VwGH & OGH zum Asset Deal einer vermieteten Liegenschaft – Neues umsatzsteuerliches Mietverhältnis & kein Ausgleichsanspruch nach § 30 UStG

Tax News 12/2021

Immobilien

Kletterer

Nach jüngster Ansicht des VwGH beginnt bei Erwerb einer vermieteten Liegenschaft im Asset Deal umsatzsteuerlich ein neues Mietverhältnis. Daran ändert auch ein „zwingender“ zivilrechtlicher Eintritt des Vermieters in die bestehenden Mietverhältnisse nach § 1120 ABGB nichts. Bestehende Mietverhältnisse mit nicht vorsteuerabzugsberechtigten Mietern, die vor dem 01.09.2012 begonnen haben, können somit nicht als umsatzsteuerpflichtig behandelt werden, was vermieterseitig uU zu nicht abzugsfähigen Vorsteuern führt. 

In dem Zusammenhang hat weiters der OGH unlängst entschieden, dass dem Erwerber einer Liegenschaft (der in das Mietverhältnis ex lege als Vermieter eintritt) Vermieter in einem solchen Fall kein auf § 30 UStG gestützter Ausgleichsanspruch gegenüber nicht vorsteuerabzugsberechtigten Mietern zusteht.

Wie in unserer Tax News-Ausgabe 08-09/2019 berichtet, entschied das BFG (06.05.2019, RV/7101631/2016), dass bei Erwerb einer vermieteten Liegenschaft durch den Wechsel auf Vermieterseite kein neues Mietverhältnis iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG vorliegt. Damit war vorläufig bestätigt, dass auch bei Übergang eines Mietverhältnisses im Wege der Einzelrechtsnachfolge die eingeschränkte Optionsmöglichkeit zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung nicht Anwendung findet, sofern das Mietverhältnis vor dem 31.08.2012 begonnen hat. 

Kürzlich erging aufgrund der dagegen eingebrachten Amtsrevision das Erkenntnis des VwGH. Das Höchstgericht verneint die Sichtweise des BFG. In seiner Begründung verweist das Höchstgericht ua auf ein Erkenntnis des OGH auf das im Rahmen dieses Beitrags ebenfalls kurz eingegangen werden soll.

1. VwGH: Neues umsatzsteuerliches Mietverhältnis bei Erwerb einer vermieteten Liegenschaft 

Der VwGH kommt zum Schluss, dass durch den Verkauf eines vermieteten Grundstücks, wodurch es zur Änderung der Person des Vermieters kommt, ein neues umsatzsteuerliches Mietverhältnis iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG (zwischen den bestehenden Mietern und dem neuen Vermieter) beginnt. Das Höchstgericht argumentiert zusammengefasst wie folgt: 

  • Das Vorliegen eines neuen Mietverhältnisses iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG kann nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass es zivilrechtlich zu einem Eintritt des Vermieters oder Mieters in den bestehenden Miet- oder Pachtvertrag kommt (Ausnahme beim Eintritt im Wege der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge; vgl Tax News 04/2019). Auch dann nicht, wenn der Eintritt gem § 1120 ABGB „zwingend“ zu erfolgen hat. 
  • Die Inkrafttretensbestimmung des § 28 Abs 38 Z 1 UStG normiert die Anwendung des „neuen“ § 6
    Abs 2 UStG idF 1. StabG 2012 (eingeschränkte Optionsmöglichkeit zur steuerpflichtigen Vermietung) auf nach dem 31.08.2012 begonnene Miet- und Pachtverhältnisse. Nach den Gesetzesmaterialien sollen damit „Härten“ vermieden werden. Die Anwendung des „neuen“ § 6 Abs 2 UStG in Bezug auf Mietverhältnisse, in die der Vermieter nach § 1120 ABGB zwingend eintritt, kann nicht als Härte angesehen werden, weil der Käufer seine Dispositionen (Investitionsentscheidung) bereits im Wissen um die neue Rechtslage getroffen hat. Der VwGH verweist diesbezüglich auf die Entscheidung des OGH vom 20.10.2021 (Ob 165/20a).  

