Tax News: Einschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe ab 2011 doch unionsrechtskonform?

Energieabgabenvergütung

Folgt der EuGH den Ausführungen des Generalanwalts in den Schlussanträgen zur Rs „Dilly’s Wellnesshotel II“ (C-585/17) vom 14.02.2019, so dürfte die vom nationalen Gesetzgeber mit dem BBG 2011 vorgenommene Einschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe unionsrechtskonform zustande gekommen sein und folglich entgegen der jüngsten Rechtsprechung des BFG geklärt sein, dass für Dienstleistungsbetriebe in Zeiträumen ab 2011 keine ENAV zusteht. Die finale Entscheidung des EuGH bleibt jedoch abzuwarten.

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Für den Inhalt verantwortlich

Sandra Minichmayr

Senior Managerin, Tax

KPMG Austria

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Zur Vorgeschichte

Die Energieabgabenvergütung (ENAV) beschäftigt Rechtsprechung und Praxis schon seit längerem (siehe etwa Tax News 11/2017). Umstritten ist, ob die durch das BBG 2011 in § 2 Abs 1 EAVG eingefügte Beschränkung des ENAV-Anspruches auf Produktionsbetriebe unionsrechtskonform zustande gekommen ist, da § 4 Abs 7 EAVG die Geltung von § 2 EAVG idF BBG 2011 von der Genehmigung der Europäischen Kommission abhängig macht.

Nach Ansicht des BFG (03.08.2016, RV/5100360/2013) stellt die Einschränkung der ENAV auf Produktionsbetriebe eine von der Kommission genehmigungspflichtige Beihilfe iSd Art 107 AEUV dar. Beihilfen sind grundsätzlich bei der Kommission anzumelden bzw genehmigen zu lassen. Für gewisse Gruppen von Beihilfen normiert die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) jedoch Ausnahmen von der Anmeldepflicht. Seit 01.07.2014 ist dabei die AGVO 651/2014 anstelle der AGVO 800/2008 in Kraft.

In seinem Urteil „Dilly’s Wellnesshotel“ vom 21.07.2016 (C-493/14) entschied der EuGH, dass gem AGVO 800/2008 hinsichtlich der Einschränkung der ENAV auf Produktionsbetriebe keine Befreiung von der in Art 108 Abs 3 AEUV geregelten Anmeldepflicht einer Beihilfe zur Anwendung gelangt, da die österreichische Regelung keinen ausdrücklichen Verweis auf die AGVO 800/2008 enthält.

Das BFG Linz (03.08.2016, RV/5100360/2013) entschied daraufhin, dass folglich auch für Dienstleistungsbetriebe für den Zeitraum ab 01.02.2011 bis (wohl) 31.12.2014 eine ENAV zusteht. Gegen die Entscheidung des BFG wurde Amtsrevision eingelegt, die der VwGH mit seinem Beschluss Ro 2016/15/0041 vom 14.09.2017 dem EuGH vorgelegt hat.

Der VwGH fragt dabei

  • o ob die Einschränkung des Begünstigtenkreises einer genehmigten Beihilferegelung in einem Fall wie bei der ENAV (von Produktions- und Dienstleistungsbetrieben nur auf Produktionsbetriebe) eine (grundsätzlich) anmeldepflichtige Umgestaltung einer Beihilferegelung darstellt (Frage 1)
  • ob das beihilfenrechtliche Durchführungsverbot des Art 108 Abs 3 AEUV durch einen Formfehler bei der Anwendung der AGVO 800/2008 zur Unanwendbarkeit einer Beihilfeneinschränkung führen kann, sodass im Ergebnis eine Zahlungsverpflichtung an bestimmte Beihilfeempfänger ("Durchführungsgebot") entsteht (Frage 2), sowie
  • ob die Einschränkung der ENAV auf Produktionsbetriebe aufgrund einer rückwirkenden Anwendbarkeit der AGVO 651/2014 auch für den Zeitraum ab 2011 gedeckt ist (Fragen 3a und 3b).

In der anhängigen Rs (C-585/17) sind nunmehr am 14.02.2019 die Schlussanträge ergangen.

Argumentation des Generalanwalts

Der Generalanwalt beschränkt sich in seinen Schlussanträgen (wie vom Gerichtshof erbeten) auf die Prüfung der vorgelegten Fragen 3a und 3b. Er kommt dabei zum Schluss, dass nach Art 58 Abs 1 der AGVO 651/2014 auch vor dem 01.07.2014 gewährte Beihilfen in Form von Umweltsteuerermäßigungen von der AGVO 651/2014 erfasst seien, sofern die in Art 44 der AGVO 651/2014 festgelegten Voraussetzungen erfüllt werden. Art 44 - dieser regelt Beihilfen in Form von Umweltsteuerermäßigungen - und insbesondere sein Abs 3 sei dabei so auszulegen, dass er eine Beihilfe wie die ENAV mitumfasst. Folglich ist eine rückwirkende Freistellung der strittigen ENAV-Reform von der Anmeldepflicht gerechtfertigt.

Verhältnis zur Entscheidung des BFG vom 30.01.2019

Das BFG Salzburg kommt in seiner Entscheidung vom 30.01.2019 (RV/6100612/2017) zum Schluss, dass die von der Genehmigung der Kommission abhängig gemachte Einschränkung der ENAV in § 4 Abs 7 EAVG mangels Genehmigung nie in Kraft trat. Eine Genehmigung konnte nach Ansicht des BFG auch gar nicht erteilt werden, da keine Anmeldung der als Beihilfe zu wertenden Änderung des EAVG an die Kommission erfolgt ist. Folglich bleibt nach Ansicht des BFG die Rechtslage vor BBG 2011 bestehen und haben sowohl Produktions- als auch Dienstleistungsbetriebe Anspruch auf die ENAV.

Gegen das Erkenntnis des BFG wurde Amtsrevision eingebracht.
Sollte der EuGH dem Schlussantrag des Generalanwalts folgen, so wird die Rechtsprechungslinie des BFG wohl nicht aufrechtzuerhalten sein.

Fazit

Die tatsächliche Entscheidung des EuGH in der Causa bleibt abzuwarten, folgt der EuGH jedoch den Ausführungen des dänischen Generalanwalts in seinen Schlussanträgen, so dürfte die vom nationalen Gesetzgeber mit dem BBG 2011 vorgenommene Einschränkung der ENAV auf Produktionsbetriebe unionsrechtkonform zustande gekommen sein. Der Generalanwalt argumentiert diesbezüglich mit der rückwirkenden Anwendbarkeit der AGVO 651/2014 und der daraus resultierenden Befreiung von der beihilfenrechtlichen Anmeldeverpflichtung. Folglich könnte – entgegen der Rechtsprechung des BFG – für Zeiträume ab 01.02.2011 endgültig geklärt werden, dass für Dienstleistungsbetriebe keine Energieabgabenvergütung in Betracht kommt.

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