Tax News: Finanzstrafgesetz: Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug, Strafverschärfungen bei Steuer- und Zolldelikten und weitere Änderungen

Finanzstrafgesetz

Mit dem Abgabenbetrugsbekämpfungsgesetz 2020 werden auch im Finanzstrafgesetz unionsrechtliche Vorgaben innerstaatlich umgesetzt: Der neue Straftatbestand „Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug“ wird eingeführt und die Strafdrohungen bei den bestehenden Finanzvergehen werden erhöht. Darüber hinaus werden neue Finanzordnungswidrigkeiten zur Ahndung von Verstößen gegen das EU-Meldepflichtgesetzes und gegen die Aufzeichnungspflichten nach dem Digitalsteuergesetz 2020 eingeführt.

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1. Neuer Tatbestand „Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug“

Mit dem Abgabenbetrugsbekämpfungsgesetz wird der neue Tatbestand des grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetruges in § 40 FinStrG aufgenommen. Damit möchte der österreichische Gesetzgeber insb die unionsrechtlichen Vorgaben der sogenannten PIF-Richtlinie umsetzen (= EU-Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug, 2017/1371/EU).

Die PIF-Richtlinie kommt bei schwerwiegenden Verstößen gegen das gemeinsame Mehrwertsteuersystem zur Anwendung: Sie regelt die strafrechtliche Sanktionierung von vorsätzlichen Handlungen oder Unterlassungen, die zwei oder mehrere Mitgliedstaaten der Union betreffen und einen Gesamtschaden von mindestens EUR 10 Mio umfassen. Daher kommt der neue Tatbestand des grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetruges nur dann zur Anwendung, wenn der Einnahmenausfall an Umsatzsteuer im Gemeinschaftsgebiet iSd UStG insgesamt mindestens EUR 10 Mio beträgt. Eines grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetruges macht sich schuldig, wer

  • vorsätzlich
  • ein grenzüberschreitendes und mit dem Inland verbundenes Betrugssystem
  • schafft oder sich daran beteiligt.

Ein solches Betrugssystem kann nach dem Gesetzeswortlaut vorliegen, wenn jemand Lieferungen oder sonstige Leistungen ganz oder zum teil (tatsächlich) ausführt oder diese auch nur vortäuscht. „Mit dem Inland verbunden“ soll nach den Gesetzesmaterialien lediglich zum Ausdruck bringen, dass der Umsatzsteuerbetrug einen Bezug zu Österreich aufweisen muss (Entwurf EBRV, 24). Der Umsatzsteuerbetrug kann auf drei Arten begangen werden (= Tatmodalitäten):

  • Lit a: Es werden falsche, unrichtige oder unvollständige Umsatzsteuererklärungen oder Unterlagen verwendet oder vorgelegt. Nach dem Entwurf der Gesetzesmaterialien ist dem Begriff „Unterlagen“ ein weites Begriffsverständnis zugrunde zu legen und umfasst daher zB auch Speditionspapiere und zusammenfassende Meldungen.
  • Lit b: Es werden umsatzsteuerrelevante Informationen unter Verletzung einer gesetzlichen Verpflichtung verschwiegen. Die Tatmodalitäten der lit a und b waren bisher schon von den §§ 33 und 39 FinStrG (Abgabenhinterziehung und Abgabenbetrug) umfasst.
  • Lit c: Es wird ein Einnahmenausfall unter Einreichung von (auch inhaltlich korrekten) Umsatzsteuererklärungen betrügerisch herbeigeführt, wobei die geschuldete Umsatzsteuer nicht entrichtet wird oder unrechtmäßige Ansprüche auf Erstattung der Umsatzsteuer geltend gemacht werden. Bisher konnten betrügerische Umsatzsteuerverkürzungen bei gleichzeitiger Einreichung einer inhaltlich korrekten Umsatzsteuererklärung keine finanzstrafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen (siehe Entwurf EBRV, 24). Mit der Neuregelung werden bei Umsatzsteuerkarussellbetrügen auch die sogenannten „Defaulter“ erfasst. Dabei handelt es sich um denjenigen in der Unternehmerkette, der die Umsatzsteuer ordnungsgemäß erklärt, aber absichtlich nicht entrichtet.

