Tax News: Outbound-Gewinnausschüttungen im Konzern post-Brexit

Outbound-Gewinnausschüttungen im Konzern post-Brexit

„Got Brexit done“ heißt es in Großbritannien seit Anfang Februar 2020. Aus steuerlicher Sicht ist der Brexit bis Ende des Jahres 2020 jedoch vorläufig noch nicht Realität. Denn das zwischen der Europä-ischen Union und Großbritannien vereinbarte Austrittsabkommen stellt sicher, dass sich bis Ablauf der Übergangs-phase (also bis 31.12.2020) aus steuerlicher Sicht keine allzu großen Änderungen ergeben. Der steuerliche Brexit erfolgt somit erst mit Ablauf des Jahres 2020. Für die Zeit danach wurde aus österreichischer Sicht mit dem Abschluss eines neuen DBA mit Großbritannien zum Teil bereits Vorsorge getroffen.

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Für den Inhalt verantwortlich

Christoph Plott

Partner, Head of Tax

KPMG Austria

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Erklärtes Ziel dieses DBA ist es, „durch den geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU die Weiteranwendung bestimmter EU-Richtlinien im Wege eines Doppel­besteuerungsabkommens sicherzustellen“ (vgl Schmidjell-Dommes, SWI 2019, 58). Für grenzüberschreitende Gewinnausschüttungen zwischen Konzerngesellschaften wurde zB eine Quellensteuerreduktion auf 0 % vereinbart (Artikel 10 Abs 2 lit b sublit i DBA Österreich-Großbritannien), was im Kern den Vorgaben der Mutter-Tochter-Richtlinien entspricht. Auf den ersten Blick scheinen für Outbound-Gewinnausschüttungen im Konzern daher auch nach 2020 keine Änderungen anzustehen. Der Schein trügt jedoch. Denn im Detail ergeben sich durch den Brexit im Einzelfall durchaus erhebliche Nachteile.

1. Quellensteuerentlastung Pre-Brexit

Bezieht eine ausländische EU/EWR-Gesellschaft (ausländische Muttergesellschaft) Dividenden von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft (österreichische Tochtergesellschaft) und besteht ein mittel- oder unmittelbares Beteiligungsverhältnis von mindestens 10 %, kann die ausschüttende Gesellschaft gemäß § 94 Z 2 EStG unter bestimmten Voraussetzungen eine Entlastung an der Quelle vornehmen. Die österreichische Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie sorgt somit dafür, dass Outbound-Dividenden im Konzern unter bestimmten Voraussetzungen quellensteuerfrei erfolgen können.

Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um an der Quelle entlasten zu können, wird in einer noch zur Vorgängerregelung des § 94 Z 2 EStG ergangenen Verordnung geregelt (BGBl I 56/1995). Im Kern ist nach der Verordnung eine Entlastung an der Quelle nur dann zulässig, wenn kein Missbrauchsverdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die ausländische Muttergesellschaft

  • eine Betätigung entfaltet, die über die bloße Vermögensverwaltung hinausgeht,
  • eigene Arbeitskräfte beschäftigt und
  • über eigene Betriebsräumlichkeiten verfügt.

Ist auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt ein Missbrauchsverdacht vor und die KESt-Entlastung kann nicht an der Quelle, sondern hat im Rückerstattungsweg zu erfolgen. Die Verwaltungspraxis sieht jedoch zum Teil Erleichterungen vor, wie ein Missbrauchsverdacht entkräftet werden kann:

a. Rückerstattungsverfahren: Wurde ein Rückerstattungsverfahren erfolgreich durchgeführt, der Missbrauchsverdacht somit entkräftet und haben sich keine wesentlichen Änderungen in den maßgebenden Verhältnissen ergeben, bestehen nach der Verwaltungspraxis keine Bedenken, „wenn […] in den folgenden drei Jahren eine KESt-Entlastung bereits anlässlich der Gewinnausschüttung vorgenommen wird, wenn der Rückerstattungsbescheid dem Vordruck ZS-EUMT beigelegt wird“ (EStR 2000, Rz 7757c). Der praktisch naheliegenden Gestaltung, zunächst eine „Test-Dividende“ von nur geringem Umfang unter nachfolgender Beantragung der Rückerstattung vorzunehmen, ist dabei insofern ein Riegel vorgeschoben, als die Finanzverwaltung von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse ausgeht, wenn „zuerst betragsmäßig eine geringe Ausschüttung erfolgt und später eine wesentlich größere Ausschüttung“ (EStR 2000, Rz 7757c).

