Tax News: BFG: Missbräuchliche Gestaltung durch Forderungsabtretung

Missbräuchliche Gestaltung durch Forderungsabtretung

Ein Forderungsverzicht der Bank hätte bei einer österreichischen GmbH zu einem steuerpflichtigen Ertrag geführt. Stattdessen wurde die Forderung auf Vorschlag des GmbH-Geschäftsführers an eine maltesische Gesellschaft abgetreten, bei der die GmbH regelmäßig Rohstoffe bezog. Die Finanzverwaltung qualifizierte die gewählte Vorgehensweise als missbräuchlich – das BFG bestätigte dies kürzlich.

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Markus Vaishor

Partner, Tax

KPMG Austria

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Der nachfolgend geschilderte Fall beschäftigt sich mit dem Vorliegen von Missbrauch nach der „alten“ Missbrauchsvorschrift des § 22 BAO (dh Rechtslage vor JStG 2018).

Sachverhalt

Die beschwerdeführende österreichische GmbH ist im Handel mit Garnen und Stoffen tätig und bezog dafür u.a. Baumwolle von einer maltesischen Gesellschaft (Malta Corp). Herr X war gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH und der Malta Corp. Die GmbH hatte im Jahr 2005 bei einer österreichischen Bank Kreditverbindlichkeiten iHv über MEUR 2 und befand sich insgesamt in einer schlechten wirtschaftlichen Situation. Insbesondere durch die Einbringlichmachung von Kundenforderungen konnte ein Teil der Verbindlichkeit beglichen werden, und so die drohende Insolvenz abgewendet werden.

In der Folge war die Bank bereit, auf die noch offene Rest-Forderung iHv MEUR 1 gegen Bezahlung von TEUR 35 zu verzichten und die Gesellschafter aus der Haftung zu entlassen. Der Forderungsverzicht wäre auf Ebene der GmbH im Jahr 2005 jedoch ertrags- und steuerwirksam gewesen (die Verbindlichkeit wird gegen einen Ertrag aus dem Forderungsverzicht ausgebucht), und hätte uU zu einer Steuerzahlung geführt.

Statt dem Forderungsverzicht wurde auf Vorschlag des Geschäftsführers X eine Forderungsabtretung von der Bank an die Malta Corp gegen Zahlung von TEUR 35 (durch die Malta Corp) vereinbart. Auf die Ergebnissituation der GmbH hatte diese Vereinbarung nun keine Auswirkung – die Verbindlichkeit der GmbH iHv MEUR 1 bestand lediglich nicht mehr gegenüber der österreichischen Bank, sondern gegenüber der Malta Corp.

Begründend für diese Vorgangsweise wurde von der beschwerdeführenden GmbH ausgeführt, dass die Aufbringung von weiteren TEUR 35 nicht möglich gewesen sei (keiner der Geschäftsführer habe über diese Summe verfügt bzw die Aufnahme eines Privatkredits sei nicht möglich gewesen; eine weitere Kreditaufnahme von TEUR 35 durch die GmbH bzw die Bezahlung dieses Betrags an die Bank hätte den strafrechtlichen Tatbestand der Gläubigerbegünstigung erfüllt).

Ansicht Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung sah in der Forderungsabtretung eine missbräuchliche Gestaltung. Die Vertragsgestaltung war nur durch die Geschäftsführungsfunktion des X in beiden Gesellschaften (der GmbH und der Malta Corp) ermöglicht worden und erscheine im Hinblick auf den angestrebten Erfolg ungewöhnlich und unverständlich. Steuerlich sei auf Ebene der GmbH von einem ertragswirksamen Forderungsverzicht der Bank zugunsten der GmbH iHv TEUR 965 auszugehen.

BFG 15.10.2019, RV/7102502/2013

Das BFG folgte der Ansicht der Finanzverwaltung, und führt im Wesentlichen wie folgt aus:

  • Die gewählte Gestaltung hat eine Vielzahl von negativen Folgen für die GmbH: Eine Verbindlichkeit iHv MEUR 1 blieb weiter bestehen, woraus weitere Zinsbelastungen in beträchtlicher Höhe resultieren. Darüber hinaus bleiben die Gesellschafter weiterhin persönlich haftbar.
  • Vor dem Hintergrund, dass die Malta Corp. ein berechtigtes Interesse am Weiterbestehen der GmbH hatte, ist unklar, warum diese der GmbH kein Darlehen in Höhe des vergleichsweise geringen Betrages TEUR 35 gewährte, um eine Insolvenz abzuwenden.
  • Die Argumentation der GmbH über die Erfüllung eines strafrechtlichen Tatbestands erscheint nicht glaubhaft, da die finanzielle Situation mit dem Vorschlag der Bank massiv verbessert worden wäre.
  • Der Geschäftsführer X war in den verfahrensgegenständlichen Jahren Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft, die werthaltige Immobilien besessen hat. Es entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass er über keine Mittel iHv TEUR 35 verfüge.
  • Es wurden keine beachtlichen anderen außersteuerlichen Gründe für die gewählte Vertragsgestaltung von der GmbH vorgebracht.

Die gewählte Gestaltung ist daher als Missbrauch gem § 22 BAO (idF vor JStG 2018) anzusehen, die iSd VwGH-Judikatur im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung ungewöhnlich und unangemessen ist, und nur aufgrund der damit verbundenen Steuerersparnis verständlich wird. Die Abgaben sind so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. In vorliegenden Fall ist ein ertragswirksamer Forderungsverzicht iHv TEUR 965 zugunsten der GmbH anzunehmen. Das Gericht hat keine Revision an den VwGH zugelassen.

Conclusio / Neuer Missbrauchsbegriff

Mit dem JStG 2018 wurde § 22 BAO iSd der Vorgaben der ATAD I (Richtline 2016/1164) modifiziert, und insb in Abs 2 eine Missbrauchsdefinition gesetzlich verankert. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage soll es damit zu keiner Einschränkung des bisherigen Umfangs des Missbrauchstatbestands kommen, und die bestehende Auslegungstradition so weit wie möglich beibehalten werden können. Bei Anwendung des „neuen“ § 22 BAO würde das Gericht in dem oben beschriebenen Fall wohl zu keinem anderen Ergebnis kommen.

Erwähnt wird in den Erläuterungen zur RV auch, dass der Abgabenpflichtige das Recht hat, die steuereffizienteste Struktur zu wählen, solange keine unangemessene Gestaltung gewählt wird. Im Sinne der Missbrauchsbestimmung ist daher das Vorliegen von triftigen der wirtschaftlichen Realität entsprechenden außersteuerlichen Gründen bei etwaigen ungewöhnlichen, steuerschonenden Gestaltungen unerlässlich. 

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