ESG-Steuerung mehrdimensional betrachtet werden muss und sowohl auf organisatorischer, prozessualer, technischer als auch strategischer Ebene Auswirkungen auf den Finanzbereich hat, muss die Einführung der ESG-Steuerung nicht zwingend komplex und aufwendig sein. Anhand unseres methodischen Ansatzes lässt sich die Einführung in 4 Phasen untergliedern (siehe Abbildung 3):

  1. ESG Readiness Check
    Im ersten Schritt erfolgt ein sogenannter Desktop-Review, bei dem die fachliche, technische und operative Umsetzung des bestehenden ESG-Reportings bzw der aktuellen Nachhaltigkeitsberichterstattung analysiert wird. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Konformität des Reportings mit dem Geschäftsmodell/Branche des Unternehmens sowie der Steuerungsrelevanz der bestehenden Strukturen (Identifikation von steuerungsrelevanten KPIs aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung).
  2. Evaluierung ESG-Steuerung-Reifegrad
    Aufbauend auf dem ESG Readiness Check wird der Reifegrad der ESG-Steuerung des Unternehmens gemeinsam mit dem Kunden erhoben. Für eine strukturierte Bestimmung des Reifegrades ist es essenziel, die Steuerung möglichst mehrdimensional zu betrachten. In unserem Ansatz greifen wir dazu auf ein passendes Target Operating Model (TOM) zurück. Wie so ein ESG-Steuerungs-TOM aufgebaut ist und welche Dimensionen betrachtet werden müssen, können Sie demnächst in einem weiteren Blog-Beitrag unserer Reihe zur ESG-Steuerung entnehmen.
  3. Definition ESG-Steuerungs-Vision
    In Phase 3 gilt es die zu erreichende Vision in Bezug auf die ESG-Steuerung zu definieren. Dazu werden die Ziele der Nachhaltigkeitssteuerung gemeinsam mit dem Kunden identifiziert, dokumentiert und auf Basis der IST-Situation plausibilisiert. Für einen adäquaten Vergleich zwischen IST-Situation und Zielbild bzw Vision, können wiederum die Dimension des Target Operating Models herangezogen werden.
  4. ESG-Steuerung Roadmap & Umsetzung
    Abschließend werden Aktivitäten und Maßnahmen zur Schließung der Gaps zwischen der IST-Situation und der Vision identifiziert. Die Aktivitäten werden dabei zeitlich geordnet und können so in eine Roadmap überführt werden. Um möglichst rasch erste Erfolge und Zwischenziele zu erreichen, werden Quick-Wins bestimmt und möglichst zeitnah umgesetzt.
Vorgehensweise & Methodik zur Einführung der ESG-Steuerung

Abbildung 3: Vorgehensweise & Methodik zur Einführung der ESG-Steuerung

Vorteile der ESG-Steuerung & Planung

Eine vollumfängliche ESG-Steuerung stellt einen enormen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen dar und bietet unter anderem folgende Vorteile:

  • Integration von Prozessen und Systemen
    Bereits bestehende Reporting-/Steuerungsprozesse können weiterhin genutzt und um relevante Nachhaltigkeitsaspekte erweitert werden. Zur Erfassung der Daten für die ESG-Steuerung kann ebenfalls auf vorhandene Systeme zurückgegriffen werden. Diese müssen dazu um die Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt werden (zB Erweiterung um Nachhaltigkeitsinformationen in den Stammdaten).
  • Datenqualität und Nachvollziehbarkeit
    Dank der zentralen Erfassung der relevanten Nachhaltigkeitsparameter möglichst früh im Prozess bzw in den Systemen (zB Stammdatenmanagement im ERP-/Kerngeschäftssystem) wird die Qualität der ESG-Daten stark erhöht. Durch den dadurch entstehenden Konnex zwischen Finanzdaten und nicht finanziellen Daten wird zudem die Datenvalidierung und Nachvollziehbarkeit der ESG-Daten enorm erleichtert.
  • Marketing & Steuerung
    Eine Analysemöglichkeit der ESG-Aspekte auf Dimensions-Ebene wird geschaffen und gleichzeitig können die gewonnenen Nachhaltigkeitsaspekte zur Vermarktung der Produkte und zur Ausrichtung der Produktpalette genutzt werden.
  • Zielerreichung & Planung
    Die Erreichung der ESG-Ziele bzw Vermeidung der damit verbundenen finanziellen Risiken und die Finanzierung der Projekte durch den Ausweis der Nachhaltigkeit können sichergestellt werden. Außerdem wird eine vorausschauende Planung auf Projektebene möglich.