b. Vorab-Auskunft: Dies bedeutet freilich, dass regelmäßig – nach Ablauf von drei Jahren – zumindest eine Gewinnausschüttung unter KESt-Einbehaltung erfolgen und ein Rückerstattungsverfahren durchlaufen werden muss. Eine „nachhaltigere“ Entlastung an der Quelle kann jedoch erfolgen, indem gemäß § 5 VO 56/1996 bereits vorab eine Auskunft des zuständigen Finanzamts eingeholt wird, ob einem Rückerstattungsantrag stattgegeben werden würde. Im Falle einer positiven Auskunft muss nach der Verwaltungspraxis das Rückerstattungsverfahren nicht tatsächlich durchlaufen werden. Es gilt vielmehr fiktiv als erfolgreich durchlaufen, sodass auch in diesem Fall in den folgenden drei Jahren eine KESt-Entlastung bereits anlässlich der Gewinnausschüttung vorgenommen werden kann.

c. Zwischenholdings: Bei Ausschüttungen an ausländischen Zwischenholdinggesellschaften scheitert eine Entlastung an der Quelle idR daran, dass die oben genannten Voraussetzungen nicht vorliegen und daher ein Missbrauchsverdacht gegeben ist. Nach der Verwaltungspraxis kann jedoch in solchen Fällen eine Entlastung an der Quelle gewährt werden, wenn „hinter“ der ausländischen Zwischenholding eine operativ tätige Gesellschaft steht, bei der für sich betrachtet die Voraussetzungen für eine Entlastung an der Quelle vorliegen (vgl zB EAS 1803 vom 19.02.2001; EAS 2606 vom 06.05.2005; EAS 3244 vom 31.10.2011; EAS 3414 vom 03.07.2019). Durch die Einholung einer Auskunft gemäß § 5 VO 56/1996 kann die Entlastung an der Quelle auch vorab und ohne tatsächliches Rückerstattungsverfahren abgesichert werden.

2. Quellensteuerreduktion Post-Brexit

Ab 01.01.2021 ist Großbritannien auch steuerlich nicht mehr Teil der Europäischen Union. Bei Ausschüttungen an britische Gesellschaften scheidet eine Quellensteuerentlastung auf Basis von § 94 Z 2 EStG zukünftig somit aus. Gemäß Artikel 10 Abs 2 lit b sublit i DBA Österreich-Großbritannien sind grenzüberschreitende Gewinnausschüttungen an britische Gesellschaften, die unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 10 % an der österreichischen ausschüttenden Gesellschaft beteiligt sind, aber weiterhin von der (Quellen-)Besteuerung auszunehmen. Vom Ergebnis her sollte der steuerliche Brexit demnach bei Outbound-Dividenden nach Großbritannien nichts ändern.

Bei der praktischen Durchführung der Quellensteuerentlastung wird jedoch mangels Anwendbarkeit des § 94 Z 2 EStG nicht mehr die für diese Bestimmung maßgebende Verordnung einschlägig sein. Vielmehr wird aus Sicht der Finanzverwaltung zukünftig wohl eine Entlastung nach Maßgabe der DBA-Entlastungsverordnung (BGBl III 92/2005) zu erfolgen haben. Die beiden Verordnungen stimmen zwar insofern überein, als auch nach der DBA-Entlastungsverordnung eine Entlastung an der Quelle nur zulässig ist, wenn die ausländische Muttergesellschaft eine Betätigung entfaltet, die über die bloße Vermögensverwaltung hinausgeht, eigene Arbeitskräfte beschäftigt und über eigene Betriebsräumlichkeiten verfügt. Sind diese Voraussetzungen aber nicht erfüllt, liegt nach der DBA-Entlastungsverordnung nicht ein alternativ widerlegbarer Missbrauchsverdacht vor, sondern eine Entlastung ist ausschließlich im Wege eines Rückerstattungsverfahrens möglich.

Dies ist vor allem in jenen Fällen relevant, in denen Ausschüttungen an ausländische Zwischenholdinggesellschaften vorgenommen werden. Während nach der Verwaltungspraxis bei innergemeinschaftlichen Gewinnausschüttungen in diesem Fall eine die Entlastung an der Quelle ermöglichende Entkräftung des Missbrauchsverdachts zulässig ist, verbleibt bei grenzüberschreitenden Ausschüttungen an Drittstaats-Holdinggesellschaften einzig und allein die Möglichkeit, eine Entlastung im Wege der Rückerstattung zu erreichen (EAS 3422 vom 07.01.2020). Gemäß § 3 Abs 2 DBA-Entlastungsverordnung ermöglich es ein erfolgreich abgeschlossenes Rückerstattungsverfahren zwar ebenfalls, Gewinnausschüttungen in den folgenden drei Jahren an der Quelle zu entlasten. Anders als die für § 94 Z 2 EStG relevante Verordnung sieht die DBA-Entlastungsverordnung jedoch keine Möglichkeit vor, das Rückerstattungsverfahren durch eine Vorab-Auskunft zu ersetzen und so ein regelmäßiges Rückerstattungsverfahren zu vermeiden.