Ermittlung des Einnahmenausfalles (§ 40 Abs 3 FinStrG): Bei der Berechnung des Einnahmenausfalles ist die Umsatzsteuer mit jenen Beträgen zugrunde zu legen, die bei einer Entstehungen der USt-Schuld im Inland anzusetzen wäre. Alternativ kann der Beschuldigte den tatsächlichen Einnahmenausfall in anderen Mitgliedsstaaten mit einem rechtskräftigen Abgabenbescheides des jeweiligen Mitgliedsstaates nachweisen (vgl für den Zollbereich bereits jetzt § 35 Abs 5 FinStrG).

Strafdrohung (§ 40 Abs 2 FinStrG): Primäre Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren. Alternativ kann neben einer acht Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe eine Geldstrafe bis zu EUR 2,5 Mio verhängt werden. Verbände sind mit einer Verbandsgeldbuße bis zu EUR 8 Mio zu bestrafen. Diese Strafdrohung entspricht der Neufassung der Strafdrohung beim allgemeinen Abgabenbetrug nach § 39 Abs 3 lit b FinStrG.

Damit auch der in einem anderen Mitgliedsstaat eingetretene Einnahmenausfall vom österreichischen FinStrG erfasst ist, müssen die Bestimmungen zum sachlichen und örtlichen Anwendungsbereich des FinStrG erweitert werden:

  • Sachlicher Anwendungsbereich (§ 2 Abs 1 lit d FinStrG): Das FinStrG erfasst auch die Umsatzsteuer, die in einem anderen Mitgliedsstaat in Zusammenhang mit einem grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug zu erheben ist.
  • Örtlicher Anwendungsbereich (§ 5 Abs 2 letzter Satz FinStrG): Ein Finanzvergehen gilt auch dann als im Inland begangen, wenn es im übrigen Gemeinschaftsgebiet iSd § 1 Abs 3 UStG in Zusammenhang mit einem grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug nach § 40 FinStrG begangen wird.

Für die Ahndung des Umsatzsteuerbetrugs ist stets das Gericht zuständig (§ 53 Abs 1a FinStrG). Für die Verfolgung des grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetruges wird zukünftig die noch einzurichtende Europäische Staatsanwaltschaft zuständig sein (EU-Richtlinie 2017/1939/EU).

2. Strafverschärfungen bei Steuer- und Zolldelikten

Folgende Strafverschärfungen wurden zur innerstaatlichen Umsetzung der PIF-Richtlinie vorgenommen:

