Tax News: Steuerkontrollsysteme - neue Möglichkeiten mit „Schutzwirkung“ für Unternehmen & die verantwortlichen Personen

Steuerkontrollsysteme

Im Dezember 2018 wurde die SKS-Prüfungsverordnung veröffentlicht, welche die Anforderungen der Finanzverwaltung an die Dokumentation und „Zertifizierung“ eines Steuerkontrollsystems näher konkretisiert. Zu dieser Verordnung wird derzeit ein Fachgutachten der KSW ausgearbeitet, welches praktische Hinweise für die Erstellung eines Steuerkontrollsystems enthalten und daher auch für die Dokumentation von Steuerkontrollsystemen außerhalb der begleitenden Kontrolle relevant sein wird, um von der Risikoreduktion (Finanzstrafrecht und Reputation) sowie den praktischen Vorteilen (Grundlage für Automatisierung und Digitalisierung) zu profitieren.

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Für den Inhalt verantwortlich

Andreas Helnwein

Partner, Tax

KPMG Austria

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Warum werden die Themen Steuerkontrollsystem, Steuer-IKS und Tax-CMS derzeit so intensiv diskutiert?

Das Thema „Tax Compliance“ ist aufgrund folgender aktueller Entwicklungen derzeit verstärkt im Fokus der „Steuerwelt“:

  •  Finanzstrafrecht und Verbandsverantwortlichkeit (relevant für alle Unternehmen): ein Steuerkontrollsystem als gewichtiges Indiz gegen grobe Fahrlässigkeit und Vermeidung der Verbandsverantwortlichkeit. 
  • Begleitende Kontrolle (relevant für einzelne interessierte Unternehmen): ein Steuerkontrollsystem als Voraussetzung zur Teilnahme an der begleitenden Kontrolle der Finanzverwaltung.

=> Mit dem Jahressteuergesetz 2018 und der Steuerkontrollsystem-Prüfungsverordnung (SKS-PV, veröffentlicht am 18.12.2018) wurde erstmals ein gesetzlicher Standard definiert (siehe dazu weiters Tax News 10/2018 sowie Tax News 05/2018)

Warum soll ein Steuerkontrollsystem eingeführt werden?

Es besteht die Verpflichtung der Geschäftsführer und Vorstände ihr Unternehmen in der Form zu organisieren und zu leiten, dass bestehende Gesetze eingehalten werden. Zu diesem Zweck werden Compliance Management Systeme (CMS) und interne Kontrollen (IKS) verwendet. Häufig decken bestehende Systeme den sensiblen Bereich der Steuern jedoch nicht ausreichend ab.

Risikoreduktion:

  • finanziellen Risiken (zB Steuernachzahlungen, Säumnisfolgen).
  • finanzstrafrechtlichen Risiken und Haftungen für die verantwortlichen und handelnden Personen sowie für das Unternehmen (Verbandsverantwortlichkeit).
  • Reputationsrisiken.
  • Geschäftsrisiken (zB Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen).

Praktische Vorteile:

  • Behandlung als „vertrauenswürdiger Steuerpflichtiger“ und damit einhergehende Verwaltungsvereinfachungen (zB im Bereich der Umsatzsteuer).
  • Planungssicherheit
  • Prozessoptimierung bei der Einführung möglich
  • Vorbereitung und Grundlage zur Automatisierung und Digitalisierung

Welche rechtlichen Vorschriften normieren den Standard eines Steuerkontrollsystems?

§ 153b Abs 6 BAO (idF Jahressteuergesetz 2018) definiert ein Steuerkontrollsystem:

Das Steuerkontrollsystem umfasst die Summe aller Maßnahmen (Prozesse und Kontrollen), die gewährleisten, dass die Besteuerungsgrundlagen für die jeweilige Abgabenart in der richtigen Höhe ausgewiesen und die darauf entfallenden Steuern termingerecht und in der richtigen Höhe abgeführt werden. Es leitet sich aus der Analyse aller steuerrelevanten Risiken ab und wird an geänderte Rahmenbedingungen laufend angepasst. Die Risikoanalyse, die daraus folgenden Prozesse und Prozessschritte sowie die erforderlichen Kontrollmaßnahmen sind überprüfbar dokumentiert. Die Dokumentation wird laufend aktualisiert

Zu dieser gesetzlichen Bestimmung wurde die SKS-PV veröffentlicht, welche die Anforderungen an ein Steuerkontrollsystem sowie an das Gutachten des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers („Zertifizierung“) näher konkretisiert.

Welche Inhalte deckt die SKS-PV ab?