Der steuerliche Brexit führt somit in jenen Fällen zu praktischen Nachteilen, in denen bislang ein Missbrauchsverdacht durch eine Vorab-Auskunft oder (nur) durch Verweis auf die operative Tätigkeit einer mittelbar beteiligten Auslandsgesellschaft entkräftet und dadurch eine Entlastung an der Quelle ermöglicht wurde. Zukünftig wird in diesen Fällen idR nach Ablauf von drei Jahren KESt einzubehalten und ein Rückerstattungsverfahren anzustrengen sein.

3. Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAO zur Sicherstellung der Entlastung an der Quelle?

Als Alternative zur in § 5 VO 56/1996 geregelten Vorab-Auskunft bei innergemeinschaftlichen Gewinnausschüttungen kommt für Zwecke der KESt-Entlastung bei Outbound-Ausschüttungen an Drittstaatsgesellschaften eine Anfrage gemäß § 118 Abs 2 Z 3 BAO in Betracht. Das Regime des Auskunftsbescheides hat zwar aus Sicht der ausschüttenden Gesellschaft den Nachteil, dass dafür ein Verwaltungskostenbeitrag bis zu maximal EUR 20.000,00 fällig wird. Allerdings ist die mit dem Bescheidcharakter einhergehende Schutzwirkung eines solchen Auskunftsbescheides stärker als eine bloß nach Maßgabe des Grundsatzes von Treu und Glauben schützende Vor-Auskunft iSd § 5 VO 56/1996.

Zweifellos handelt es sich zB bei der Rechtsfrage über die Anwendbarkeit des Artikels 10 Abs 2 lit b sublit i DBA Österreich-Großbritannien um eine („rulingfähige“) Frage zum zwischenstaatlichen und damit internationalen (Steuer-)Recht. Ob aber auch die Frage der verfahrensrechtlichen Umsetzung der in Artikel 10 Abs 2 lit b sublit i DBA Österreich-Großbritannien enthaltenen Quellensteuerreduktion von der Finanzverwaltung als Rechtsfrage iZm internationalem Steuerrecht angesehen wird, ist unklar.

Unabhängig davon, ob eine ablehnende Haltung tatsächlich mit dem Gesetz im Einklang stünde, wäre es steuerpolitisch naheliegend, es bei Outbound-Gewinnausschüttungen an Drittstaatsgesellschaften zu ermöglichen, einen Auskunftsbescheid iSd § 118 BAO einzuholen:

  • Die ausschüttende Gesellschaft erhält dadurch die (Rechts-)Sicherheit, dass eine Entlastung an der Quelle möglich ist.
  • Für die ausländische Muttergesellschaft entfällt die mit einem Liquiditätsnachteil verbundene Pflicht, sich in regelmäßigen Abständen die an das österreichische Finanzamt abgeführte KESt rückerstatten zu lassen, selbst wenn sich innerhalb dieses Zeitraums keine Änderungen der Verhältnisse ergeben haben.
  • Es ergibt sich kein Mehraufwand für die Finanzverwaltung. Denn ob eine Quellensteuerentlastung nach Maßgabe des DBA möglich ist, wäre sowohl im Rückerstattungsverfahren als auch bei Erlassung eines Auskunftsbescheids zu prüfen. Im Gegenteil: Für die Erlassung eines Auskunftsbescheids ist ein Verwaltungskostenbeitrag fällig, während das Rückerstattungsverfahren aus Sicht der Finanzverwaltung zu keiner Remuneration führt.

4. Ausblick

Bei oberflächlicher Betrachtung würde man für Outbound-Gewinnausschüttungen an britische Konzerngesellschaften keine sich aus dem (steuerlichen) Brexit ergebenden Nachteile erwarten. Durchaus vergleichbar mit § 94 Z 2 EStG sieht nämlich Artikel 10 Abs 2 lit b sublit i DBA Österreich-Großbritannien eine vollständige Quellensteuerentlastung vor. Praktische Probleme können sich aber dadurch ergeben, dass mit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU nicht mehr die von der Verwaltungspraxis durchaus liberal gehandhabte VO 56/1995, sondern die in der praktischen Anwendung „strengere“ DBA-Entlastungsverordnung maßgebend sein wird. Steuerpolitisch sprechen gute Gründe dafür, die damit einhergehenden praktischen Probleme zu reduzieren, indem den ausschüttenden Gesellschaften die Möglichkeit eingeräumt wird, die Entlastungsberechtigung im Wege der Einholung eines Auskunftsbescheides gemäß § 118 Abs 2 Z 3 BAO vorab prüfen zu lassen. Eine gesetzliche Änderung ist dafür gar nicht zwingend erforderlich. Es bleibt aber abzuwarten, wie die Finanzverwaltung mit diesem Thema umgehen wird. 

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