  • Schmuggel und Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben (§ 35 FinStrG): Bisher kann neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren verhängt werden. Die PIF-Richtlinie verlangt eine Freiheitsstraße im Höchstmaß von mindestens vier Jahren, wenn Straftaten zum finanziellen Nachteil der Union einen erheblichen Schaden (> EUR 100.000) verursachen. Umsetzung in § 35 Abs 5 FinStrG: Bei Übersteigen eines strafbestimmenden Wertbetrages von EUR 100.000 kann zusätzlich zur Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren verhängt werden.
  • Abgabenhehlerei (§ 37 FinStrG): Ebenso wie beim Schmuggel und der Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben wird im Falle der Abgabenhehlerei ergänzt, dass bei Übersteigen eines strafbestimmenden Wertbetrages von EUR 100.000 zusätzlich zur Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren verhängt werden kann.
  • Abgabenhinterziehung (§ 33 Abs 5 FinStrG): Bisher konnte zusätzlich zu einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren verhängt werden. Nach der Neufassung kann eine Freiheitsstrafe bis zu 4 Jahren verhängt werden. Die Gesetzesmaterialien begründen dies zum einen mit dem Entfall des § 38 FinStrG (= Strafe bei gewerbsmäßiger Tatbegehung) und zum anderen mit der „Vermeidung eines Wertungsunterschiedes zwischen den Finanzvergehen nach § 33, § 35 und § 37“ FinStrG. Ein Übersteigen des strafbestimmenden Wertbetrages von EUR 100.000 wird in § 33 Abs 5 FinStrG für die Anwendbarkeit der erhöhten Strafdrohung NICHT verlangt. Dennoch können Freiheitsstrafen von mehr als 3 Monaten nur bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von mehr als EUR 100.000 ausgesprochen werden, weil solche Freiheitsstrafen nur in einem gerichtlichen Finanzstrafverfahren verhängt werden dürfen (§ 15 Abs 3 FinStrG) und nur bei Überschreiten dieses strafbestimmenden Wertbetrages Gerichtszuständigkeit besteht (§ 53 Abs 1 FinStrG, anders bei den Zolldelikten).
  • Abgabenbetrug (§ 39 Abs 3 FinStrG): Bisher war grundsätzlich eine primäre Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorgesehen. Zusätzlich konnte eine Geldstrafe bis zu EUR 1 Mio verhängt werden. In der Neufassung wird eine primäre Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vorgesehen. Alternativ kann neben einer Freiheitsstraße von bis zu vier Jahren eine Geldstraße bis zu EUR 1,5 Mio verhängt werden. Die maximale Verbandsgeldbuße wir von EUR 2,5 Mio auf EUR 2,0 Mio reduziert. Die bisherige Regelung in lit b zu einem strafbestimmenden Wertbetrag von mehr als EUR 250.000 wird durch den Inhalt der aktuellen lit c ersetzt: Übersteigt der strafbestimmende Wertbetrag EUR 500.000, ist eine primäre Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vorgesehen. Alternativ kann neben einer acht Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe eine Geldstrafe bis zu EUR 2,5 Mio verhängt werden (entspricht der Strafdrohung beim grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug nach § 40 Abs 2 FinStrG; siehe oben Pkt 1.).

Nach der PIF-Richtlinie müssen die Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben und der vorsätzlichen Abgabenhehlerei ab einem Schadensbetrag von EUR 10.000 mit Freiheitsstrafe sanktioniert werden können. Sofern keine Gerichtszuständigkeit besteht, sondern die Finanzstrafbehörde zur Ahndung eines Delikts zuständig ist, darf eine Freiheitsstrafe nur durch einen Spruchsenat verhängt werden. Um den Vorgaben der PIF-Richtlinie zu entsprechen wird die Betragsgrenze für die Zuständigkeit des Spruchsenates bei diesen Delikten auf EUR 10.000 gesenkt (bisher EUR 15.000). Hinsichtlich aller übrigen Delikte bleibt die bisherige Betragsgrenze von EUR 33.000 für die Zuständigkeit des Spruchsenates bestehen (§ 58 Abs 2 lit a FinStrG).

3. Finanzordnungswidrigkeit bei Verletzung des EU-Meldepflichtgesetzes

Das EU-Meldepflichtgesetz sieht für bestimmte, grenzüberschreitende Gestaltungen eine Meldepflicht und einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten vor (Umsetzung EU-Richtlinie 2018/822/EU). Die Verletzung der Meldepflicht soll als Finanzordnungswidrigkeit nach § 49c FinStrG sanktioniert werden. Die inhaltliche Ausgestaltung dieser neuen Finanzordnungswidrigkeit orientiert sich an dem bereits bestehenden § 49b FinStrG, der Verfehlungen iZm der Verpflichtung zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts (§ 8 Abs 1 des VPDG) sanktioniert:

