Tax News: Auswirkungen eines Hard Brexit auf Sozialversicherung und Aufenthaltsrecht in Österreich

BREXIT

In unserem Tax News Beitrag vom Jänner 2019 sind wir auf mögliche Brexit-Szenarien eingegangen und haben auf die Folgen eines Hard Brexit in verschiedenen Bereichen hingewiesen. Auch wenn derzeit eine Verschiebung des Austrittsdatums immer wahrscheinlicher wird, ist ein Hard Brexit weiter nicht auszuschließen. In diesem Beitrag möchten wir Sie insbesondere über die aktuellen Entwicklungen und Pläne in Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht und Arbeitsmarktzugang sowie der Sozialversicherung informieren.

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Brexit-Begleitgesetz

Unter dem Titel "Brexit-Begleitgesetz" (BreBeG 2019) wurde zwischenzeitlich vom Nationalrat ein Gesetz beschlossen (491 d.B.), mit welchem notwendige Vorkehrungen für den Fall getroffen werden, dass das Vereinigte Königreich ohne Austrittsabkommen die EU verlässt (siehe auch Tax Flash 01/2019). Das Sammelgesetz enthält Regelungen in folgenden Bereichen:

  • Öffentlicher Dienst - Vermeidung der Auflösung von Dienstverhältnissen bzw. Vertragsauflösung für StaatsbürgerInnen des Vereinigten Königreichs und Nordirlands (UK-BürgerInnen) in bestimmten Bereichen
  • Arbeit - Wahrung des unbeschränkten Arbeitsmarktzuganges für UK-BürgerInnen und deren Kernfamilie, die zum Austrittszeitpunkt in Österreich beschäftigt sind oder waren (siehe unten)
  • Bildung - Verhinderung negativer Auswirkungen des Austritts auf Studierende, die eine österreichische Studienförderung beziehen
  • Finanzen - Einräumung der Möglichkeit zur vermögenswahrenden Abschichtung von Anteilen an Kapitalanlagefonds, die ihre Eigenschaft als „OGAW“ iSd RL 2009/65/EG verlieren und AIF iSd RL 2011/61/EU werden, für Betriebliche Vorsorgekassen während eines Übergangszeitraumes, um die Einhaltung der Veranlagungsgrenzen zu gewährleisten
  • Inneres und Integration - Regelungen iZm der Gewährung von Aufenthaltstiteln im Inland (siehe unten) sowie VO-Ermächtigung zur Schaffung von Ausnahmen von der Pflicht zur Erfüllung der Integrationsvereinbarung
  • Justiz - Regelung für UK-Bürger betreffend die Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich; unveränderte kollisionsrechtliche Behandlung von Gesellschaften mit Sitz in den UK und Verwaltungssitz in Österreich während einer Übergangsfrist.
  • Landwirtschaft - VO-Ermächtigung zur Vermeidung von Schwierigkeiten betreffend Marktordnungswaren

Wirksam werden die einzelnen Bestimmungen (nur) dann, wenn der Austritt ohne Abkommen über den Brexit erfolgt.

 

Regelung des Aufenthaltsrechts

Britische StaatsbürgerInnen in Österreich

Durch Sonderregelungen soll der legale Aufenthalt und die Beschäftigung von StaatsbürgerInnen des Vereinigten Königreiches und Nordirlands und ihren drittsstaatszugehörigen Angehörigen in Österreich im Falle eines Hard Brexit gewährleistet werden. Insbesondere die folgenden Sonderregelungen sollen im Rahmen des Brexit-Begleitgesetzes beschlossen werden:

  • Aufenthalt seit mehr als 5 Jahren in Österreich
    Britische StaatsbürgerInnen und deren Familienangehörige, die sich seit mehr als 5 Jahren rechtmäßig in Österreich aufhalten und die Voraussetzungen nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erfüllen, sollen sich für einen unbefristeten Aufenthaltstitel (Daueraufenthalt-EU) qualifizieren.
  • Aufenthalt weniger als 5 Jahre in Österreich
    Für BritInnen und deren drittstaatszugehörige Familienangehörige, die kürzer als 5 Jahre in Österreich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigt waren, ist geplant, einen deutlich vereinfachten Zugang zur „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zu gewähren (zB Wegfall des Nachweises von Deutschkenntnissen), um freien Arbeitsmarktzugang zu ermöglichen.

Der Antrag auf einen Aufenthaltstitel in Österreich ist binnen sechs Monaten ab Austritt Großbritanniens zu beantragen. Im Falle eines Hard Brexit ist eine 6-monatige Übergangsfrist geplant, in der der weitere Aufenthalt in Österreich rechtmäßig sein wird, sofern ein Aufenthaltstitel beantragt wurde. Ebenso ist geplant, dass innerhalb dieser Periode der Zugang zum Arbeitsmarkt für britische StaatsbürgerInnen, die schon in Österreich beschäftigt waren und einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt haben, weiterhin gewährleistet ist.

EU-BürgerInnen in Großbritannien

UnionsbürgerInnen, welche bereits seit fünf Jahren legal und durchgehend in Großbritannien leben, sollen einen Daueraufenthaltstitel erlangen können, sofern eine Beantragung bis 31. Dezember 2020 erfolgt.

UnionsbürgerInnen sollen mit einem gültigen Reisepass oder Personalausweis bis 31. Dezember 2020 weiterhin noch visafrei nach Großbritannien einreisen können (max 3 Monate Aufenthalt).

Pläne zur Vermeidung sozialversicherungsrechtlicher Auswirkungen

Im Falle eines Hard Brexit wird die derzeitige Verordnung 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nicht mehr anwendbar sein. Auch hier gibt es bereits Überlegungen seitens der österreichischen Regierung sowie der Europäischen Union, um die Auswirkungen eines Hard Brexit auf die soziale Sicherheit bei bilateralen Versicherungsfällen abzufedern.

Für das Sozialministerium wäre eine nationale, aber auch eine unionsweite Regelung für die zeitlich beschränkte Weitergeltung der VO 883/2004 denkbar. Dennoch ist auch bei einer möglichen Weitergeltung der VO 883/2004 nicht ausgeschlossen, dass es zu einer Lücke zwischen dem Austrittsdatum und dem Inkrafttreten der zeitlich limitierten Weitergeltung kommt.

Es bleibt die weitere rechtliche und politische Entwicklung abzuwarten. KPMG Österreich wird Sie jedenfalls über das weitere Geschehen am Laufenden halten.

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