Tax News: BFG: Umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland unschädlich für die Inanspruchnahme der Dreiecksgeschäftsregelung

BFG: Umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland

Das BFG hatte sich in seinen Urteilen vom 24. Oktober 2019 (RV/2100217/2018 und RV/2101154/2017) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsland schädlich für die Inanspruchnahme der Dreiecksgeschäftsregelung ist.

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Esther Freitag

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In beiden Rechtssachen (RV/2100217/2018 und RV/2101154/2017) lieferte ein Schweizer Unternehmen (Beschwerdeführer), die Gegenstände an Abnehmer in Mitgliedsstaaten (im Folgenden kurz: MS2) lieferten. Die Beschwerdeführer bestellten dabei die Gegenstände von Vorlieferanten in einem anderen Mitgliedstaat (im Folgenden kurz: MS1). Die Waren wurden von den Vorlieferanten (MS1) jeweils unmittelbar an die Abnehmer (MS2) der Beschwerdeführer geliefert. Die Vorlieferanten traten unter ihrer UID-Nummer ihres Mitgliedsstaates (MS1) auf, die Beschwerdeführer (Schweizer Unternehmen = 1. Erwerber) traten unter ihrer österreichischen UID-Nummer auf und die Abnehmer traten unter der UID-Nummer ihres Mitgliedstaates (MS2) auf. Die Schweizer Beschwerdeführer verfügten neben ihrer österreichischen UID-Nummer auch über eine UID-Nummer des Bestimmungsmitgliedstaates (MS 2), verfügten jedoch über keine Niederlassung im jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat.

In beiden Rechtssachen wurde im Zuge durchgeführter Betriebsprüfungen den Beschwerdeführern die Anwendung der Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte mit der Begründung versagt, dass die Beschwerdeführer umsatzsteuerlich auch im Bestimmungsmitgliedstaat (MS2) erfasst waren und somit die Vereinfachungsregelung nicht anwendbar ist. Das Finanzamt setzte daher die Erwerbsteuer für die aus dem Reihengeschäft resultierenden innergemeinschaftlichen Erwerbe in Österreich (Art 3 Abs 8 zweiter Satz UStG; sog. „Doppelerwerb“) fest und versagte – bis zum Nachweis der Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat (MS2) - den Vorsteuerabzug. Die Beschwerdeführer erhoben gegen die Festsetzung der Erwerbsbesteuerung in Österreich Beschwerde.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung sei aufgrund der Registrierung im Bestimmungsmitgliedstaat ohnedies sichergestellt, dass die Erwerber ihren Erklärungspflichten im Bestimmungsmitgliedstaat nachkommen können, weshalb die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte konsequenterweise nicht erforderlich sei. Dabei verweist die Finanzverwaltung ausdrücklich auf Art 141 lit. a MwStSystRL, der jedoch auf die „Niederlassung“ im Bestimmungsmitgliedstaat abstellt. Zudem stützt sich die Finanzverwaltung auf die Umsatzsteuerrichtlinien (UStR 2000 Rz 4294): „Voraussetzung für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes im Sinne des Art. 25 UStG 1994 ist ua., dass der Erwerber keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat. Ein Wohnsitz oder Sitz im Inland ist auch dann anzunehmen, wenn der Erwerber im Inland zur Umsatzsteuer erfasst ist (inländische Steuernummer bzw. UID).“

Die Beschwerdeführer brachten den Ausführungen der Finanzverwaltung im Wesentlichen entgegen, dass Art 25 Abs 3 UStG, der als Voraussetzung der Anwendung der Vereinfachung vorsieht, dass der „Erwerber“ im Bestimmungsmitgliedstaat keinen Wohnsitz oder Sitz haben darf, aus Sicht des „Bestimmungsmitgliedsstaates“ also MS2 zu beurteilen sei. Zudem habe die Ansicht der Finanzverwaltung, dass eine Registrierung im Bestimmungsmitgliedstaat faktisch einen Sitz im MS bedeuten würde, keine gesetzliche Deckung, weder im UStG noch in der MwStSyst-RL. Dies würde auch durch Art 11 Abs 3 MwSt-DVO bekräftigt: „Allein aus der Tatsache, dass eine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer zugeteilt wurde, kann nicht darauf geschlossen werden, dass ein Steuerpflichtiger eine „feste Niederlassung“ hat.“ Zudem argumentierten die Beschwerdeführer, dass es nach Art 197 Abs 2 MwStSyst-RL ein Wahlrecht für die MS gibt, die Vereinfachungsregel bei Registrierung des Erwerbers im Bestimmungsmitgliedstaat auszuschließen, wovon Österreich aber gerade nicht Gebrauch gemacht habe. Die Ansicht der Finanzverwaltung würde daher dieses Wahlrecht ad absurdum führen.

Das BFG stellt in seinen Entscheidungsgründen voran, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen der Erfüllung der gesetzlichen Regelungen im Sachverhalt nicht weiter strittig sind. Es erkennt, dass der Begriff „Wohnsitz im Inland“ gemäß Art. 25 Abs. 3 lit. a UStG bzw. „Niederlassung“ gem. Art 141 lit. a MwStSystRL mit der bloßen umsatzsteuerlichen Registrierung nicht gleichzusetzen ist. Darüber hinaus ist die Rz 4294 der Umsatzsteuerrichtlinien in der Weise zu verstehen, dass grundsätzlich vom innergemeinschaftlichen Erwerb dh dem tatsächlichen (faktischen) Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat (MS2) die Rede ist und daher in den gegenständlichen Sachverhalten (innergemeinschaftlicher Erwerb kraft UID-Nummer) nicht zur Anwendung kommen kann. Der Erwerber hat demnach ein Wahlrecht, ob er die Vereinfachung für Dreiecksgeschäfte anwenden will, wenn er über mehrere UID Nummern verschiedener Mitgliedstaaten verfügt.

Den Beschwerden wurden stattgegeben. Gegen diese Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes ist ordentliche Revision zulässig und es wurde bereits Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof (Ro 2020/15/0003) eingebracht. 

Anmerkung:

Das BFG hält fest, dass die bloße umsatzsteuerliche Registrierung im Bestimmungsmitgliedstaat nicht mit den Begriffen „Wohnsitz“, „Sitz“ oder „Niederlassung“ gleichzusetzen ist. Zudem erkennt das BFG, dass die UStR 2000 Rz 4294 nur die Fälle von innergemeinschaftlichen Erwerben im Bestimmungsmitgliedstaat berücksichtigt. Die Entscheidung des VwGH über die Amtsrevision bleibt mit Spannung abzuwarten.

 

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