Tax News: BFG: Tatsächliche Nutzung hat Indizwirkung für die angemessene Wohnqualität einer Wohnung iSd § 26 BAO

BFG: Tatsächliche Nutzung hat Indizwirkung für die ange

Erneut beschäftigt sich das Bundesfinanzgericht (BFG) mit der Auswirkung der Nutzungsdau-er/Aufenthaltsdauer auf das Vorliegen eines abgabenrechtlichen Wohnsitzes. Nach der Rsp des BFG stellt eine mehrmalige Nutzung über mehrere Wochen ein Indiz für die angemessene Wohn-qualität einer Unterkunft und damit für das Vorliegen einer Wohnung dar.

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Für den Inhalt verantwortlich

Stefan Papst

Partner, Tax

KPMG Austria

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1. Unbeschränkte Steuerpflicht und Wohnsitz

Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht setzt das Vorliegen eines Wohnsitzes voraus. Hiefür muss der Steuerpflichtige in Österreich eine Wohnung innehaben (§ 26 BAO). Unter einer Wohnung sind Räumlichkeiten zu verstehen, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind.

2. Sachverhalt: Ferienhaus als Wohnung?

In den verfahrensgegenständlichen Jahren ging der Steuerpflichtige seiner Ausbildung nach. Seinen Hauptwohnsitz hatte er im Haus seiner Eltern in der Schweiz. Seit mehreren Jahrzehnten war seine Mutter Miteigentümerin eines Ferienhauses in Österreich. Dem Steuerpflichtigen stand dort ein kleiner Raum zur Verfügung. Küche, Bad, WC und Wohnzimmer der Eltern konnte er mitbenutzten. Er verfügte über einen eigenen Schlüssel. Eine schriftliche „Nutzungsvereinbarung“ bestand nicht. Die Eltern des Steuerpflichtigen verbrachten ca fünfmal pro Jahr ein bis zwei Wochen im Ferienhaus. Der Steuerpflichtige selbst hielt sich gelegentlich im Ferienhaus auf (Erholung, Familientreffen). Aufzeichnun-gen über die Aufenthaltsdauer wurden nicht geführt.

Das Finanzamt verneinte das Vorliegen einer Wohnung und folglich eines Wohnsitzes iSd § 26 BAO, ua weil die räumlich beengten Verhältnisse keine den persönlichen Verhältnissen entsprechende Be-friedigung des Wohnbedürfnisses ermöglichten. Die Situation des Steuerpflichtigen sei mit einer Schlafstelle oder einem Notbett vergleichbar.

3. BFG: Tatsächliche Nutzungsdauer als Indiz für Vorliegen einer Wohnung

Die elterliche Nutzung des Ferienhauses stellt für das BFG (13.08.2020, RV/5101384/2015) ein Indiz für eine „angemessene Wohnqualität“ der Unterkunft dar. Da der Steuerpflichtige bei seinen Aufenthalten am Nebenwohnsitz ebenso wie am Hauptwohnsitz Küche, Bad, WC und Wohnzimmer mitbenutzen konnte, war sein Zimmer im Verband mit den übrigen Räumlichkeiten sowohl der Größe als auch der Ausstattung nach in Bezug auf seine (damaligen) persönlichen Verhältnissen als angemessen zu er-achten. Es liegt somit eine Wohnung und folglich ein Wohnsitz iSd § 26 BAO vor (siehe auch BFG 08.06.2020, RV/5101389/2015).

4. Ergebnis

Die Auswirkungen der konkreten Nutzungsdauer/Aufenthaltsdauer auf das Vorliegen eines Wohnsitzes beschäftigen die österr Gerichte regelmäßig. In der vorliegenden Entscheidung setzt sich das BFG mit der vorgelagerten Frage auseinander, ob überhaupt Räumlichkeiten vorliegen, welche zum Wohnen geeignet sind. Dabei indiziert die tatsächliche Nutzung einer Unterkunft, dass diese zum Wohnen geeignet ist. Wenn eine Unterkunft über „angemessene Wohnqualität“ verfügt und in der tatsächlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen steht, kommt der konkreten Nutzungsdauer keine Bedeutung mehr zu (VwGH 05.03.2020, 2019/15/0145; Tax News April/Mai 2020: Geringfügigkeit der tatsächlichen Nutzung schließt Wohnsitz nicht aus).

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