Tax News: BFG zur Einbringung von Bescheidbeschwerden ohne Begründung zwecks Fristverlängerung

BFG zur Einbringung von Bescheidbeschwerden ohne Begrün

Nach Auffassung des BFG kann eine erkennbar bewusst mangelhafte Beschwerde zwecks Erreichung eines Mängelbehebungsauftrages sofort zurück zu weisen sein.

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Markus Vaishor

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1) Allgemein: Worauf ist bei Einbringung einer Bescheidbeschwerde zu achten? 

Gem § 243 BAO iVm § 245 BAO kann gegen einen von der Abgabenbehörde erlassenen Bescheid innerhalb eines Monats Beschwerde erhoben werden. Darüber hinaus muss gem § 250 Abs 1 BAO eine Bescheidbeschwerde Folgendes enthalten: 

  • die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet,
  • die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird,
  • die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und
  • eine Begründung.

Ist die rechtzeitige Einreichung einer Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist nicht möglich, kann auf Antrag um eine Verlängerung der Beschwerdefrist unter Angabe berücksichtigungswürdigender Gründe bei der Abgabebehörde ersucht werden (vgl § 245 Abs 3 BAO). Erforderlichenfalls kann die Beschwerdefrist auf Antrag auch wiederholt verlängert werden. 

In der Praxis kommt es durchaus vor, dass Bescheidbeschwerden zwar innerhalb der 1-monatigen Beschwerdefrist eingereicht werden, aber ohne ausführliche Begründung bzw mit dem Hinweis, dass eine solche noch nachgereicht werde. 

Das BFG entschied jüngst in einem Fall, in dem ebenso vorgegangen wurde. 

2) BFG 06.03.2020, RV/7105843/2019

Zusammengefasst handelte es sich um den folgenden Sachverhalt: 

  • Gegen einen Einkommensteuerbescheid wurde vom steuerlichen Vertreter einer natürlichen Person Beschwerde eingereicht, die laut Datum des Beschwerdeschreibens innerhalb der 1-monatigen Beschwerdefrist eingereicht wurde. Die Beschwerde enthielt keine Begründung sondern lediglich den Hinweis, dass die Begründung innerhalb von 10 Tagen nachgereicht werde. 
  • Das Finanzamt wies die Beschwerde aufgrund des nicht fristgerechten Einbringens zurück [Anmerkung: Der Einkommensteuerbescheid wurde am 14. Jänner 2019 zugestellt. Die 1-monatige Beschwerdefrist endete daher am 14. Februar 2019. Die eingereichte Beschwerde war mit 14. Februar 2019 datiert, allerdings wurde diese erst einen Tag später – am 15. Februar 2019 – im Einwurfkasten des Finanzamts eingeworfen]. 
  • Der steuerliche Vertreter hat dagegen einen Antrag auf Vorlage über die Beschwerde (Vorlageantrag gem § 262 BAO) eingereicht mit der Begründung, dass die gegen den Einkommensteuerbescheid gerichtete Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde. 
  • Zusätzlich wurden vom steuerlichen Vertreter 11 weitere „Beschwerden“ gegen den Einkommensteuerbescheid eingereicht - jeweils mit dem Hinweis, dass die Begründung nachgereicht werde. Die iSd § 250 Abs 1 BAO nicht vollständigen Beschwerden sollten daher als Fristverlängerung zur Beschwerdeergänzung dienen. 

Das BFG beurteilte den Sachverhalt wie folgt: 

  • Verspätete Beschwerde?
    Die einen Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist, dem 15. Februar 2019, beim Finanzamt eingeworfene Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid wäre (bei Erfüllung aller inhaltlichen Erfordernisse einer Beschwerde gem § 250 Abs 1 BAO) grundsätzlich zurecht vom Finanzamt gem § 260 Abs 1 lit b BAO als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen gewesen. 
  • Mangelhafte Beschwerde?
    Im Ergebnis scheiterte es aber nicht an der verspäteten Beschwerde, sondern diese ist bereits aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit als nicht zulässig nach § 260 Abs 1 lit a BAO zurückzuweisen. Diesbezüglich führt das BFG aus, dass neben der Begründung auch die konkrete Anfechtungserklärung und eine Erklärung über die beantragten Änderungen fehlten.
    Darüber hinaus wird unter Verweis auf zahlreiche VwGH-Judikatur (vgl nur zuletzt VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0059) ausgeführt, dass bei bewusster Herbeiführung eines Mangels durch die Partei, indem einfach eine „leere Beschwerde“ durch den Vertreter eingebracht wird, um etwa auf dem Umweg eines Mängelbehebungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, für einen Mängelbehebungsauftrag kein Raum bleibt und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen sofort zurückzuweisen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Partei anstelle der Einbringung einer mangelhaften Beschwerde ein Fristverlängerungsantrag nach § 245 Abs 3 BAO grundsätzlich möglich gewesen wäre. Die Einreichung einer „Leerbeschwerde“ kann nicht zur Umgehung des § 245 Abs 3 BAO führen.
    Im vorliegenden Fall wurde die Qualifikation der Beschwerde als rechtsmissbräuchlich eingebracht besonders deutlich, da es dem steuerlichen Vertreter innerhalb von sieben Monaten nicht gelungen ist, die mangelhafte Beschwerde zu vervollständigen. Darüber hinaus wäre es unter Angabe von berücksichtigungswürdigenden Gründen möglich gewesen, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen. Solche berücksichtigungswürdigende Gründe enthalte nicht einmal die mangelhafte Beschwerde, die „lapidar eine Nachreichung der Begründung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht stellt“. 

3) Was kann aus der BFG-Entscheidung für die Praxis abgeleitet werden? 

Grundsätzlich ist zu empfehlen, eine iSd § 230 Abs 1 BAO vollständige Bescheidbeschwerde innerhalb der 1-Monatsfrist einzureichen. Sollte dies nicht gelingen, ist darauf zu achten, rechtzeitig (dh innerhalb der 1-Monatsfrist) unter Angabe von berücksichtigungswürdigenden Gründen einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist zu stellen. Allenfalls sollte bei Einreichung einer Beschwerde mit angekündigter Nachreichung einer Begründung darauf geachtet werden, dass berücksichtigungswürdigende Gründe für die Nachreichung angegeben werden sowie die weiteren inhaltlichen Erfordernisse des § 250 Abs 1 BAO erfüllt werden. Denkbar wäre auch zumindest eine kurze Begründung, die dann mit einer ausführlicheren Begründung ergänzt wird.

Im zuvor dargestellten Fall wurde durch die zahlreichen „Fristverlängerungsanträge“ mittels Einreichung von mangelhaften Beschwerden, die zudem keinen Grund für die angekündigte Nachreichung einer Begründung enthielten, der Bogen eindeutig überspannt. Die BFG Rsp macht auch deutlich, dass die Einreichung einer mangelhaften Beschwerde mit nicht begründetem Hinweis auf eine Nachreichung der Begründung einen Fristverlängerungsantrag grundsätzlich nicht ersetzt, sodass in der Praxis insb auf eine sorgfältige Abwicklung und die termingerechte Einreichung von Beschwerden unter Beachtung der Anforderungen des § 250 Abs 1 BAO zu achten ist. 

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