Tax News: EuGH: Vorsteuerabzug bei gemischten Holdinggesellschaften

EuGH: Vorsteuerabzug bei gemischten Holdinggesellschaft

Der EuGH hat im Urteil vom 2. November 2020 (C‑42/19 Sonaecom) entschieden, dass einer gemischten Holdinggesellschaft der Vorsteuerabzug für bezogene Leistungen auch ohne Verwirklichung der beabsichtigen Investition zusteht.

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Für den Inhalt verantwortlich

Esther Freitag

Partnerin, Tax

KPMG Austria

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Sonaecom ist eine Holdinggesellschaft, die neben ihrer Tätigkeit des Erwerbs, des Haltens und der Verwaltung von Beteiligungen auch in der Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften tätig ist. 2005 bezog Sonaecom Beratungsdienstleistungen, die aus einer Markterkundung im Hinblick auf den Erwerb von Anteilen an einem Telekommunikationsbetreiber (Cabovisão) bestanden. Sonaecom beabsichtigte an Cabovisão umsatzsteuerpflichtige Verwaltungsdienstleistungen zu erbringen. Um die Geschäftsanteile an Cabovisão erwerben zu können, zahlte Sonaecom außerdem eine Provision für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Organisation, Einrichtung und Absicherung der Ausgabe einer Anleihe in Höhe von EUR 150 Mio. Der Erwerb von Cabovisão durch Sonaecom wurde letztlich nicht verwirklicht; aus diesem Grund entschied Sonaecom, den aufgenommenen Anleihebetrag ihrer Muttergesellschaft in Form eines Darlehens zur Verfügung zu stellen. 

Sonaecom machte die Vorsteuer aus den bezogenen Beratungsdienstleistungen und den Kosten der bezogenen Dienstleistungsprovision geltend. Die Steuerbehörden waren jedoch der Ansicht, dass der Erwerb der Dienstleistungen nicht die Bewirkung von besteuerten Ausgangsumsätze zur Folge hatte und versagten den Vorsteuerabzug der bezogenen Leistungen.

Der EuGH (C‑42/19) prüfte einerseits die Frage, ob eine gemischte Holding den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Beratungsdienstleistungen in Bezug auf eine im Hinblick auf den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an einer anderen Gesellschaft durchgeführte Markterkundung geltend machen darf, obwohl letztendlich der Erwerb der Gesellschaftsanteile nicht zustande kam. 

Der EuGH führte aus, dass Holdinggesellschaften grundsätzlich nur wirtschaftliche Tätigkeiten iSd MwStSyst-RL ausführen, sofern ein (un-)mittelbarer Eingriff der Holdinggesellschaft in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften besteht. Ein solcher (un-)mittelbarer Eingriff liegt insbesondere bei der Erbringung von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen vor. Im vorliegenden Fall beabsichtigte Sonaecom die Gesellschaftsanteile von Cabovisão zu erwerben und an sie umsatzsteuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen zu erbringen, um damit eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Richtlinie auszuüben. 

Da die Kosten für die Beratungsdienstleistungen nach der EuGH-Rsp zu den allgemeinen Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit von Sonaecom gehören, die sie in ihrer Eigenschaft als gemischte Holding ausübt, steht Sonaecom somit grundsätzlich das Recht zu, die für diese Dienstleistungen entrichtete Mehrwertsteuer vollständig als Vorsteuer abzuziehen.

In der zweiten Vorlagefrage prüfte der EuGH, ob der Vorsteuerabzug von Sonaecom auch für das Beziehen der Provision iZm der Ausgabe der Anleihe bestehen bleibt, obwohl Sonaecom die Anleihe vollständig in Form eines Darlehens an ihre Muttergesellschaft ausbezahlte. 

Basierend auf der wörtlichen, systematischen und teleologischen Auslegung verneinte der EuGH den Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Provisionsdienstleistung, weil in diesem Fall ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den auf der Eingangsstufe bezogenen Dienstleistungen und einem befreiten Ausgangsumsatz, nämlich der Gewährung eines Darlehens an ihre Muttergesellschaft, besteht. 

Anmerkung: 

In der vorliegenden Rs Sonaecom schließt der EuGH an seine stRsp an, wonach der Vorsteuerabzug grundsätzlich zusteht, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass die Leistungen für eine beabsichtigte umsatzsteuerpflichte Leistung bezogen wurden. Verwendet der Unternehmer die bezogenen Leistungen jedoch für steuerbefreite Umsätze, so ist der Unternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

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