Das bedeutet konkret: Wird eine vermietete Immobilie im Asset Deal erworben, beginnt aufgrund des Vermieterwechsels umsatzsteuerlich ein neues Mietverhältnis (was letztlich der Ansicht der Finanzverwaltung entspricht; vgl UStR 2000 Rz 899c). Der (neue) Vermieter kann hinsichtlich der übernommenen Mietverhältnisse gemäß der Neuregelung des § 6 Abs 2 UStG nur dann die Option zur steuerpflichtigen Vermietung ausüben, wenn der Mieter das Grundstück (oder Teile des Grundstücks) nahezu ausschließlich
(> 95 %) für steuerpflichtige Umsätze verwendet. Dies gilt auch dann, wenn die Immobilie im Erwerbszeitpunkt teilweise an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter schon vor dem 31.08.2012 vermietet war. Ist dies der Fall, ist zu beachten, dass allfällige Vorsteuern aus dem Ankauf der Immobilie nicht zur Gänze abzugsfähig sind. Auch auf laufende Vorsteuerkorrekturen ist zu achten.  

2. OGH zum Ausgleichsanspruch nach § 30 UStG für den Käufer einer vermieteten Liegenschaft gegenüber einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Mieter („Umsatzsteuerschädling“) 

Der OGH hatte sich unlängst damit auseinanderzusetzen, ob nach dem Erwerb einer Liegenschaft im Wege eines Asset Deals im Jahr 2018 Ersatzansprüche des neuen Eigentümers und Vermieters nach § 30 UStG zustehen, wenn infolge des aus umsatzsteuerlicher Sicht neuen Mietverhältnisses die Möglichkeit einer Option zur steuerpflichtigen Vermietung entfällt (1 Ob 165/20a):

Der vorherige Eigentümer hatte im Rahmen des mit der nicht vorsteuerabzugsberechtigten Mieterin vor dem Jahr 2012 abgeschlossenen Mietvertrags zur Umsatzsteuerpflicht optiert und der Mieterin die USt entsprechend vorgeschrieben, welche von dieser auch bezahlt wurde. Nach dem Erwerb der Liegenschaft hat der Erwerber als neuer Vermieter der (übernommenen) Mieterin einen auf § 30 UStG gestützten Pauschalausgleich in Höhe der Umsatzsteuer vorgeschrieben. Die Mieterin verweigerte dies mit Verweis darauf, dass im (vom Erwerber übernommenen) Mietvertrag ein Nettomietzins zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer vereinbart war, die Zahlung dieses Pauschalausgleichs.

Der OGH verneinte einen Anspruch des Vermieters nach § 30 UStG und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

  • § 30 UStG dient der Anpassung langfristiger Verträge an Änderungen des Steuersatzes sowie von Steuerbefreiungen und zielt damit darauf ab, eine faire und ausgewogene Vertragssituation herzustellen, wenn gesetzliche Änderungen eintreten, mit denen die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss nicht gerechnet haben und die eine Vertragspartei wirtschaftlich benachteiligen.
  • Ein derartiger Schutz der Vertragsparteien ist nur erforderlich, wenn der Vertrag vor Inkrafttreten der umsatzsteuerlichen Änderung geschlossen wurde, daraus geschuldete Leistungen aber (auch) nach diesem Zeitpunkt erbracht werden.
  • Beim Eintritt auf Vermieterseite infolge des Erwerbs liegt ein derartiges „Überraschungsmoment“ aber gerade nicht vor, da sich der Erwerber auf die bestehende Rechtslage einstellen kann und wirtschaftlich im Rahmen seiner Investitionsentscheidung abwägen kann. Eine Mehrbelastung des Erwerbers liegt daher nicht vor, weshalb auch ein Ersatzanspruch nach § 30 UStG nicht zusteht.

3. Conclusio 

Wird eine vermietete Immobilie im Asset Deal erworben, ist zu beachten, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung und nach jüngster Ansicht des VwGH umsatzsteuerlich ein neues Mietverhältnis beginnt. Die resultierenden negativen umsatzsteuerlichen Konsequenzen kann der (neue) Vermieter nach der Rechtsprechung des OGH auch nicht gegenüber dem Mieter geltend machen.

Daher ist zu empfehlen, im Rahmen einer Tax Due Diligence die umsatzsteuerliche Qualifikation der Mieter zu untersuchen, um allfällige negative Konsequenzen im Hinblick auf den Vorsteuerabzug zu erkennen und (allenfalls Vorsorge im Rahmen der (alternativen) Strukturierung der Transaktion und/oder der Berechnung des Kaufpreises treffen zu können.

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