  • Folgende Verfehlungen sind von der neuen Finanzordnungswidrigkeit erfasst:
    (a) Eine unterlassene oder unvollständige Meldung nach dem EU-MeldepflichtG,
    (b) eine verspätete Meldung,
    (c) die Meldung unrichtiger Informationen sowie
    (d) die Nichtbekanntgabe einer Befreiung von der Meldepflicht aufgrund gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten an die betroffenen Abgabepflichtigen oder sog Intermediäre.
  • Schuldform: Sowohl vorsätzliches als auch grob fahrlässiges Handeln ist von dieser Finanzordnungswidrigkeit erfasst.
  • Strafe bei Vorsatz: Geldstraße bis zu EUR 50.000
  • Strafe bei grober Fahrlässigkeit: Geldstrafe bis zu EUR 25.000
  • Selbstanzeige: Verstöße gegen die Meldepflicht können NICHT mittels Selbstanzeige saniert werden.
  • Relative Verjährungsfrist: 3 Jahre. Nach der bereits bestehenden Rechtslage kann sich die Verjährungsfrist bei nachfolgender Begehung weiterer vorsätzlicher Finanzvergehen auf bis zu 10 Jahre verlängern (§ 31 Abs 3 iVm Abs 5 iVm § 53 Abs 5 FinStrG idgF).
  • Inkrafttreten: 01.07.2020 (§ 265 Abs 3 FinStrG)

4. Sonstige Änderungen im FinStrG

  • Strafe bei gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 38 FinStrG): Der Qualifikationstatbestand des § 38 FinStrG zur gewerbsmäßigen Tatbegehung soll entfallen, weil dieser Tatbestand nach der Rsp des OGH insb bei Verbänden (zB AG, GmbH) nicht anwendbar war (zB OGH 28.062017, 13 Os13/17m). Stattdessen wird die Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, explizit als Erschwerungsgrund bei der Strafbemessung genannt (§ 23 Abs 2 FinStrG).
  • Verletzungen von Aufzeichnungspflichten nach dem Digitalsteuergesetz 2020: Auf Basis des Digitalsteuergesetzes 2020 werden im Umsatzsteuergesetz Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten für elektronische Schnittstellen eingeführt (zB Marktplätze, Plattformen etc). Die Verletzung dieser Pflichten soll als Finanzordnungswidrigkeit sanktioniert werden (§ 49d FinStrG). Die inhaltliche Ausgestaltung dieser Finanzordnungswidrigkeit orientiert sich an dem bereits bestehenden § 49b FinStrG (zum länderbezogenen Bericht nach § 8 Abs 1 des VPDG) und an dem neuen § 49c FinStrG (siehe oben Pkt 3, Inkrafttreten ebenso am 01.07.2020). Geldstrafe bei vorsätzlichen Begehung bis zu
    EUR 50.000, bei grob fahrlässiger Begehung bis zu EUR 25.000. Pflichtverletzungen iSd § 49d FinstrG können im Gegensatz zu den Pflichtverletzungen nach § 49b und § 49c FinStrG mittels Selbstanzeige saniert werden.
  • Datenschutzbeschwerde (§ 57e FinStrG): Wurde jemand durch ein Mitglied des finanzstrafbehördlichen Spruchsenates in seinem Recht auf Datenschutz verletzt, kann eine Datenschutzbeschwerde an das BFG erhoben werden.
  • Verfahren gegen Jugendliche (§§ 180 ff FinStrG): Die Sonderbestimmungen für das Verfahren gegen Jugendliche treffen Personen, die das 14. aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Anpassungen dienen der Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/800/EU.
  • Ermittlungskompetenz in Betrugsfällen, die NICHT nach dem FinStrG, sondern nach dem StGB geahndet werden (§ 196 Abs 2a FinStrG): Die Staatsanwaltschaft kann die Kompetenzen der Finanzstrafbehörden auch bei denjenigen Delikten in Anspruch nehmen, die keine Finanzvergehen iSd FinStrG darstellen.

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