Tax News: VwGH zur Selbstanzeige: Reichweite des „last-minute“-Zuschlags

Reichweite des „last-minute“-Zuschlags

Wer eine Selbstanzeige erst nach Bekanntgabe einer abgabenbehördlichen Prüfung erstattet, hat zusätzlich zur Abgabennachzahlung einen „last-minute“ Zuschlag von bis zu 30 % zu entrichten um Straffreiheit zu erlangen. Nach der Rsp des VwGH unterliegt grundsätzlich der gesamte selbst angezeigte und anlässlich einer Prüfung entdeckungsgefährdete Sachverhalt der Abgabenerhöhung. Damit ist die Abgabenbehörde bei Vorschreibungen des Zuschlages nicht an den Inhalt ihrer Prüfungsankündigung gebunden. Ob ein Bezug zwischen der Bekanntmachung der Prüfungsmaßnahme und dem Inhalt der Selbstanzeige im Sinne einer Entdeckungsgefährdung gegeben ist, obliegt der freien Beweiswürdigung.

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Für den Inhalt verantwortlich

Stefan Papst

Partner, Tax

KPMG Austria

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1. Verfahrenslauf

  • Die Behörde kündigte eine Außenprüfung betreffend Lohnabgaben, Kommunalsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2013 an.
  • Noch VOR Beginn der Außenprüfung erstattete die Partei eine Selbstanzeige hinsichtlich verkürzter Lohnabgaben für den Zeitraum November 2006 bis Oktober 2016.
  • Für den anschließend erweiterten Prüfungszeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2015 stellte die Außenprüfung einen Verkürzungsbetrag von insgesamt EUR 295.920,95 fest. Da die Selbst-anzeige NACH Bekanntgabe der Außenprüfung erstattet wurde, schrieb die Abgabenbehörde eine Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs 6 FinStrG iHv insgesamt EUR 88.776,00 vor (= 30 %, sog „last-minute“-Zuschlag).

2. Fragestellung

Umfasst der „last-minute“-Zuschlag nur jene Abgaben und Zeiträume, deren Prüfung durch die Abgabenbehörde nachweislich bekannt gemacht wurde (= Zeitraum 01/2011 - 12/2013), oder unabhängig vom Inhalt der Bekanntmachung alle Abgaben und Zeiträume, die im Rahmen der Selbstanzeige offengelegt wurden (= 11/2006 - 10/2016)?

3. VwGH 26.03.2019, Ro 2019/16/0003

Der VwGH (Ro 2019/16/0003) verweist in extenso auf das zu diesem Fall ergangene VfGH-Erkenntnis vom 10.10.2018 (Rz 6 ff). Nach diesem Erkenntnis bestehen keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken gegen die aktuelle Ausgestaltung des „last-minute“-Zuschlages (ausführlich Tax News 11-12/2018).

Sowohl VfGH als auch VwGH verweisen in ihren Erkenntnissen auf die Überlegungen des historischen Gesetzgebers zur Einführung des „last-minute“-Zuschlages. Danach soll der Zuschlag Selbstanzeigen erfassen, „die zu einem Zeitpunkt erstattet werden, in dem bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung gerechnet werden muss“ (Rz 6, Rz 13 und Rz 18).

Damit bestimmt sich die Abgabenerhöhung grundsätzlich anhand der vom Anzeiger selbst zur Anzeige gebrachten Abgabenbeträge (Rz 6). Die Selbstanzeige bildet den äußeren zeitlichen und inhaltlichen Rahmen der Abgabenerhöhung. Die Abgabenbehörde ist bei Vorschreibung des Zuschlages nicht an Inhalt ihrer Prüfungsankündigung gebunden.

Allerdings muss die Bekanntmachung einer Prüfungshandlung ein Entdeckungsrisiko bewirken und damit den Anlass für eine Selbstanzeige bilden. Ob ein solcher Bezug zwischen der Prüfungsmaßnahme und der Selbstanzeige besteht, unterliegt nach dem dem VwGH-Verfahren zugrundeliegenden BFG-Erkenntnis der freien Beweiswürdigung (Rz 3). Im konkreten Fall war nach Ansicht des BFG ein solcher Zusammenhang gegeben, weil ein Prüfer bei Entgegennahme einer Selbstanzeige für bestimmte Lohnzahlungszeiträume den Prüfungszeitraum unter Annahme von hinterzogenen Abgaben unzweifelhaft auf Vorzeiträume auszudehnen hatte.

4. Conclusio

Nach der Rsp des VwGH ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine nach Bekanntgabe einer Prüfungsmaßnahme eingebrachte Selbstanzeige anlässlich der Prüfungsmaßnahme erstattet wird und damit den Rahmen für die Abgabenerhöhung gem § 29 Abs 6 FinStrG bildet. Denn in der Regel wird mit Bekanntmachung einer Prüfungsmaßnahme mit einer Tatentdeckung unabhängig davon gerechnet werden müssen, welche Abgaben oder Zeiträume in der Selbstanzeige behandelt werden. Der VwGH hat sich nicht dazu geäußert, ob ein solches Entdeckungsrisiko in seltenen Fällen ausgeschlossen sein und die Bekanntmachung der Prüfungsmaßnahme somit keinen „last-minute“-Zuschlag auslösen könnte (zB Selbstanzeige bezüglich GrESt bei Ankündigung einer GPLA).

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