Die SKS-PV besteht aus 2 Teilen:

Teil 1: Grundelemente und Beschreibung des Steuerkontrollsystems

Das Steuerkontrollsystem besteht aus folgenden Grundelementen:

  • Kontrollumfeld: Neben einem klaren Bekenntnis zur Steuerehrlichkeit sind in diesem Grundelement klare schriftliche organisatorische Vorkehrungen zur Einbindung der Steuerfunktion zu treffen.
  • Ziele: Aus Sicht des Unternehmens soll ein Steuerkontrollsystem Haftungsrisiken und andere Risiken (zB finanzielle Risiken, Reputationsrisiken) für das Unternehmen und die einzelnen handelnden Personen reduzieren. Im Bereich der begleitenden Kontrolle sind die Mindestanforderungen an die Ziele gemäß § 5 SKS-PV zu berücksichtigen.
  • Beurteilung der steuerrelevanten Risiken: Unter Beachtung der Zielsetzung des Steuerkontrollsystems gemäß § 5 der SKS-PV und dem daraus folgenden "Wesentlichkeitsgedanken", ist die Identifikation und die Bewertung wesentlicher steuerrelevanter Risiken vorzunehmen.
  • Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen: Diese Maßnahmen erfolgen auf Basis der beurteilten steuerrelevanten Risiken, sollen diesen angemessen begegnen und diese möglichst umfassend abdecken. Je höher das Gefahrenpotenzial eines bestimmten Risikos eingestuft wird, desto genauer ist auf die Wirksamkeit der dafür vorgesehenen Maßnahme zu achten
  • Informations- und Kommunikationsmaßnahmen: diese beziehen sich einerseits auf Daten, die für das Funktionieren des Steuerkontrollsystems notwendig sind und andererseits auf die Schaffung eines angemessenen Kontrollbewusstseins Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, so dass allen die Rolle und Bedeutung im jeweiligen Prozess bekannt ist.
  • Sanktions- und Präventionsmaßnahmen: diese beziehen sich einerseits auf allfällige individuelle Konsequenzen und andererseits auf die Erforschung der Ursache für den Regelverstoß, um daraus Verbesserungen für die Zukunft abzuleiten.
  • Maßnahmen zur Überwachung und Verbesserung: die Ergebnisse der Überwachungsmaßnahmen müssen mit dem Ziel der Verbesserung des Steuerkontrollsystems analysiert werden.

Die SKS-PV lehnt sich an die deutschen Standards IDW PS 980 (mit dem Praxishinweis IDW PH 1/2016) sowie IDW PS 982 an. Ein angemessenes SKS enthält sämtliche dieser Grundelemente. Allerdings hängt die Intensität der Dokumentation der einzelnen Grundelemente von den konkreten betrieblichen Anforderungen ab, die bei der Konzeption des Steuerkontrollsystems zu berücksichtigen sind.

Teil 2: Systematik der Erstellung von Befund und Gutachten:

  • Angemessenheitsprüfung (Konzeptions- und Umsetzungsprüfung)
  • Bei Folgeprüfungen auch Wirksamkeitsprüfung
  • Mindestinhalt des Gutachtens

Derzeit wird durch die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein Fachgutachten zur SKS-PV ausgearbeitet, das insbesondere die Vorgehensweise bei der Erstellung von Befund und Gutachten sowie die Anforderungen an den Bericht näher konkretisieren soll. Dieses Fachgutachten wird auch Aussagen zu Teil 1 der SKS-PV (Grundelemente und Beschreibung des Steuerkontrollsystems) beinhalten und sollte daher für alle Unternehmen relevant sein, die ein Steuerkontrollsystem dokumentieren wollen.

Welche Dokumente werden nach Einführung eines dokumentierten SKS regelmäßig vorliegen?

1. Prozessdokumentation

Bei Erstellung der Dokumentation der steuerrelevante Prozesse ist zu beachten, dass die Dokumentation von Prozessen, die kein oder ein geringes Risikopotenzial aufweisen, entfallen kann (§ 11 Abs 2 SKS-PVO).

2. Risiko-Kontrollmatrix

Die Risiko-Kontrollmatrix deckt grundsätzlich die Grundelemente „Beurteilung der steuerrelevanten Risiken“ und „Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen“ ab.

Bei Erstellung der Risiko-Kontrollmatrix sind die steuerrelevanten Risiken basierend auf einer systematischen Vorgehensweise zu identifizieren, analysieren und bewerten. Die SKS-PV sieht dabei aber keine konkreten Vorgaben hinsichtlich des Verfahrens vor.

3. Steuerrichtlinie

Die Steuerrichtlinie deckt grundsätzlich die übrigen Grundelemente der SKS-PV ab. Der Umfang der Ausgestaltung ist dabei abhängig von unternehmensspezifischen Gegebenheiten.

Die Steuerrichtlinie kann und wird in der Praxis auch auf andere Dokumente verweisen.

Zusammenfassung und Ausblick

Es ist festzuhalten, dass die Finanzverwaltung hohe Maßstäbe an die Einrichtung und Wirksamkeit des Steuerkontrollsystems legt. Gerne unterstützen wir Sie bei den ersten Vorbereitungen oder bei der Evaluierung eines bestehenden Steuerkontrollsystems, ob „Nachschärfungen“ notwendig sein werden.

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