Wird eine Selbstanzeige nach Bekanntgabe einer abgabenbehördlichen Prüfung erstattet, ist zusätzlich zur Abgabennachzahlung ein „last-minute“-Zuschlag von bis zu 30 % zu entrichten, um Straffreiheit zu erlangen. Diese Regelung wurde mit der FinStrG-Novelle 2014 eingeführt und ist auf Selbstanzeigen anwendbar, die ab 01.10.2014 erstattet werden. Der „last-minute“-Zuschlag ist auch dann vorzuschreiben, wenn das selbst angezeigte Finanzvergehen vor dem 01.10.2014 begangen wurde. Der VfGH erachtet sowohl diese Inkrafttretensbestimmung als auch die übrige gesetzliche Ausgestaltung des „last-minute“-Zuschlages als verfassungskonform. Darüber hinaus äußerst der VfGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken zur Rechtsansicht des BFG, wonach der „last-minute“- Zuschlag nicht nur für die konkret bekanntgegebenen zu prüfenden Abgabenarten und Zeiträume vorzuschreiben ist, sondern für alle „entdeckungsgefährdeten“ und durch die Selbstanzeige offengelegten Abgaben und Zeiträume.
1. Ausgangslage
Der Verfahrenslauf stellte sich wie folgt dar:
2. Einführung „last-minute-Zuschlag“
Wird eine Selbstanzeige nach der Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen erstattet, tritt Straffreiheit nur insoweit ein, als eine Abgabenerhöhung von bis zu 30% der Steuernachzahlung rechtzeitig entrichtet wird. Der „last-minute“-Zuschlag wurde mit der Übergangsbestimmung des § 265 Abs 1w FinStrG eingeführt. Nach dieser am 11. August 2014 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Bestimmung
Im Umkehrschluss ist der Zuschlag daher NICHT auf Selbstanzeigen anwendbar, die bereits vor Inkrafttreten des § 29 Abs 6 FinStrG am 01.10.2014 erstattet wurden.
3. VfGH 10.10.2018, E 2751/2018-12
Der VwGH teilte die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers nicht und traf folgende essentielle Aussagen:
Trotz mangelnder expliziter Behandlung durch den VfGH dürften auch die weiteren im zugrundeliegenden BFG-Erkenntnis getroffenen Aussagen verfassungsrechtlich unbedenklich sein (BFG 24.05.2018, RV/7102977/2017):
4. Conclusio
Gegen den „last-minute“-Zuschlag bestehen in seiner aktuellen Fassung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Zuschlag kommt für sämtliche ab 01.10.2014 erstatteten Selbstanzeigen zur Anwendung, auch wenn das Finanzvergehen VOR dem 01.10.2014 und somit noch zu Zeiten günstigere Selbstanzeigeregelungen gesetzt wurde. Entscheidend ist lediglich der Zeitpunkt der Erstattung der Selbstanzeige.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht kann sich der „last-minute“-Zuschlag nicht nur auf jene Abgabenarten und Zeiträume erstrecken, deren Prüfung bereits bekannt gegeben wurde, sondern auf sämtliche Abgabenarten und Zeiträume, die aufgrund der Bekanntgabe der bevorstehenden Prüfungshandlung „entdeckungsgefährdet“ sind. Ob diese Rechtsansicht des BFG der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des § 29 Abs 6 FinStrG tatsächlich entspricht, ist aufgrund der Abtretung der Beschwerde an den VwGH von diesem im Revisionsverfahren zu klären (Verletzung in einem sonstigen Recht).